„Notdienstretter“

Notdienstaushang: Darf man die nächstgelegene Apotheke weglassen?

Stuttgart - 16.11.2021, 07:00 Uhr

Einen Aushang, welche Apotheken in der Nähe dienstbereit sind, schreibt die Apothekenbetriebsordnung vor. (Foto: s /IMAGO / Steinach)

Einen Aushang, welche Apotheken in der Nähe dienstbereit sind, schreibt die Apothekenbetriebsordnung vor. (Foto: s /IMAGO / Steinach)


An jeder Apotheke in Deutschland befindet sich ein Aushang, welche Apotheken in der Nähe dienstbereit sind. Das schreibt die Apothekenbetriebsordnung so vor. Doch wie viele Apotheken muss man eigentlich angeben? Und ist es erlaubt, auf die objektiv am nächsten gelegene Apotheke auf dem Hinweisschild nicht hinzuweisen? Unter anderem mit diesen Fragen beschäftigen sich die Autoren des Buchs „Notdienstretter“ in dem Kapitel „Hinweis- und Aushangpflicht“.

Obwohl heutzutage vermutlich die große Mehrheit der Menschen in der Lage ist, die nächstgelegene dienstbereite Apotheke im Internet zu finden, schreibt die Apothekenbetriebsordnung in § 23 Abs. 5 ApBetrO nach wie vor vor, dass an nicht dienstbereiten Apotheken für Patient:innen oder andere Kund:innen an deutlich sichtbarer Stelle ein gut lesbarer Hinweis auf die nächstgelegenen dienstbereiten Apotheken anzubringen ist. Umgesetzt wird das sehr variantenreich: von ausgedruckten Zetteln über Schilder aus Metall oder Kunststoff, die gesteckt werden, bis hin zu digitalen Anzeigen ist alles dabei. Der Hinweis muss übrigens nur da sein, wenn die Apotheke nicht dienstbereit ist. Diese Einschränkung dürfte aber nur bei digitalen Anzeigen von praktischer Relevanz sein.

Grundsätzlich gilt bei dem Hinweis auf dienstbereite Apotheken Folgendes:

  • Der Aushang ist so anzubringen, dass er gut wahrgenommen werden kann und lesbar ist. Es empfiehlt sich, den Plan nahe der Notdienstklingel oder an gut sichtbarer Stelle im Schaufenster anzubringen.
  • Damit der Aushang jederzeit gut lesbar ist, sollte er bei Dunkelheit beleuchtet sein.
  • Die Schriftgröße ist so zu wählen, dass potenzielle Kunden die Aushänge gut wahrnehmen können. Eine Anbringung eines gut lesbaren Ausdrucks, der mit einem von der jeweiligen Apothekerkammer zur Verfügung gestellten Tool erbracht worden ist, reicht dabei aus.
  • In dem Ausdruck müssen Name und Anschrift der dienstbereiten Apotheke angegeben werden. Die
  • Angabe einer Telefonnummer ist hilfreich, da so mittels Mobiltelefons schon abgeklärt werden kann, ob das benötigte Arzneimittel in der dienstbereiten Apotheke vorhanden ist.

Quelle: Notdienstretter

Wie viele Apotheken muss man mindestens nennen?

Angeben werden müssen „die nächstgelegenen dienstbereiten Apotheken“. Aus  der  Formulierung  im  Plural  „nächstgelegenen“  ergibt  sich,  dass  man nicht nur eine, sondern auf mindestens zwei nächstgelegene Apotheken hinzuweisen muss  (OLG  Bamberg, Urteil vom  24. Oktober 2012, Az. 3 U 148/12). Seitens einer Behörde vorzuschreiben, dass eine bestimmte Anzahl an Apotheken genannt werden muss, ist aber nicht zulässig (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 2. September 1977,  Az. II OE 93/76). Ebenfalls nicht erlaubt ist es, die objektiv am nächsten gelegene Apotheke auf  dem Hinweisschild nicht zu erwähnen (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 12. Oktober 2011, Az. 3 U 140/11). Notdienstbezirke sind nicht ausschlaggebend, ob auf eine Apotheke hingewiesen werden muss oder nicht: Die Hinweispflicht kann sich auch auf eine Apotheke aus einem anderen Gebiet beziehen. Entscheidend ist allein die Frage, ob die jeweilige dienstbereite Apotheke zu der Apotheke,  die den  Aushang macht, nächstgelegen ist.

Auch noch wichtig: Bei dem Aushang müssen Apotheken genannt sein, die sicher dienstbereit sind, sprich Notdienst haben. Apotheken, die aufgrund verlängerter Öffnungszeiten freiwillig nachts oder am Wochenende geöffnet sind, sind von der Pflicht nicht erfasst – auch nicht, wenn sie objektiv näher sind als die nächste „echte“ dienstbereite Apotheke. Die „Notdienstretter“-Autoren erklären das auch: Die freiwillig offen gehaltene Apotheke könne jederzeit wieder schließen, es bestehe für den Kunden keine Sicherheit, dass er nachts um 3 Uhr dort tatsächlich einen Apotheker antrifft. Es ist deshalb in ihren Augen sachgerecht, die Aushangpflicht nur auf die Apotheken zu beziehen, die sicher dienstbereit sind – und zwar auch, wenn gegebenenfalls  eine andere, nächstgelegenere Apotheke zur relevanten Zeit offen gewesen wäre.

Dieses und viele andere im Kern apothekenrechtliche Themen werden von Dr. Timo Kieser, Oppenländer Rechts­anwälte Stuttgart, ausführlich im kürzlich erschienenen Handbuch Notdienst-Retter behandelt.

Außerdem finden sich unter anderem Beiträge zu arbeitsrechtlichen Fragen, zur Kommunikation und zur Beratung im Buch. 

Ausgewählte Aspekte daraus behandeln wir regelmäßig auf DAZ.online unter „Notdienstretter“. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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