Antikörper gegen SARS-CoV-2

EMA-Zulassungsempfehlung für Casirivimab/Imdevimab und Regdanvimab

Stuttgart - 12.11.2021, 13:15 Uhr

Die SARS-CoV-2-Antikörper Casirivimab/Imdevimab sollen zur Behandlung und zur Prävention von COVID-19 ab zwölf Jahren eingesetzt werden, Regkirona ausschließlich zur COVID-19-Behandlung bei Erwachsenen. (x / Bild: Juan Gärtner / AdobeStock)

Die SARS-CoV-2-Antikörper Casirivimab/Imdevimab sollen zur Behandlung und zur Prävention von COVID-19 ab zwölf Jahren eingesetzt werden, Regkirona ausschließlich zur COVID-19-Behandlung bei Erwachsenen. (x / Bild: Juan Gärtner / AdobeStock)


Gleich zwei SARS-CoV-2-Antikörperpräparate hat das CHMP der EMA zur Zulassung empfohlen – es geht um Casirivimab/Imdevimab in Ronapreve von Roche und Regdanvimab in Regkirona von Celltrion. Ronapreve darf sowohl zur Behandlung als auch zur Prävention von COVID-19 ab zwölf Jahren eingesetzt werden, Regkirona ausschließlich zur COVID-19-Behandlung bei Erwachsenen. Die EU-Kommission ließ die Antikörper am 12. November zu.

Der Humanarzneimittelausschuss (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat am 11. November die Zulassung von zwei Antikörperpräparaten gegen SARS-CoV-2 empfohlen – die EU-Kommission ließ sie am 12. November zu. Es sind die ersten speziell gegen COVID-19-entwickelten Arzneimittel, die die EMA seit Remdesivir in Veklury® zur Zulassung empfiehlt. Es geht um das Antikörperduo Casirivimab/Imdevimab (Ronapreve®) von Roche und das Antikörper-Monopräparat Regdanvimab (Regkirona®), das von Celltrion entwickelt wurde. Wie und wann sollen sie angewendet werden – zur Prävention oder zur Behandlung von COVID-19? Hier unterscheiden sich Casirivimab/Imdevimab und Regdanvimab durchaus.

Casirivimab/Imdevimab zur Behandlung und Prävention

Das Antikörper-Duo Casirivimab/Imdevimab soll künftig zur Behandlung und Prävention von COVID-19 bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren (Mindestgewicht 40 kg) angewendet werden. Dabei erhalten COVID-19-Erkrankte einmalig 600 mg Casirivimab und 600 mg Imdevimab als Infusion oder subcutane Injektion. In der Prävention von COVID-19 darf Ronapreve sowohl zur Postexpositions- als auch Präexpositionsprophylaxe eingesetzt werden. In der Postexpositionsprophylaxe sollten die Exponierten so bald wie möglich nach Kontakt mit einem an SARS-CoV-2-Infizierten – wie auch zur Behandlung – 600 mg Casirivimab und 600 mg Imdevimab als einmalige Infusion oder subkutane Injektion erhalten, um einer COVID-19-Erkrankung vorzubeugen. Zur Präexpositionsprophylaxe werden hingegen mehrere Dosen appliziert: Die Anfangsdosis liegt bei 600 mg Casirivimab und 600 mg Imdevimab als einmalige intravenöse Infusion oder subkutane Injektion, nachfolgende Gaben erfolgen mit je 300 mg Casirivimab und 300 mg Imdevimab und können alle vier Wochen verabreicht werden, bis keine Prophylaxe mehr erforderlich ist. Daten über sechs Dosen (24 Wochen) liegen derzeit nicht vor. Eine Packung Ronapreve enthält zwei Vials mit je 300 mg Casirivimab und Imdevimab.

SARS-CoV-2-Antikörper

Antikörper gegen SARS-CoV-2 sollen das Virus abfangen und neutralisieren. Sie werden parenteral verabreicht und binden an SARS-CoV-2, inaktivieren das Virus und verhindern so, dass SARS-CoV-2 menschliche Zellen infizieren, sich vermehren und ausbreiten kann. Zielstruktur ist das Spikeprotein von SARS-CoV-2: Durch Bindung an das Spikeprotein blockiert der Antikörper die Interaktion des Virus mit dem Angiotensin-konvertierenden Enzym 2 [ACE2] und damit das Eindringen des Virus in die menschliche Zelle.

Vorbild für die therapeutischen Antikörper gegen Corona sind meistens „Original“-Antikörper aus dem Blut von bereits mit SARS-CoV-2 infiziert gewesenen Patienten, die mittlerweile genesen sind. Die Idee ist durchaus klug, haben diese Antikörper wohl dazu beigetragen, dass der COVID-19-Patient wieder gesund wurde. Der Körper bildet bei einer SARS-CoV-2- Infektion allerdings nicht nur eine einzige Sorte von Antikörpern. Die Frage ist also: Welcher von diesen entnommenen Antikörpern ist der beste? Um das herauszufinden, prüfen Wissenschaftler im Labor zunächst, welche der entnommenen Antikörper besonders effektiv gegen SARS-CoV-2 wirken. Diese Antikörper werden sodann weiterentwickelt und optimiert, beispielsweise auch dahingehend, dass sie eine längere Halbwertszeit und Wirkdauer haben.

Ihre Zulassungsempfehlung zu Ronapreve stützt die EMA auf Daten einer wesentlichen Studie mit COVID-19-Patienten, die keinen Sauerstoff benötigten und bei denen ein erhöhtes Risiko für eine schwere Erkrankung bestand. Hier führte die Gabe von Casirivimab und Imdevimab verglichen mit Placebo zu weniger Krankenhausaufenthalten oder Todesfällen: Insgesamt mussten unter Casirivimab/Imdevimab 0,9 Prozent (11 von 1.192 Patienten) innerhalb von 29 Tagen nach Behandlung ins Krankenhaus oder starben, in der Placebogruppe waren es 3,4 Prozent (40 von 1.193 Patienten).

Auch in der Prävention bewies sich Ronapreve, und zwar bei Personen, die engen Kontakt zu einem infizierten Haushaltsmitglied ohne COVID-19-Symptome hatten: 29 Prozent (29 von 100) der positiv getesteten Patienten entwickelten unter Casirivimab/Imdevimab innerhalb von 14 Tagen nach ihrem positiven Testergebnis Symptome, in der Placebogruppe waren es 42,3 Prozent (44 von 104 Personen).

Die Antikörper wurden bereits im Frühjahr zentral beschafft, sie können nicht über Roche oder den Großhandel bezogen werden, sondern ausschließlich über sogenannte Stern- bzw. Satelliten-Apotheken. Eine Liste mit den bevorratenden Apotheken stellt das RKI bereit.

Regdanvimab zur Behandlung von COVID-19

Daneben sprach die EMA auch ein positives Votum für Regdanvimab in Regkirona aus: Der Antikörper von Celltrion soll künftig zur Behandlung von erwachsenen COVID-19-Patienten angewendet werden, die keinen Sauerstoff benötigen und ein hohes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben. Regdanvimab wird nach Körpergewicht dosiert: 40 mg pro kg Körpergewicht, die Gabe erfolgt als intravenöse Infusion, und zwar innerhalb von sieben Tagen nach Symptombeginn.

Die Zulassungsempfehlung basiert auf einer placebokontrollierten Studie, in der mit Regdanvimab behandelte COVID-19-Patienten innerhalb von 28 Tagen nach Behandlung signifikant seltener ins Krankenhaus eingeliefert wurden, Sauerstoff benötigten oder starben als mit Placebo: 3,1 Prozent (14 von 446) vs. 11,1 Prozent (48 von 434).

Für beide Präparate – Casirivimab/Imdevimab und Regdanvimab – kommt die EMA zu dem Schluss, dass der Nutzen einer Therapie die Risiken einer Behandlung überwiegen. Zu den Nebenwirkungen zählen laut EMA eine geringe Zahl an infusionsbedingten Reaktionen.

EMA- und WHO-Empfehlungen zum Antikörpereinsatz

Schon vor Marktzulassung hatte die EMA zu Casirivimab/Imdevimab und Regdanvimab Empfehlungen zur Anwendung ausgesprochen. Damit wollte die EMA allen EU-Staaten eine wissenschaftliche und einheitliche Grundlage für die mögliche Verwendung der Antikörper auch vor Marktzulassung geben, um die Länder in der Anwendung zu unterstützen. Die EMA-Empfehlungen Casirivimab und Imdevimab sowie Regdanvimab konnten nach wissenschaftlicher Einschätzung des CHMP bei Patienten mit bestätigtem COVID-19, die keinen Sauerstoff benötigen, aber ein hohes Risiko für schweres COVID-19 haben, auch ohne Zulassung angewendet werden.

Auch die Weltgesundheitsorganisation hatte sich bereits am 24. September zu Casirivimab/Imdevimab geäußert. Ein Gremium der WHO, das für die Entwicklung von Leitlinien zuständig ist, sprach sich damals für die Antikörperbehandlung von SARS-CoV-2-infizierte Patienten mit hohem Risiko für eine Krankenhauseinweisung aus und damit erstmals für eine präventive Arzneimitteltherapie, um schwerem COVID-19 vorzubeugen. Die WHO sah für Casirivimab/Imdevimab auch einen Platz in der Behandlung von schwer bis kritisch an COVID-19 Erkrankten.

Rolling Review auch für Tixagevimab/Cilgavimab und Sotrovimab

Die EMA prüft noch weitere SARS-CoV-2-Antikörperpräparate: Tixagevimab/Cilgavimab (Evusheld®) von AstraZeneca sollen zur Prävention von COVID-19 angewendet werden, sie sollen bis zu zwölf Monate vor COVID-19 schützen. Sotrovimab von GlaxoSmithKline und Vir Biotechnology solll zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit COVID-19 eingesetzt werden, für beide Präparate laufen Rolling-Review-Verfahren. Hingegen beendete die EMA auf Antrag von Lilly die laufende Überprüfung von Bamlanivimab/Etesevimab Anfang November.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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