Interview mit Apotheker Ralf König (hih)

„Wir haben Eindruck im Ministerium hinterlassen“

Berlin - 25.10.2021, 17:50 Uhr

Als Director Pharmacy berät Apotheker Ralf König aus Nürnberg mit dem Health Innovation Hub (hih) den noch amtierenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Digitalisierung des Gesundheitswesens. (c / Foto: Jan Pauls)

Als Director Pharmacy berät Apotheker Ralf König aus Nürnberg mit dem Health Innovation Hub (hih) den noch amtierenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Digitalisierung des Gesundheitswesens. (c / Foto: Jan Pauls)


TI 2.0: Zeitpunkt für Beschluss „nicht ideal“

Erst kürzlich haben die Gesellschafter der Gematik einen Beschluss gefasst, wonach die Telematikinfrastruktur ein Update erfahren soll. In der sogenannten TI 2.0 soll es zum Beispiel keine Konnektoren mehr in Praxen und Apotheken geben und auch die Karten, SMC-B und HBA, spielen dann kaum noch eine Rolle. Ist der Zeitpunkt für solch einen Beschluss nicht ungünstig gewählt? Immerhin müssen sich die Heilberufler jetzt erstmal mit der Hardware anfreunden, und das fällt vielen nicht leicht … 

Der Zeitpunkt für diesen Beschluss ist sicher nicht ideal, aber durch die auslaufende Legislaturperiode zeitlich notwendig gewesen. Er ist grundsätzlich richtig und notwendig, denn das Konnektoren-System kostet viel Geld. Wenn in der nächsten Ausbaustufe nicht nur Praxen, Krankenhäuser und Apotheken, sondern weit mehr Gesundheitseinrichtungen angebunden werden sollen, wird das richtig teuer. Wir brauchen diesen Umbau also dringend. Und Datensicherheit lässt sich auch auf anderem Wege herstellen als über Karten und Konnektoren. Um das neue System aufzubauen, braucht es jedoch Zeit – deswegen war der Beschluss in dieser Phase sicherlich kommunikativ schwierig, aber leider notwendig. 

Hand aufs Herz: Kommt das E-Rezept zum 1. Januar?

Es kommt ganz sicher, die Frage ist nur, welchen Anteil an der Gesamtzahl der Verordnungen es ausmachen wird. Denn per Gesetz ist die Einführung zum 1. Januar 2022 Pflicht, allerdings nur, sofern die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Das ist damals sehr geschickt formuliert worden. Vermutlich hat man damit zwar eher auf einen möglichen Systemausfall abgezielt, nun passt es aber auch bei der Einführungsphase. Ich sehe es grundsätzlich auch gar nicht kritisch, dass es zum Jahreswechsel nicht die ganz große Umwälzung geben wird: Wenn im Januar der E-Rezept-Anteil 10 Prozent beträgt und im Juli 90 Prozent, dann haben wir schon viel erreicht. Worum wir uns allerdings wirklich dringend kümmern müssen, sind mögliche Ausfallszenarien. Was passiert, wenn meine SMC-B-Karte, mein Konnektor oder das Internet nicht funktioniert? Das abzusichern wird ein ganz wichtiger Punkt sein. 

Der Health Innovation Hub löst sich planmäßig zum Ende des Jahres auf. Wie viel Input konnten Sie tatsächlich einbringen? 

Als ich damals nach Berlin gekommen bin, war meine schlimmste Vorstellung, das BMG könnte so funktionieren wie das Nürnberger Bauamt: Niemand ist erreichbar, niemand ist zuständig und gefühlt geht nichts voran. Zum Glück sind meine Erfahrungen mit dem Ministerium völlig anders. Da gibt es wirklich dynamische Abteilungen mit vielen Menschen, die mit hohem persönlichem Einsatz für die gemeinsame Sache arbeiten. Das hat mich begeistert. Auch die Zusammenarbeit mit der Gematik hat sehr gut geklappt. Gerade die Rolle als Brückenbauer zwischen dem Ministerium und vielen Stakeholdern im Gesundheitswesen war eine sehr wichtige Aufgabe. Natürlich wurde nicht alles umgesetzt, was wir angeregt haben. Aber wir konnten viel Input einbringen und sind stets auf offene Ohren gestoßen.  

Gibt es eine Chance auf Verlängerung? 

Meine Kollegen und ich werden sicher zum Jahresende ausscheiden. Ob der neue Minister oder die neue Ministerin das Format in ähnlicher Form weiterführen wird, bleibt abzuwarten. Es war ja sehr mutig von Spahn, den Hub zu gründen. Am Anfang wurde der Hub kritisiert als zu wirtschaftsnah. Zudem sind wir kein Ministeriumsorgan, keine untergeordnete Abteilung und auch nicht weisungsgebunden. Natürlich haben wir die Gesetzgebung im Haus verfolgt, aber wir waren frei darin, wo und wie wir uns einbringen konnten und wollten. Doch nach allem, was wir auch von hochrangigen Politikern gehört haben, ist das Konzept sehr gut angekommen und möglicherweise ein Vorbild auch für andere Ministerien. 

Herr König, vielen Dank für das Gespräch. 



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Der Lotse geht von Bord

von Andreas Grünebaum am 01.11.2021 um 19:17 Uhr

Hoffentlich kommt der Lotse noch vor den Klippen wieder zurück!
Viel Erfolg, Herr König und danke für die vielen Infos und Anregungen1

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Input

von Thomas Eper am 26.10.2021 um 11:26 Uhr

Gab es auch Input bzgl. Maßnahmen gegen das Apothekensterben?
Es schließt immer noch jeden Tag eine Apotheke!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Lotse

von Holger am 15.11.2021 um 11:20 Uhr

Der Bundesgesundheitsminister als Schutzheiliger der Selbständigen? Ihre Erwartungshaltung scheint mir etwas schräg. Das Risiko des wirtschaftlichen Scheiterns gehört zu JEDEM selbständigen Beruf, warum sollte das ausgerechnet bei Apothekers anders sein??

HIH

von Roland Mückschel am 25.10.2021 um 18:10 Uhr

HIHI

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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