Offizin, Backoffice, Herstellung, Heimversorgung, Versand

Benötigen Apotheken mehr als eine SMC-B-Karte?

Stuttgart - 04.10.2021, 07:00 Uhr

Die SMC-B-Karten werden bei der Installation der TI-Technik in eines der Kartenterminals gesteckt  (c / Foto: Schelbert)

Die SMC-B-Karten werden bei der Installation der TI-Technik in eines der Kartenterminals gesteckt  (c / Foto: Schelbert)


Pro Apothekenbetriebserlaubnis gibt es eine SMC-B-Karte. Höchstens im Falle eines technischen Defekts haben Inhaberinnen und Inhaber Anspruch auf die Erstattung einer weiteren SMC-B-Karte. Doch manche Apotheken, die neben ihrer Offizintätigkeit auch Sterilherstellung, Heimversorgung oder Versandhandel betreiben, äußern gegenüber den Kammern den Wunsch, mit mehr als einer SMC-B-Karte gleichzeitig arbeiten zu dürfen. Gegenüber der DAZ spricht die Gematik nun explizit die Empfehlung aus, dass die Kammern ihren Mitgliedern mehrere SMC-B-Karten ausgeben.

Um als Apotheke innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) identifiziert und adressiert werden zu können, benötigen die Betriebe eindeutige Identifikationsnummern. Diese sogenannten Telematik-IDs sind auf den jeweiligen SMC-B-Karten hinterlegt, die bei der Installation der TI-Technik in eines der Kartenterminals gesteckt werden und so für alle nötigen Einsatzzwecke innerhalb der TI verfügbar sind.

Pro Betriebserlaubnis reicht also theoretisch eine SMC-B-Karte aus. Doch ein weiteres Exemplar wird dringend empfohlen: Sollte es nämlich zu einem technischen Defekt kommen, der einen Ausfall der SMC-B-Karte herbeiführt, könnte es für die betroffene Apotheke eng werden. Eine neue SMC-B-Karte zu beantragen und zu erhalten, dauert bekanntlich mehrere Wochen. Sollten Verordnungen bald überwiegend in Form von E-Rezepten ausgestellt werden, dann bliebe den betroffenen Betrieben der Zugang zu diesen und allen anderen TI-Anwendungen in dieser Zeit verwehrt. Apotheken wäre es in dieser Lage somit unmöglich, ihrem Versorgungsauftrag nachzukommen.

Die pragmatische Empfehlung lautet daher, dass sich die Apotheken mit einer zweiten SMC-B-Karte ausstatten und diese griffbereit halten, um im Falle eines Defekts, unmittelbar reagieren zu können. Die Kosten müssten die Betriebe zunächst selbst schultern, weil die Refinanzierungsvereinbarung zwischen Deutschem Apothekerverband und GKV-Spitzenverband für eine weitere SMC-B-Karte bei Defekt nur greift, wenn es tatsächlich zu einem technischen Defekt gekommen ist. Doch gemessen an dem betriebswirtschaftlichen Risiko, das die Apotheken bei einem wochenlangen Ausfall ihrer TI-Anbindung befürchten müssen, lohnt sich die Investition auf jeden Fall.

Telematik-ID als „Postfach“

Abgesehen von diesem Katastrophenszenario stellen sich manche Apothekeninhaberinnen und -inhaber aktuell die Frage, ob sie nicht ohnehin mehrere SMC-B-Karten mit unterschiedlichen Telematik-IDs gleichzeitig benötigen. Konkret geht es dabei um Betriebe, die sich neben ihrer Offizintätigkeit auch in der Sterilherstellung, der Heimversorgung oder dem Versandhandel betätigen. Wenn auf Grundlage der Betriebserlaubnis die Apotheke nur eine Telematik-ID zugewiesen bekommt, dann würden alle E-Rezepte in nur ein „Postfach“ gesendet werden können, unabhängig davon, ob es sich um Bestellungen handelt, die von Kundinnen und Kunden persönlich abgeholt werden, die per Botendienst ausgeliefert werden müssen, die zu einer größeren Heimbelieferung gehören, die direkt in die Herstellungsabteilung der Apotheke gegeben werden müssen oder auf Grundlage einer Versandhandelserlaubnis per Paketdienst verschickt werden sollen.

Die jeweilige Apotheke müsste die ankommenden E-Rezepte somit zunächst sichten und prüfen, in welche Organisationsbereiche die jeweiligen Verordnungen gehören, um sie dann intern zu verteilen. Viel einfacher wäre es, so die Meinung der betroffenen Inhaberinnen und Inhaber, wenn es die Möglichkeit gebe, mehrere SMC-B-Karten mit verschiedenen Telematik-IDs über die Apothekerkammern beantragen zu können. Die Telematik-IDs könnten dann den „Abteilungen“ innerhalb der Apotheke zugeordnet werden.

BLAK: Nur eine Telematik-ID pro Betriebserlaubnis

Klaus Laskowski, Justiziar und stellvertretender Geschäftsführer der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK), sieht jedenfalls derzeit keine ausreichende Rechtsgrundlage dafür, dass für Teileinheiten der Apotheke (beispielsweise einen Versand-Shop) eigenständige SMC-B-Karten ausgegeben werden können. Es sei beispielsweise auch wichtig, dass die Apotheke immer ihrer Telematik-ID zugeordnet werden kann, so Laskowski. Zudem sieht er andere Wege, um etwaige organisatorische Probleme in den Apotheken lösen zu können. Bei entsprechenden Anfragen an die Kammer weist Laskowski etwa auf mögliche technische Lösungen durch das betreuende Softwarehaus oder das DAV-Apothekenverzeichnis hin. Zur Erinnerung: Der DAV hat von der Gematik den Auftrag, für die E-Rezept-App eine digitale Liste aller Apotheken zu erstellen. In diesem Verzeichnis können die einzelnen Apotheken angeben, ob sie Serviceangebote, wie Botendienst, Click&Collect oder Versandhandel anbieten. Durch einen entsprechenden Filter in der App könnten Apotheken mit Versandhandelserlaubnis von den Nutzern gezielt gesucht und gefunden werden. Für den Bereich der BLAK gibt der Jurist an, dass in einigen wenigen Fällen zweite SMC-B-Karten ausgegeben wurden, und zwar dann, wenn manche Apotheken aufgrund räumlicher Begebenheiten auf eine zweite TI-Ausstattung angewiesen sind, beispielsweise bei ausgelagerten Lagerräumen im Rahmen der Krankenhausversorgung und dies technisch nicht anders zu lösen war. Die Beantragung einer Zweitkarte sieht er aber im Hinblick auf den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Apotheke als sinnvoll an, solange der Gesetzgeber keine Back-up-Lösung für den Defekt oder Ausfall der IT-Komponenten geschaffen hat. Hierzu verweist er auf einen mit großer Mehrheit vom Deutschen Apothekertag aktuell verabschiedeten Antrag an den Gesetzgeber. Bei der Ausgabe der SMC-B-Karten halte man sich strikt an die Vorgaben des bayerischen Heilberufe-Kammergesetzes (HKaG). In Artikel 59 heißt es: „Die Landesapothekerkammer [ist] auch zuständige Stelle für die Ausgabe von Institutionenkarten für Betriebserlaubnisinhaber öffentlicher Apotheken nach dem Apothekengesetz sowie deren Sperrung.“ Auch hieraus leitet Laskowski den gesetzlichen Auftrag für die BLAK ab, dass Institutionenkarten, sprich SMC-B-Karten, nur pro Apotheke ausgestellt werden dürfen.

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Unterstützt wird diese Auffassung auch von Seiten der Apothekensoftwareanbieter. Die DAZ sprach mit Lars Polap, Pharmatechnik-Geschäftsführer und Vorstand des Bundesververbands der Apothekensoftwarehäuser (ADAS). Polap versichert, dass man die E-Rezept-Schlüssel („Tokens“) mit Hilfe der Apothekensoftware verschiedenen Benutzern und Organisationsbereichen in der Apotheke zuordnen könne, ohne auf verschiedene SMC-B-Karten und Telematik-IDs zugreifen zu müssen.

Gematik für die Ausgabe mehrere SMC-B-Karten

Die Gematik wiederum hält die Verwendung mehrerer SMC-B-Karten für sinnvoll. Apotheken, in denen neben dem persönlichen Kundenkontakt auch eine Zyto- bzw. Sterilherstellung, Heimversorgung oder Versandhandel läuft, könnten davon profitieren, zur eindeutigen Adressierung organisatorischer Einheiten mehrere Telematik-IDs zu nutzen. Dies sei im Gesetzestext auch explizit vorgesehen:


Die Gesellschaft für Telematik [Gematik] betreibt den elektronischen Verzeichnisdienst der Telematikinfrastruktur. Sie kann Dritte mit dem Betrieb beauftragen. Der elektronische Verzeichnisdienst kann die Daten enthalten, die erforderlich sind für die Suche, Identifikation und Adressierung von
 1.  Leistungserbringern,
 
2.  organisatorischen Einheiten von Leistungserbringern und
 
3.  allen anderen angeschlossenen Nutzern von Anwendungen und Diensten der Telematikinfrastruktur.“

SGB V §313 Abs. 1 Satz 2


Vor diesem Hintergrund spricht die Gematik gegenüber der DAZ die explizite Empfehlung aus, dass Kammern ihren Mitgliedern die Möglichkeiten schaffen, mehrere SMC-B auszugeben. Somit können Apotheken mit mehreren Organisationseinheiten auch mehrere SMC-B-Karten mit unterschiedlichen Telematik-IDs einsetzen.

Dieses Angebot steht übrigens auch den großen EU-Arzneimittelversendern offen. Es ist Aufgabe der Gematik nach SGB V §340 Abs. 4 in den dort genannten Fällen die Ausgabe vorzunehmen. Dazu gehöre auch die Option zur Beantragung mehrerer SMC-B-Karten, erklärt die Gematik auf Nachfrage. Wie viele SMC-B-Karten je Versender ausgeliefert wurden, beziffert sie nicht konkret. Aus der Branche hört man von unbestätigten Schätzungen im zweistelligen Bereich.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Typisch

von Karl Friedrich Müller am 04.10.2021 um 8:30 Uhr

der Aufwand für die sogenannte Digitalisierung wird immer größer, bleibt, wenn man echte Vorsorge betreiben will, am Betrieb hängen, während die Kammern sich auf bürokratische Positionen zurückzieht, im FAX Zeitalter bleibt.
es ist unfassbar und unerklärlich, wie wir mit so borniertem Personal weiterkommen sollen.
Tut mir leid. Aber da kommt mir die Galle hoch, wenn man für Abläufe überhaupt kein Verständnis bringt, weil man viel zu weit weg ist vom Alltag und der Realität.
Aber allen möglichen unwichtigen Quatsch bei einer Begehung prüfen wollen. So kann das nicht weitergehen, wenn Apotheken weiter erfolgreich sein sollen.

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