Interessengemeinschaft der Heilberufe in Schleswig-Holstein

Heilberufler wünschen sich mehr Vertrauen und weniger Kontrolle

Kiel - 30.09.2021, 15:30 Uhr

Der schleswig-holsteinische Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) erwartet von den neuen Verantwortlichen in der Bundespolitik, Lehren aus der Pandemie zu ziehen und das Versorgungssystem zu stärken. (x / Foto: DAZ / tmb)

Der schleswig-holsteinische Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) erwartet von den neuen Verantwortlichen in der Bundespolitik, Lehren aus der Pandemie zu ziehen und das Versorgungssystem zu stärken. (x / Foto: DAZ / tmb)


Beim parlamentarischen Abend der akademischen Heilberufe haben die Vertreter dieser Gesundheitsberufe in Schleswig-Holstein gemeinsam mit Landesgesundheitsminister Heiner Garg (FDP) ihre erfolgreiche Zusammenarbeit in der Coronakrise gefeiert. Für die Zukunft wünschen sich die Heilberufler mehr Vertrauen und weniger Kontrolle. Garg sieht diese Aufgabe bei den künftigen Koalitionären in Berlin. Auch die Verleihung des Medienpreises der IDH stand wie gewohnt auf der Tagesordnung.

Die Interessengemeinschaft der Heilberufe in Schleswig-Holstein (IDH) ist eine seit Jahren bewährte gemeinsame Organisation der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten im Land. Die Beteiligten verweisen immer wieder auf die Besonderheit der Organisation, die es so nur in Schleswig-Holstein gibt. Beim gemeinsamen parlamentarischen Abend am Mittwoch in Kiel war der Zusammenhalt wieder erlebbar. Das lag auch an den äußeren Umständen. Dank der neuesten schleswig-holsteinischen Corona-Regeln trugen die Teilnehmer keine Masken. Landesgesundheitsminister Heiner Garg (FDP) betonte, er freue sich, dass alle gemeinsam „wie ganz normale Menschen“ zu Abend essen könnten.

Den Vorsitz der IDH hat derzeit turnusgemäß die Tierärztekammer. Kammerpräsidentin Evelin Stampa erklärte in ihrer Begrüßung, dass die Versorgung in der Pandemie hervorragend funktioniert habe. Sie betonte die extremen Anstrengungen in vielen Gesundheitsberufen und bedankte sich, dass die Tierärzte in Schleswig-Holstein (anders als in anderen Bundesländern) prioritär geimpft wurden. Von der Politik forderte Stampa für alle Heilberufe: „Schenken Sie uns mehr Vertrauen!“ Das Übermaß an Kontrollen erschwere die Arbeit in den Gesundheitsberufen und gefährde langfristig die Versorgungssicherheit, weil es junge Ärzte davon abhalte, den Beruf auszuüben. Stampa forderte, es solle „weniger Kontrolle und weniger Einzelverordnungen“ für jeden Fall, sondern ein „Gesamtkonzept“ geben.

Garg lobt erfolgreiche gemeinsame Arbeit in Schleswig-Holstein

Im Vergleich zu früheren Veranstaltungen waren weniger Abgeordnete anwesend, weil diese vermutlich noch mit den Folgen der Bundestagswahl beschäftigt sind. Doch Minister Garg würdigte ausführlich die Arbeit der Heilberufler in der Pandemie. Nur weil alle gemeinsam erfolgreich gewesen seien, sei nun eine solche Veranstaltung möglich. Vieles habe nur durch den „besonderen Spirit“ in Schleswig-Holstein, das gute Verhältnis der Akteure zueinander, unabhängig von der jeweiligen Regierung, geklappt. Das Ergebnis zeige sich auch daran, dass das Bundesland im Verhältnis zur Einwohnerzahl die wenigsten Toten in der Pandemie habe. Als Paradebeispiel nannte Garg die Zusammenarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung und des öffentlichen Gesundheitsdienstes beim ambulanten Management der Corona-Patienten. Diese wurde mit vom Land angeschafften Pulsoximetern telemedizinisch überwacht, um sie nötigenfalls stationär aufnehmen zu können. So seien sie rechtzeitig eingewiesen worden, aber nicht so früh, dass die Krankenhäuser überlastet worden wären.

Garg erwartet Lehren aus der Pandemie in der Bundespolitik

Garg würdigte auch, dass die Leistungen in der Pandemie von viel Improvisation geprägt waren. Nach der Bundestagswahl gehe es nun darum, Lehren aus der Pandemie zu ziehen und sich bewusst zu machen, dass die Versorgungsstruktur wesentlich für eine älter werdende Gesellschaft ist. „Der Blick ist ein anderer geworden“, erklärte Garg und folgerte, das sei nun die Aufgabe für die, die jetzt in Berlin ein Bündnis schmiedeten. Die Politik traue den Heilberuflern viel zu. Doch es müssten auch Vergütungsregeln geschaffen werden, die zur Zusammenarbeit passen. Die bisherige Honorierung unterstütze dies nicht, wobei Garg ergänzte, er wolle damit nicht auf eine DRG-Finanzierung im ambulanten Bereich hinaus.

Apotheker wollen auf überflüssige Regeln verzichten

Anschließend gab jeweils ein Vertreter jeder Berufsgruppe ein Statement ab. Für die Apotheker blickte Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, auf die vielen besonderen Aufgaben in der Pandemie zurück und betonte: „Wir waren sehr schnell.“ Als Lehre aus der Pandemie folgerte Froese, es habe geholfen, dass einige bürokratische Regeln ausgesetzt wurden. Die Apotheker seien sehr verantwortungsvoll damit umgegangen und es habe sich gezeigt: „Große Teile der Regeln sind schlicht überflüssig.“ Als Beispiel nannte Froese die Auswahlregeln für die Arzneimittelabgabe. Aus der Erfahrung der Tierärzte mit vielen Viren empfahl Stampa als Erfolgsrezept für die Pandemie: „Impf die ganze Herde!“ – und sorgte damit für den größten Lacher des Abends.

IDH-Medienpreis für 2020

Zum gewohnten Ablauf der Veranstaltung gehört auch die Verleihung des Medienpreises der IDH. Damit werden journalistische Arbeiten gewürdigt, die gesundheitsbezogene Themen besonders gut vermitteln. Der Medienpreis der IDH für 2020 ging an Sara Tomsic für ihren Beitrag „Bis zum Mond“ bei „Zeit online“. Sie beschreibt darin eine Familie, die in sechs Jahren fünf Krebsdiagnosen erlebt hat. Tomsic erklärte, sie habe damit zur Empathie anregen wollen. Für den Preis waren außerdem Birgit Augustin für einen Beitrag über Apotheken in der Corona-Zeit im „NDR Forum“ und Annalena Schieber für einen Multimedia-Beitrag zur Reproduktionsmedizin in „Brigitte online“ nominiert. Stampa betonte die hohe Qualität aller Beiträge.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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