ADAC-Studie

Auf dem Land ist der Weg zum Notdienst oft zu weit

Traunstein - 30.09.2021, 14:30 Uhr

Laut aktuellen Angaben der ABDA nehmen pro Nacht 20.000 Menschen den Notdienst der öffentlichen Apotheken in Anspruch. Doch unter den sinkenden Apothekenzahlen leidet auch die Erreichbarkeit der diensthabenden Apotheken. (s / Foto: DAZ / Sket)

Laut aktuellen Angaben der ABDA nehmen pro Nacht 20.000 Menschen den Notdienst der öffentlichen Apotheken in Anspruch. Doch unter den sinkenden Apothekenzahlen leidet auch die Erreichbarkeit der diensthabenden Apotheken. (s / Foto: DAZ / Sket)


Gerade auf dem Land führen die sinkenden Apothekenzahlen dazu, dass die Wege zur nächsten Apotheke länger werden. Besonders gravierend wirkt sich das im Nacht- und Notdienst aus. In einer bundesweiten Studie untersuchte nun der ADAC, wie weit es die Landbewohner tatsächlich zur nächsten Notdienst-Apotheke haben. Spitzenreiter war Rügen mit 40,4 km, insgesamt lagen mehr als 20 Prozent aller Anfahrtswege über 20 km.

Laut aktuellen Angaben der ABDA nehmen pro Nacht 20.000 Menschen den Notdienst der öffentlichen Apotheken in Anspruch. Doch unter den sinkenden Apothekenzahlen leidet auch die Erreichbarkeit der diensthabenden Apotheken. Wie groß gerade in ländlichen Regionen die Strecken sind, die Hilfe suchende Patienten zurücklegen müssen, hat nun der ADAC in einer aktuellen Studie untersucht.

Für die bundesweite Studie wurden 295 ländlich gelegene Orte mit weniger als 5.000 Einwohnern in den zehn Bundesländern mit den meisten strukturschwachen Gemeinden unter die Lupe genommen. Anhand dieser Auswahlkriterien wurden pro Bundesland 30 Orte bestimmt, in Sachsen-Anhalt genügten nur 25 den Kriterien. Aus Mangel an solch kleinen Orten nicht dabei waren Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland.

In jeder der 295 ausgewählten Gemeinden wurde dann eine zentrale Startadresse festgelegt als Ausgangspunkt für die Entfernungsmessung zur nächsten Notdienst-Apotheke. Ermittelt wurde diese anhand des ABDA-Notdienstfinders Aponet. Dieser gibt allerdings die Entfernung der nächsten Notdienstapotheke als Luftlinie an. Wie die ADAC-Tester herausfanden, ist die mit dem Routenplaner ermittelte tatsächliche Entfernung im Durchschnitt 30 Prozent beziehungsweise 3,2 km länger als bei Aponet angegeben.

Auf Rügen müssen 40,4 km zurückgelegt werden

Spitzenreiter war die Insel Rügen:  40,4 km je einfache Fahrt musste ein Einwohner von Gager an einem späten Samstagabend im Mai zur nächsten Notdienst-Apotheke zurücklegen. Deutlich niedriger ist mit 14,5 km die durchschnittliche Entfernung zur nächsten diensthabenden Apotheke. Allerdings waren in der ADAC-Erhebung nur gut 8 Prozent der Wege kürzer als 5 km, knapp ein Drittel lag zwischen 10 und 15 km, ein Fünftel erstreckte sich über 15 bis 20 km. Alle anderen Anfahrtswege – und damit mehr als 20 Prozent – wären länger als 20 km, knapp 9 Prozent sogar 25 km und mehr.

ADAC: Nicht auf die Angaben von Aponet vertrauen

Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Bundesländern. So lag Sachsen-Anhalt fast genau im deutschlandweiten Mittel. Gut sieht es auch für die Landbewohner in Rheinland-Pfalz und Bayern aus: Dort liegt der durchschnittliche Anfahrtsweg bei knapp 12 km. Auch Baden-Württemberg, Thüringen, Niedersachsen und Sachsen blieben unter dem Mittelwert. Etwas längere Strecken waren in Schleswig-Holstein notwendig (15,5 km). Die Schlusslichter bildeten Brandenburg mit 19,4 km und Mecklenburg-Vorpommern mit 19,6 km im Mittel. Hier gab es besonders viele lange Strecken: Jeweils fast die Hälfte aller Anfahrtswege (in Brandenburg 47 und Mecklenburg-Vorpommern 46 Prozent) erstreckten sich dort über 20 km und deutlich mehr.

Die Apotheke auf der Insel ist vielleicht näher, aber...

Wie bereits erwähnt, basieren die bei Aponet angegebenen Entfernungen auf Luftlinien. Dies führte, so die ADAC-Tester, unter anderem dazu, dass an der Küste Notdienste auf den vorgelagerten Inseln als erste Treffer angezeigt wurden, diese aber nur mit der Fähre erreicht werden konnten. Der nur etwas weiter entfernte Notdienst auf dem Festland wurde dann erst auf den nächsten Plätzen der Liste angezeigt. „Unterm Strich war bei knapp 6 Prozent der Abfragen im Test der erste Treffer auf der Aponet-Liste nicht die kürzeste Auto-Verbindung“, bemängelt der ADAC. Daher wurden in der Studie auch der zweite und dritte Treffer per Routenplaner geprüft, wenn diese nicht mehr als 5 km weiter als die Luftlinie des ersten Treffers waren. „Wer eine Notdienst-Apotheke braucht, sollte also bei Aponet-Ergebnissen die tatsächliche Fahrtstrecke zusätzlich per Routenplaner abfragen und weitere Treffer in der Liste checken, ob diese nicht eventuell besser zu erreichen sind als der erste Vorschlag“, empfiehlt der ADAC daher.



Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

Steilvorlage

von Thomas B am 30.09.2021 um 18:42 Uhr

Wenn das mal keine Steilvorlage für ABDA/BAK/BAV ist!
Setzt euch - ganz schnell - mit dem ADAC zusammen, sammelt Argumente, am besten kommt auch gleich das Thema Verzahnung mit dem ärztlichen Notdienst zur Sprache. Und dann mit den Ergebnissen ab zu den - hoffentlich bald bekannten - neuen Verantwortlichen und Entscheidungsträgern.....

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Warum beschweren

von ratatosk am 30.09.2021 um 18:38 Uhr

Natürlich ist das die Konsequenz aus der Apothekenvernichtungspolitik Ala Spahn und auch natürlich fast aller anderen Parteien. Schnell werden die Adlaten wieder behaupten, daß deshalb der Versand ja so wichtig ist um die unversorgten Gebiete zu versorgen, natürlich nur wenn das Wetter passt und Fahrer verfügbar, altes schäbiges Lügenspiel. Viele hippe Rentner werden es auch noch erfahren, wenn sie mal in Not sind und es eben nicht immer cool ist, wenn man im Internet bestellt und glaubt im Notfall ist da dann noch wer, aber in Covid Zeiten sieht man ja gut wie es um Vernunft und Weitsicht bestellt ist.

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