Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

26.09.2021, 07:30 Uhr

Covid-19-Auffrischimpfungen auch in Apotheken! Die Apotheker wollen, die Ärzte poltern. Schade, dass sie sich nicht helfen lassen wollen (Foto: Alex Schelbert)

Covid-19-Auffrischimpfungen auch in Apotheken! Die Apotheker wollen, die Ärzte poltern. Schade, dass sie sich nicht helfen lassen wollen (Foto: Alex Schelbert)


22. September 2021

So ist’s recht: Noch bevor es so richtig losgeht mit der DocMorris-Plattform und den „Partnerapotheken“ vor Ort, die im Auftrag des EU-Versenders Arzneimittel ausfahren wollen und  dafür eine 399-Euro-Monatsgebühr berappen, will es die Apothekerkammer Nordrhein wissen: Ist das Geschäftsmodell, das DocMorris da vorhat, überhaupt rechtens? Verstößt es nicht gegen das Makelverbot, wenn diese Partnerapotheken die eigentlich an DocMorris übermittelten E-Rezepte zur Auslieferung erhalten? Und auch bei den Gebühren im Zusammenhang mit den nicht preisgebundenen Arzneimitteln könne nach Ansicht der AK Nordrhein ein Rechtsverstoß vorliegen. Mein liebes Tagebuch, spannende Fragen, die die AK Nordrhein da geklärt haben möchte, sie hat DocMorris schon mal eine Abmahnung ins Haus geschickt, um das Verfahren ins Rollen zu bringen. Vermutlich wird sich DocMorris davon erstmal wenig davon beeindrucken lassen. Letztlich geht es für DocMorris beim E-Rezept um alles oder nichts. Der Versender wird ums E-Rezept kämpfen wie eine Löwenmutter um ihr Junges. Umso besser, die Kammer Nordrhein das Verfahren ins Rollen gebracht hat.

 

Eine neue Corona-Testverordnung tritt am 11. Oktober in Kraft. Wie erwartet: Es kommt das Aus für die kostenlosen Bürgertests. Nur noch für bestimmte, vor allem impfunfähige Personen werden die Tests vom Staat bezahlt. Leistungserbringer, die diese Tests durchführen, zum Beispiel auch Apotheken, können dann auch künftig nur 8 Euro plus 3,50 Euro für Materialkosten abrechnen. Mein liebes Tagebuch, man wird sehen, wie viele Apotheken da auch weiterhin noch  Tests anbieten werden. Wichtig für testenden Apotheken: Wenn sie die Kosten zu Lasten des Staates abrechnen, müssen sie sich einen Nachweis vorlegen lassen, dass die zu testende Person auch anspruchsberechtigt ist. Ansonsten müssen die Testwilligen den Test selbst bezahlen. Mein liebes Tagebuch, Hintergedanke der Verordnung ist natürlich, dass sich auch bisher nicht Geimpfte zur Covid-19-Impfung durchringen.

 

Die neue Corona-Testverordnung sieht Apotheker Dr. Olaf Rose kritisch. In einem Gastkommentar  fragt er: Ist das nun das verordnete lang ersehnte Ende der Pandemie? Man könne es kaum anders verstehen, denn für die magere Vergütung von 11,50 Euro mache es weder Sinn, das Risiko in Kauf zu nehmen, noch die umfangreichen Dokumentation durchzuführen. Und die räumliche Trennung und die EDV-Ausstattung einer Teststelle lasse sich damit kaum vorhalten. Das Testen weniger Einzelfälle lässt sich nicht mit dem Apothekenbetrieb vereinbaren, meint er. Mein liebes Tagebuch, wie wahr. Sollte ein ernstgemeintes Testangebot seitens des Staates aufrechterhalten werden, müssten mindestens 25 Euro pro Test abgerechnet werden. Bürger werden das nicht bezahlen angesichts von Laientestpreisen von zwei Euro. Und so gesehen beschreibe diese Corona-Testverordnung dann doch vielleicht das Ende der Pandemie, sicher aber das Ende der Pandemie-Bekämpfung, meint Rose. Sein Fazit: „Man opfert eine wichtige Säule und gibt damit den Kampf gegen das Virus auf. Ob das dann letztlich billiger oder teurer für uns wird – das mag man spätestens im Dezember in der fünften Welle beurteilen, so Rose.

 

Passend zum diesjährigen Deutschen Apothekertag überrascht die FAZ mit einem kleinen  Kracher. Der kluge Kopf, der angeblich hinter diesem Blatt steckt, scheint irgendwie abhanden gekommen, abgefallen zu sein. Stattdessen dürfen in diesem Blatt auch Autoren schreiben wie z. B. der  FAZ-Autor Jonas Prenissl, der allen Ernstes meint, dass das Apothekenwesen einfach und kostengünstiger funktionieren würde, wenn Apotheken mit Arzneimittel verkaufenden Supermarkt- und Drogerieketten und Versandapotheken symbiotisch zusammenlebten. Schließlich könnten bestimmte Medikamente auch im Supermarkt und ohne Approbation abgegeben werden. Mein liebes Tagebuch, wie putzig ist das denn? Unter der Überschrift „Apotheken unter Druck“ lässt Prenissl seinen Hirngespinsten mal freien Lauf, wobei er sich heiße Anregungen beim Gesundheitsökonomie-Professor Konrad Obermann geholt hat. Mein liebes Tagebuch, die zwei, das ist so ein niedlich einfältiges Gespann. Prenissls neue Apothekenwunderwelt gipfelt darin, dass er künftig richtig Potenzial für Supermärkte und Drogerien sieht, wo „deutlich weniger qualifiziertes Personal“ das „Aushändigen“ von „bestimmten Medikamenten“ übernehmen könne. Mein liebes Tagebuch, Du kennst mich, ich bin wirklich kein bösartiger Mensch, aber manchmal habe ich in solchen Fällen schon mal den klammheimlichen Wunsch, dass solche Autoren

mal einem Traum erleben sollten, was es bedeutet, wenn sie in ihrem Supermarkt ihre Arzneimittel ausgehändigt bekämen – und die Supermarkt-400-Euro-Jobberin die Packungen leider verwechselt. Ach, mein liebes Tagebuch, was ist da mit Herrn Prenissl durchgegangen? Immerhin, so ein klitzekleiner vernünftiger Ansatz findet sich dann doch noch in seinem Apotheken-Geschreibsel: Er sieht, dass Apotheker ihrer Qualifikation entsprechend „anspruchsvoller“ eingesetzt werden könnten, um den „positiven gesamtgesellschaftlichen Effekt der Arzneiversorgung“ zu heben: Zum Beispiel könnten Apotheker doch als „zweite Kontrollinstanz nach dem Arzt fungieren“. Immerhin, so Prenissl, bei der Maskenabgabe seien die Apotheken „sinnvoll“ gewesen, aber auch nur „vom Grundsatz her“, meint der FAZ-Schreiberling. Mein liebes Tagebuch, früher hatte die FAZ mal profundere Beiträge.

 

Letztes Jahr traute sich die ABDA noch nicht zu, einen Apothekertag in Pandemiezeiten durchzuführen: zu unpersönlich, zu kompliziert, hieß es. Man ließ ihn ersatzlos ausfallen. Aber in diesem Jahr war’s dann wieder soweit: in Düsseldorf und weitgehend hybrid, online und vor Ort. Gut war’s er hat funktioniert, auch wenn er nur zwei Tage lang tagte. Die Pressekonferenz hatte wieder, wie schon seit einigen Jahren, ihr Herzensthema, den Apothekenklimaindex, also Umfrageergebnisse, wie wir Apothekers uns gerade fühlen, wie wir die Lage sehen, wo der Schuh drückt und ob wir in Personal und Laden investieren wollen. Plätscher, plätscher, immerhin musste sich die ABDA in der Fragerunde der Journalisten ein paar unbequeme Fragen gefallen lassen, die aber nicht wirklich zufriedenstellend beantwortet wurden, z. B. um welche konkreten Dienstleistungen eigentlich mit den Krankenkassen gestritten wurde und warum die Verhandlungen gescheitert sind. Zu laufenden Verhandlungen wolle man sich nicht äußern, tönte es von oben.

 

Die Eröffnungsrede zum Apothekertag, der Bericht zur Lage, war zugleich die Antrittsrede unserer neuen ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening – die anwesenden Delegierten quittierten ihre Rede mit Standing Ovations. Die stehende Beifallsbekundung zollte der Apothekertag übrigens auch Overwienings Vorgänger, Friedemann Schmidt. Ihm sei es verwehrt geblieben, sich im vergangenen Jahr auf einem Apothekertag als ABDA-Präsident verabschieden zu können, merkte Overwiening an: „Friedemann Schmidt war ein hervorragender ABDA-Präsident. Aber er war nicht perfekt, und ich?“ fragte Overwiening selbstreflektierend und gab die Antwort selbst: „Ich werde es auch nicht sein.“ Eine unfehlbare Führungsfigur gebe es im Diesseits nicht. In ihrer Rede stellte sie dann noch drei Kernpositionen vor, die man als gesundheitspolitische Leitplanken und Grundsätze im ABDA-Vorstand zur Bundestagswahl erarbeitet habe. Dann lässt sie wissen: „Wir brauchen auch eine stärkere externe Kommunikation und eine stärkere politische Kommunikation. Dazu wird die Stabstelle Kommunikation mit einem weiteren Mitarbeiter, einer weiteren Mitarbeiterin aufgestockt.“ Mein liebes Tagebuch, ob damit eine Kommunikationsverbesserung einhergeht, muss sich dann noch zeigen. Overwiening jedenfalls erwartet bei allen Herausforderungen „ein geschlossenes heilberufliches Miteinander in einer aktiven und einer agilen ABDA“. Ja, „agil“ sagte sie!

 

Das Antragsbuch des Deutschen Apothekertags war auch dieses Mal umfangreich. Hier nur ein paar Forderungen und Wünsche:

- Der Gesetzgeber möge in der nächsten Wahlperiode schnellstmöglich die Approbationsordnung für Apotheker novellieren, um die Ausbildung an das aktualisierte Berufsbild sowie den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt anzupassen. Mein liebes Tagebuch, unsere  Pharmaziestudierenden werden sich freuen.

- Das überraschte: Mit deutlicher Mehrheit wurde der Antrag angenommen, dass Auffrischimpfungen gegen Corona auch durch Apothekerinnen und Apotheker durchzuführen seien. Ob daraus etwas wird? Nach der Bundestagswahl?

- Auch überraschend: Es sollen Regelungen getroffen werden, dass Grippeschutzimpfungen in allen Apotheken als Regelleistung angeboten werden können. Mein liebes Tagebuch, wer hätte das noch vor zwei Jahren gedacht?

- Auch das lag den Delegierten sehr am Herzen: Die in der Corona-Krise erweiterten Handlungsspielräume der Apotheken, zum Beispiel durch erweiterte Aut-idem und Aut-simile-Regelungen bei der Arzneimittelabgabe und der Herstellung von Desinfektionsmitteln, sollen auch weiterhin gelten, nach der Pandemie.

- Einige Anträge drehten sich auch ums E-Rezept. Allein die Apothekerkammer Nordrhein hatte dazu vier Anträge eingebracht, die mögliche Regelungslücken rund um den Weg des E-Rezepts in die Apotheke aufgespürt hatten. Ein Anliegen war es auch, dass die EU-Versender die Patienten nicht auffordern dürften, den Token fürs E-Rezept an sie zu übermitteln, z. B. durch Abfotografieren. Mein liebes Tagebuch, klar, wäre schön, wenn sich das irgendwie verhindern ließe – aber allen ist auch genauso klar: Das ist leider nicht zu kontrollieren, und was der Patient mit dem QR-Code macht, bleibt ihm überlassen. Mein liebes Tagebuch, der ausgedruckte Token ist wohl sowas wie die Achilles-Ferse des E-Rezepts.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.