BPhD-Kolumne

Ist unser Berufsbild den Veränderungen der letzten zwanzig Jahre gewachsen?

20.09.2021, 09:15 Uhr

Volker Reger ist Beauftragter für Public Health beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland. (s / Foto: Volker Reger/BPhD)

Volker Reger ist Beauftragter für Public Health beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland. (s / Foto: Volker Reger/BPhD)


Viele junge Approbierte sind von der Arbeit in der Offizin enttäuscht. Woran liegt das? Volker Regner, Beauftragter für Public Health beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD), geht der Frage in der aktuellen Kolumne des Verbands auf die Spur und sucht nach Lösungsansätzen für die Misere.

Wenn man zurzeit das Studium der Pharmazie beginnt, braucht man sich nach mindestens fünf Jahren Prüfungen, Seminaren, Antestaten und zahlreichen Stunden im Labor keine Gedanken über einen Arbeitsplatz zu machen. Dennoch werden viele Approbierte nach dem Studium gerade von der Arbeit in der Offizin enttäuscht. 

Da uns unsere Zukunft am Herzen liegt, veranstaltet der BPhD schon seit mehreren Generationen Workshops und Vorträge, ermöglicht Studierenden die Teilnahme an Austauschprogrammen und verfasst Positionspapiere, die laufend aktualisiert werden. Ziel vieler dieser Positionspapiere ist es, dem Berufsbild der Apotheker*innen einen neuen Glanz zu verleihen. Auf den Delegiertenversammlungen beschlossen, spiegeln sie die Meinung der Pharmaziestudierenden in Deutschland wider. 

Am 15. Dezember 2020 trat das VOASG in Kraft, unsere Position dazu hatten wir bereits am 17. November überarbeitet. Wir sprechen uns darin gegen jeden weiteren preislichen Wettbewerb mit Arzneimitteln aus. Aus unserer Sicht sind lebenswichtige Medikamente kein Spielgerät für einen freien Markt. Eine ausschließlich wirtschaftliche Ausrichtung des Vertriebs von Arzneimitteln hätte dem Ruf der Pharmazie erheblich und vor allem nachhaltig geschadet. 

Bereits in eben jener Stellungnahme zum VOASG griffen wir das Thema der pharmazeutischen Dienstleistungen auf. Wir sehen darin heute noch eine sinnvolle Möglichkeit, patientenorientiert den Beruf der Apothekerin oder des Apothekers spannender und vielseitiger zu gestalten. Neben dem Verweis auf die Qualitätssicherung der Dienstleistungen erschien uns das Budget von 150 Millionen Euro eher wie eine kleine Aufwandsentschädigung als eine sinnvolle Summe zur Deckung der anfallenden Kosten.

In der folgenden Zeit machte sich der BPhD immer mehr Gedanken um das Thema, sodass im Mai dieses Jahres ein vollständiges Positionspapier über pharmazeutische Dienstleistungen erschien. Besonders wurde die Notwendigkeit der Freiwilligkeit hervorgehoben. Jede Apotheke soll anhand ihrer Möglichkeiten entscheiden, in welchem Umfang sie die Dienstleistungen anbietet. Auch erschien es uns als sinnvoll, wenn Verbände der PTA und Patient*innen an den Verhandlungen teilnehmen. Mit besorgtem Blick schauen wir nun auf die gescheiterte Verhandlung zwischen dem DAV und dem GKV-Spitzenverband

Interprofessionelle Zusammenarbeit für bessere Patientenversorgung

Während positiv verlaufende Impfkampagnen in anderen Ländern wie Frankreich und Kanada die Impfquoten erhöhen, wird das Thema Impfen in Apotheken in Deutschland sehr emotional diskutiert. Der BPhD befürwortet den Vorstoß und auch die damit verbundenen Modellprojekte. Apotheken könnten dabei helfen, die zurzeit schwachen Impfquoten in Deutschland deutlich zu verbessern. Damit können sie einen wichtigen Dienst für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland leisten.

Allerdings ist es uns wichtig, dass Impfungen nur nach entsprechender Fortbildung in der Apotheke praktiziert werden dürfen. Richtig durchgeführt, bietet diese Dienstleistung die Möglichkeit nicht nur das Berufsfeld der Apotheker*innen zu verbessern, sondern ein Angebot zu schaffen, das die Arzneimittelversender nicht aufbringen können. Auch die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) fordert in einem Positionspapier, dass „ein niedrigschwelliger Zugang zu und gesicherte Verfügbarkeit von Impfungen bundesweit gewährleistet ist und dafür interdisziplinäre Modelle wie der Einbezug von Apotheker*innen in Betracht gezogen werden“. Die mehrheitliche Unterstützung der Medizinstudierenden erfreut uns natürlich. Dem Komplex „Impfen“ und „Pandemiebewältigung“ ist auch ein Positionspapier gewidmet. 

Die interprofessionelle Zusammenarbeit in einem immer komplexer werdenden Gesundheitssystem legt den Grundstein für eine bessere Patientenversorgung. Im Zuge unseres Positionspapiers zur interprofessionellen Zusammenarbeit forderte der BPhD die Standesvertretungen aller gesundheitsbezogenen Studiengänge dazu auf, diese zu fördern. 

Wenn wir eine Verbesserung unseres Berufsbilds erreichen wollen, reicht es nicht aus, nur die Baumkrone zu pflegen, nein, wir müssen am Stamm ansetzen. Was das Studium angeht, sind sicherlich die Studierenden diejenigen, die am ehesten merken, wenn etwas falsch läuft. Und gerade hier läuft vieles nicht so, wie es sich der Nachwuchs wünschen würde. Nicht ohne Grund ist das zugehörige Positionspapier eines der umfangreichsten des BPhD. Denn wenn man unsere Approbationsordnung in einem Wort zusammenfassen müsste, wäre dieses wahrscheinlich „veraltet“. Dabei legt ein modernes und zeitgemäßes Studium die Grundlage für ein erfülltes Berufsleben. Wenn vieles des im Studium Erlernten sinnlos erscheint und auf der anderen Seite das Gefühl entsteht, wichtige Inhalte nicht vermittelt zu bekommen, geht schnell die Freude an der Pharmazie verloren und auch die pharmazeutische Kompetenz sinkt.

Hat denn die berufstätige Apothekerschaft noch Freude an der Pharmazie? Sicherlich sind viele Entscheidungen der Politik demotivierend und brechen den Innovationsgeist. Dennoch kann Pharmazie aus unserer Sicht vielseitig eingesetzt werden.  So wie wir uns für zukünftige Verbesserungen des Studiums einsetzen, ohne selbst davon zu profitieren, so verlangen wir mehr Engagement der zurzeit praktizierenden Apotheker*innen und unserer Standesvertretung. Vorbilder für uns sind diejenigen, die die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung verbessern wollen und dabei mit Hingabe faszinierende Arbeitsbereiche in Apotheken schaffen, auf die man im Studium motiviert hinarbeiten kann. 



Volker Reger, Bundesverband Pharmaziestudierender in Deutschland e. V. (BPhD)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.