Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

08.08.2021, 07:30 Uhr

Probleme mit Hash-Codes, Probleme mit der Impfzertifikaterstellung – die neue Welt der Digitalisierung fängt ja gut an... (Foto: Alex Schelbert)

Probleme mit Hash-Codes, Probleme mit der Impfzertifikaterstellung – die neue Welt der Digitalisierung fängt ja gut an... (Foto: Alex Schelbert)


Bei diesen Reizworten gehen viele Apothekers im August an die Decke: digitales Impfzertifikat und digitale Hash-Codes bei Rezepturen. Bei beiden läuft es noch immer nicht rund und bei beiden können die Apotheken nichts für die digitalen Probleme. Ja, noch immer klemmt es bei der Erstellung der digitalen Impfzertifikate und manche Apotheke verlangt sogar zusätzlich 6 Euro cash von ihren Kunden, was natürlich Abzocke und nicht rechtens ist. Und bei den Hash-Codes kommt so manches Softwarehaus nicht nach. Vorgeschmack auf die neue digitale Welt? 

2. August 2021

Wieder mehr Bürokratie: Schon seit 1. Juli geistert der Hash-Code bzw. Hash-Wert durch die Apothekenwelt: Seit diesem Datum muss dieser Wert – eine 40-stellige Ziffernfolge, erzeugt von der Apothekensoftware – bei Cannabis-Verordnungen in die zweite und dritte Taxzeile des Rezepts gedruckt werden. Und warum ist das so? Gute Frage. Nun, mein liebes Tagebuch, weil es der GKV-Spitzenverband so will. Denn mit dem Hash-Code erhalten die Kostenträger detaillierte Informationen darüber, welche Packungen von den Apotheken tatsächlich eingekauft werden (mehr Infos gibt es hier). Die Zusatzdaten enthalten nämlich die PZN der tatsächlich eingekauften Packungen. Auch dann, wenn die Preisberechnung nach Hilfstaxe erfolgt. Und dies wurde für alle Rezepturen gemäß Anlage 10 der Hilfstaxe so vereinbart. Cannabis-Rezepturen machen nun den Anfang, ab 1. Januar 2022 wird der Hash-Wert dann bei allen Rezepturen Pflicht. Wie man hört, ist es ab 1. Juli allerdings ein holpriger Start gewesen, da noch gar nicht alle Softwaresysteme diesen Hash-Code erzeugen und somit die Formalie erfüllen konnten. Bei Cannabis-Zubereitungen kann dies aber zu Problemen führen: Aufgrund der kurzen Gültigkeit der BtM-Rezepte kann die Gültigkeitsdauer der Verordnung schon abgelaufen sein, bis die Technik funktioniert und das Rezept taxiert werden kann. Und dann, Retax? Da stellt sich die einfache Frage: Die neue Bürokratie-Formalie kam doch nicht über Nacht – warum haben die Apothekensoftwarehäuser dieses Hash-Code-Gedöns nicht rechtzeitig umgesetzt?

 

Und weil wir gerade bei digitalen Vorgängen sind: Wie steht’s eigentlich mit der Ausstellung von digitalen Impfzertifikaten, dem abgestürzten Prestigeprojekt des DAV-Portals? Funktioniert das endlich wieder? Nö, nicht wirklich, vor allem nicht wirklich zuverlässig. Man sucht noch immer gemeinsam mit dem Robert Koch-Institut und dem Serverbetreiber IBM nach dem Fehler, heißt es. Irgendwie scheint die Einbindung des Portals in die sichere Telematikinfrastruktur Probleme zu machen, wo genau die Ursachen liegen, ist noch unklar. Mein liebes Tagebuch, irgendwie fühlen wir Apothekers hier eine Entzauberung der Digitalisierung mit Vorgeschmack aufs E-Rezept nach dem Motto: Na, das kann ja heiter werden, wenn’s später mal beim E-Rezeptserver klemmt.

3. August 2021

Bald Schluss mit kostenlosen Schnelltests für alle? Vermutlich. Und das zurecht, denn, so das Bundesgesundheitsministerium, mittlerweile könne allen Bürgerinnen und Bürgern hierzulande ein Impfangebot gemacht werden und daher sei eine Kostenübernahme durch die Steuerzahler nicht mehr zu rechtfertigen. Diskutiert wird derzeit, das kostenlose Angebot für Bürgertests für alle Mitte Oktober auslaufen zu lassen. Lediglich für Personen, die nicht geimpft werden können oder keine Impfempfehlung vorliege, solle es weiterhin Schnelltests geben. Mein liebes Tagebuch, gut so. So ein bisschen Mehr an Druck auf Impfunwillige kann nicht schaden.

4. August 2021

Nochmal Hash-Codes. Wir haben es vernommen: Seit 1. Juli müssen auf Rezepturen über Cannabis, parenterale Zubereitungen und Substitutions-Fertigarzneimittel ein Hash-Code aufgedruckt werden, um die Rezepte für die Krankenkassen leichter abrechenbar zu machen. Nun  ging das alles für das eine oder andere Softwarehaus ein bisserl zu rasch, sprich: Noch sind nicht alle Software-Systeme so weit, den Hash-Code zu generieren und ihn aufs Rezept wie vorgeschrieben zu drucken. Und nun, mein liebes Tagebuch, droht den Apotheken eine Retax-Welle, weil die Fristen nicht eingehalten werden können? Wir wissen ja, mit den Kassen ist bekanntlich nicht gut Kirschen essen, mit Retax sind sie schneller als der Blitz. Offenbar gibt es aber bereits Gespräche zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), wie man dies in den Griff bekommen könnte. Konkret hat man noch nichts erfahren, da die Gespräche noch laufen. Nun ja, es gibt Hoffnung, hört man, immerhin tragen die Apotheken keine Schuld an der unzureichenden Software.

5. August 2021

Die Lage ist doch klar und eindeutig: Fürs Erstellen eines digitalen Impfzertifikats (sofern es endlich wieder möglich ist) erhält die Apotheke mittlerweile nur noch 6 Euro je ausgestelltes Impfzertifikat. Mein liebes Tagebuch, wir erinnern uns: Zu Beginn dieser Dienstleistung gab’s laut Corona-Impfverordnung noch 18 Euro für die Erstellung des Zertifikats über eine Erstimpfung und  6 Euro für das Zertifikat der Zweitimpfung. Aber diese angemessene Vergütung währte nicht lange, Spahn kürzte schon nach kurzer Zeit drastisch auf 6 Euro je Zertifikat. Und seitdem heißt es: Der Zeitaufwand ist mega gestiegen, die Vergütung mega gesunken. Mein liebes Tagebuch, ist nicht schön, macht Frust, ist aber Fakt. Nun soll es Apotheken geben, die versuchen, einen kleinen Ausgleich auf eigene Faust vorzunehmen: Sie verlangen von den Kunden eine zusätzliche Gebühr von 6 Euro! Doch das ist eindeutig nicht erlaubt, worauf auch die Apothekerkammer Berlin hinweist: „Es ist nicht zulässig, von Geimpften für das Ausstellen digitaler Impfzertifikate eine zusätzliche Vergütung zu verlangen.“ Tja, so ist es. Immerhin, alles ist freiwillig: Wer nicht will, muss keine Impfzertifikate digitalisieren. Ob das aber dem Apotheken-Image guttut?

6. August 2021

Ist das Rx-Boni-Verbot nun endgültig in trockenen Tüchern? Wird es endlich von der EU toleriert? Klares Jein. Mein liebes Tagebuch, mit dem Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz hat unser Bundesgesundheitsminister bekanntlich die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Sozialrecht verankert. Es ist ein kleiner Kniff, um einheitliche Preise und somit auch ein Rx-Boni-Verbot für Rx-Arzneimittel in Deutschland zu erhalten. Der EU war das nicht wirklich genehm, sie hatte bereits schon im Jahr 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil sie der Auffassung ist, dass ein Rx-Boni-Verbot, das damals in der Arzneimittelpreisverordnung festgeschrieben worden war, den freien Warenverkehr innerhalb der EU einschränke. Ein Rx-Boni-Verbot, so das Argument der EU-Kommission, erschwere den Marktzugang für die EU-Versender und damit „ihren größten Wettbewerbsvorteil“. Und so musste man immer noch fürchten, das Europa dieses Rx-Boni-Verbot nicht akzeptiert. Mittlerweile allerdings sei zu vernehmen, so berichtet das Handelsblatt, dass die EU das noch immer laufende Vertragsverletzungsverfahren einstellen wolle. Es sei sogar schon ein Schreiben bei den EU-Versendern eingetroffen, mit dem die Generaldirektion für Binnenmarkt informiere, dass eine Einstellung des Verfahrens bevorstehe. Puh, Glück gehabt? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Denn Rechtsexperten sehen den Fall kritisch. Sie verweisen darauf, dass laut Kommission zwar ein Bruch des EU-Rechts vorliege und ein Verstoß gegen das Binnenmarkt-Prinzip des freien Warenverkehrs. Aber die EU habe sich dann doch aus politischen Gründen entschieden, das Vertragsverletzungsverfahren einzustellen. Mein liebes Tagebuch, und da steckt dann letztlich doch noch ein Restrisiko drin. Denn letztlich bedeute dies, so die Experten, dass die EU-Kommission das EU-Recht und die Regeln des Binnenmarktes nicht konsequent durchsetze – was für die EU problematisch sei. Also, irgendwie bleibt das Rx-Boni-Verbot wohl ein Vulkan, der momentan nicht aktiv ist. Aber, wer weiß.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Höhere Gewalt

von Karl Friedrich Müller am 09.08.2021 um 7:03 Uhr

„Das wurde so vereinbart“ Also der Aufdruck des Hash Codes.unabwendbares
Schicksal, wie die Fluten im Juli? Zu Vereinbarungen gehören doch immer 2? Bei uns offensichtlich nicht.
Man kann auch mal nein sagen. Gerade hier wäre eine gute Gelegenheit gewesen, Druck aufzubauen. Unsere erpressbaren Vertreter ohne Rückgrat gehen mir auf den Wecker.
Wie schrieb ein Kollege so schön: es gibt auch noch eine Rückseite auf dem Rezept….. (wobei durch die Digitalisierung das ausufern könnte, so ganz ohne Papier)
Die Digitalisierung fällt uns schwer auf die Füße. Es muss ein Ende haben mit den Erpressungen der GKV. Vor allem können wir das alles nicht ohne erheblich mehr Vergütung leisten.

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AW: Höhere Gewalt

von Karl Friedrich Müller am 09.08.2021 um 7:06 Uhr

PS: und dann natürlich auch noch die Retaxdrohung. Für Dinge, die wir nicht zu verantworten haben. Sondern hier vor allem die KK!
Diese Schweinerei gehört auch endlich unterbunden, generell!

Digitales ohne Ende

von Dr.Diefenbach am 08.08.2021 um 12:53 Uhr

...Vielleicht kommt man zeitnah zu der Erkenntnis, dass dieses gewaltsame Überstülpen von Digital auf allen Ebenen nicht die perfekte
Lösung der Zukunftsplanung ist.Apothekers sind ja auch ganz gierig auf Alles was nach IT aussieht,dabei sieht man an derart vielen Stellen, dass
die Analogie zumindest gleichwertig ist:Das sieht man beim Auto, der Digitalmist kostet Energie ,verursacht Kosten bei Schäden die sich gewaschen haben.Das sieht man im Einzelhandel ,wo das Digitale bei Lieferproblemen einfach dies mitteilt OHNE Informationen wann die Sache behoben ist,
das sieht man am Fahrkartenautomaten oder auch bei McDonalds Bestellungen(manchmal braucht man das..),wo dann erstmal ein
Lieferdienst digital zwischengeschaltet wird .Der Hunger ist dann aber vorbei,da der Vorgang umständlich ist.Das sieht man -Beispiele bekannt,
beim täglichen Bankumgang, wo der Digitaldienst öfters Korrekturen bzw. "Wartung" braucht.Dass der Versandhandel-digital-auch nach inzwischen langer Installation vielfach einfach unzuverlässig zu Arbeiten scheint, ist ja auch nichts Neues.Oder die digitale Übersendung der Covid-Impfstoffe usw.Fazit:Alles Digital;Macht das Leben schmal .

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Kommentar

von Gregor Nelles am 08.08.2021 um 11:05 Uhr

Ja, Ich sehe es schon vor mir, wie die Kunden mit einem QR-Code in der Apotheke stehen und die Apothekerinnen diesen QR-Code nicht auslesen können und die Arzneimittelversorgung in ihren Grundfesten erschüttert wird. Ich werde dann allen die Telefonnummer von Herrn Spahn geben oder vom Bundesministerium für Gesundheit da können Sie dann ihre Beschwerden hinrichten und ihre Klagen .
Bei der Vergütung von sechs Euro für den digitalen Impfpass können wir natürlich keine umfangreichen Prüfungen mehr machen der Personen , die vor uns stehen oder aus welchen Ländern die Personen kommen. Das geht natürlich bei diesem Preis nicht mehr.
Bezüglich des Versandhandels kann man nur sagen, dass die Benachteiligung der Bundes deutschen Apotheken jetzt enden muss und wir den Versandhandel auch für deutsche Apotheke ins benachbarte EU Ausland fordern müssen. Es ist doch nicht einzusehen, dass in Bezug auf die Impfstoffverteilung europäisch gedacht wird und gehandelt wird und der Arzneimittel Versand nur nach Deutschland hinein erlaubt wird, aber wir Deutschen Apotheker dürfen nicht nach Österreich in den Niederlanden Frankreich und Polen Uwe. unserer Arzneimittel unsere wertvollen Arzneimittel verschicken. Dies muss jetzt enden.

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