Superfoods-Beratungswissen – Teil 18

Meeresgemüse – Algen gegen milliardenfachen Hunger?

Stuttgart - 07.07.2021, 07:00 Uhr

Keine andere Nahrungspflanze erzeugt in so kurzer Zeit so viel Biomasse wie Algen. Ein Nährstoffwunder sind sie jedoch nicht. Aufgrund des hohen Iodgehalts sollten sie mit Bedacht konsumiert werden. (Foto: Elena Schweitzer / AdobeStock)

Keine andere Nahrungspflanze erzeugt in so kurzer Zeit so viel Biomasse wie Algen. Ein Nährstoffwunder sind sie jedoch nicht. Aufgrund des hohen Iodgehalts sollten sie mit Bedacht konsumiert werden. (Foto: Elena Schweitzer / AdobeStock)


Chlorella – in Deutschland gezüchtet

Chlorella ist eine weit verbreitete grüne Süßwasseralge. Sie bildet kugelförmige, einzeln vorliegende sehr kleine Zellen, die Chlorophyll enthalten. Die Chlorella-Alge ist in der Wissenschaft besonders bekannt, weil an ihr in den 1950er-Jahren die Photosynthese erforscht und aufgeklärt wurde.  
In Deutschland gibt es seit 1999 eine Produktionsanlage, in der Chlorella in einem 500 km langen Glasröhrensystem kultiviert wird. So kann von allen Seiten Licht auf die Alge fallen, was die Vermehrung ankurbelt. Alle drei Tage kann ein Drittel der Biomasse geerntet werden.  
Verwendung findet Chlorella zur Grünfärbung von Lebensmitteln, als Wirkstoff in Kosmetika und zur Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln.  
Die Alternativmedizin verspricht durch Chlorella eine Schwermetallausleitung aus dem Körper, vor allem nach der Entfernung von Amalgam aus den Zähnen. Als Begründung wird angeführt, dass die aus Zellulose-Schichten aufgebauten Zellwände der Algen eine hohe Bindungskapazität für toxische Stoffe besitzen. Deshalb filtern Algen auch die Gewässer, in denen sie leben. Das heißt im Gegenzug: Algen aus natürlicher Umgebung können mit toxischen Stoffen und in den Gewässern befindlichen Mikropartikeln belastet sein. Wissenschaftlich belegt ist ein Engiftungseffekt von Chlorella im menschlichen Organismus nicht. Wegen seines Vitamin-B12-Gehalts wird Chlorella für Vegetarier und Veganer angepriesen. Doch die Mengen des Vitamins sind äußerst gering und nicht geeignet, einen Vitamin-B12-Mangelstatus zu beheben.

Kein Nährstoffwunder

Nahrungsergänzungsmittel mit Chlorella werden im Internet beworben als „wahre Nährstoffwunder“ mit einem „Powerpaket“ an Vitaminen, Mineralien, essenziellen Fett- und Aminosäuren sowie Chlorophyll mit vitalisierender Wirkung auf den ganzen Körper, Diabetiker-freundlichen Kohlenhydraten und Ballaststoffen für eine gute Verdauung. Bei einer empfohlenen Tagesdosis von sechs Gramm kann man sich allerdings schwer vorstellen, dass die Makronährstoffe Protein, Fett, Kohlenhydrate oder gar für die Ballaststoffe schon aus rein quantitativer Sicht einen Effekt auslösen können. Wissenschaftlich belastbare Belege für Gesundheitsaussagen zu Chlorella oder für die ernährungsphysiologische Bedeutung von Chlorophyll gibt es nicht. 

Spirulina & Co.

Außer Chlorella spielen Spirulina und AFA-Algen, die beide in die Welt der Cyanobakterien gehören, eine beachtliche Rolle auf dem heiß umkämpften Markt der Nahrungsergänzungsmittel. Mehr zu diesen beiden Mikroalgen lesen Sie in der nächsten Folge unserer Superfood-Serie. 

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Ausblick

Ist die Alge ein Lebensmittel der Zukunft für zehn Milliarden Menschen auf dem Planeten? Faszinierend ist das schnelle Wachstum von Algen. Keine andere Nahrungspflanze erzeugt in so kurzer Zeit so viel Biomasse wie Algen. Außerdem ist die Algenzüchtung unabhängig von Ackerflächen und Bodenqualität. Die Idee, proteinhaltige Biomasse allein aus Sonnenenergie, Nährsalzen und Kohlendioxid zu gewinnen und dabei Sauerstoff zu produzieren, ist verlockend. In Deutschland gibt es einige Algenzucht-Forschungsprojekte, die auch im Zusammenhang mit Klimaschutzinitiativen stehen und zum Teil vom Europäischen Landwirtschaftsfonds unterstützt werden. Man darf gespannt auf Ergebnisse warten. 



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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