Programm zur Bundestagswahl 2021

Linke setzt auf wohnortnahe Gesundheitsversorgung

Berlin - 02.07.2021, 15:45 Uhr

Das Linken-Spitzenduo Dietmar Bartsch und Janine Wissler präsentierte beim Parteitag am 20. Mai das Wahlprogramm – was steckt für die Apotheken drin? (Foto: IMAGO / Political-Moments)

Das Linken-Spitzenduo Dietmar Bartsch und Janine Wissler präsentierte beim Parteitag am 20. Mai das Wahlprogramm – was steckt für die Apotheken drin? (Foto: IMAGO / Political-Moments)


Es hat ein wenig gedauert, doch am gestrigen Donnerstag hat „Die Linke“ ihr am 20. Juni beschlossenes Programm zu Bundestagswahl 2021 veröffentlicht. Das Kapitel zur Gesundheit legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Pflege. Explizite Aussagen zu Apotheken, wie sie vor vier Jahren noch im Wahlprogramm der Linken zu finden waren, gibt es diesmal nicht. Die Partei fordert lediglich, dass Apotheken – ebenso wie andere Gesundheitsberufe – „überall erreichbar“ sein müssen. Sie plädiert zudem erneut für die Abschaffung von Rabattverträgen und will „die Macht der Pharmaindustrie brechen“.

Der Deutsche Bundestag hat sich in die parlamentarische Sommerpause verabschiedet. Nun kann der Bundestagswahlkampf richtig loslegen. Wer wird am 26. September das Rennen machen? Wer wird nach 16 Jahren Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das Ruder in der Regierung übernehmen? Und wie wird sich die Opposition zusammensetzen?

Janine Wissler und Dietmar Bartsch werden die Linke als Spitzenduo in den Wahlkampf führen. Derzeit hat die Partei 69 Sitze im Deutschen Bundestag – von insgesamt 709. Sie konnte bei der vergangenen Bundestagwahl 9,2 Prozent der Wählerstimmen für sich verbuchen. In diesem Jahr kommt die Linke bei den Umfragen der Meinungsforschungsinstitute bislang auf rund 7 Prozent – der Wiedereinzug der Partei in den Bundestag sollte also gesichert sein.

Doch welchen Input wird die Linke in der nächsten Legislaturperiode geben – speziell in der Gesundheitspolitik? Zumal, wenn die bisherigen Gesundheitspolitiker:innen der Bundestagsfraktion im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten sein werden? DAZ.online hat sich das am 20. Juni beschlossene und seit gestern im Internet veröffentlichte Wahlprogramm unter diesem Aspekt angeschaut.

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Linke muss sich in der Gesundheitspolitik neu aufstellen

Das Wahlprogramm trägt den Titel „Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit!“. Soziale Gerechtigkeit ist das zentrale Thema für die Linke – auch im Kapitel zu Gesundheit und Pflege. Darin hat das Thema Pflege eine besondere Stellung. „Der Pflegenotstand muss endlich gestoppt werden!“, lautet eine Kernforderung. Unter anderem mit 100.000 Pflegekräften mehr in den Krankenhäusern und 100.000 Pflegekräfte mehr in den Pflegeheimen – sowie 500 Euro mehr Grundgehalt. Im Krankenhausbereich soll nach dem Willen der Linken das Fallpauschalensystem abgeschafft werden. Kliniken sollen zudem möglichst zurück in öffentliche oder gemeinnützige Hand.

Regionale Zentren als Rückgrat der wohnortnahen Gesundheitsversorgung

Was den ambulanten Bereich angeht, tritt die Linke für „eine gute, flächendeckende, barrierefreie und bedarfsdeckende gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land ein“. Kriterien seien Wohnortnähe und Erreichbarkeit mit ÖPNV, kurze Wartezeiten auf einen Termin und eine gute Notfallversorgung, Barrierefreiheit und Altersgerechtigkeit. Regionale Versorgungszentren mit einer „Versorgung aus einer Hand“ sollen mittelfristig zum „Rückgrat der wohnortnahen Gesundheitsversorgung“ werden. Die stationäre und die ambulante Versorgung soll gemeinsam nach Gemeinwohlinteressen geplant und gestaltet werden. Apotheken und andere Gesundheitsberufe wie Psychotherapeut:innen, Physio- und Ergotherapeut:innen und Hebammen „müssen überall erreichbar sein“.

Damit haben sich die Ausführungen zu Apotheken bereits erschöpft. Im Wahlprogramm 2017 hatte sich die Linke beispielsweise noch ausdrücklich gegen Apothekenketten ausgesprochen und forderte eine Begrenzung des Arzneimittelversandhandels. Allerdings knöpft sich die Linke durchaus den Pharmabereich vor. Der Zwischentitel zeigt, die Stoßrichtung auf: „Die Macht der Pharmaindustrie brechen! Gesundheitsforschung demokratisieren!“

Positivliste und Preisbegrenzungen für Arzneimittel

Die Krankenkassen geben in Deutschland pro Jahr mehr als 41 Milliarden Euro für Arzneimittel aus, konstatieren die Linken im Weiteren – mit steigender Tendenz. Für Krebs-, Rheuma- und Multiple-Sklerose-Mittel würden „im ersten Jahr nach der Zulassung Fantasiepreise gezahlt“. Daher fordert die Partei, Arzneimittelpreise „effektiv und per Gesetz“ zu begrenzen. Patienten sollen hingegen von Zuzahlungen und den Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel entlastet werden. „Wir wollen, dass alle Patienten*innen mit sicheren und wirksamen Arzneimitteln nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft versorgt werden – unabhängig von ihrem Einkommen und ihrer Erkrankung.“ Die Lösung der Linken lautet: „Alle Medikamente mit nachgewiesenem Nutzen müssen vollständig erstattet werden. Dafür muss eine Positivliste eingeführt werden.“ Zugleich fordert die Partei, dass alle Medikamente nur durch wissenschaftliche Studien ihre Zulassungen bekommen dürfen. „Sonderwege ohne wissenschaftliche Grundlagen müssen abgeschafft werden.“ In der weiteren Liste der Forderungen findet sich auch die, Rabatt- und andere Selektivverträge abzuschaffen.

Die Forschung betrachtet die Linke ebenfalls kritisch – sie muss aus ihrer Sicht öffentliche Aufgabe sein, der Einfluss der Pharmakonzerne müsse zurückgedrängt werden. „Die Pharmaindustrie muss dem Gemeinwohl verpflichtet und unter demokratische Kontrolle gestellt werden.“ Auch von Patenten hält die Partei wenig . Diese könnten „tödlich sein“, heißt es im Programm mit Hinweis auf die international ungleiche Verteilung von Corona-Impfstoffen. Die Pandemie stützt die Partei auch in ihrer Annahme, dass man sich von Big Pharma nicht abhängig machen dürfe. „Angesichts des Marktversagens bei der weltweiten Versorgung mit den dringend benötigten COVID-19-Impfstoffen und der Gefahr zukünftiger Pandemien, dürfen wir die Produktion von Impfstoffen nicht mehr Konzernen überlassen. Daher schlagen wir den Aufbau einer öffentlichen Impfstoffproduktion (im Sinne von regional vaccin manufacturing hubs) vor, weltweit koordiniert über WHO und UN.“

Zu den gesundheitspolitischen Forderungen der Linken gehört zudem eine „solidarische Gesundheitsvollversicherung“, in die alle einzahlen. Die Trennung von gesetzlicher und privater Versicherung soll fallen, ebenso die Beitragsbemessungsgrenze.

Das gesamte Wahlprogramm der Linken finden Sie hier.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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