Geringere Immunantwort gegen Delta-Variante

Kürzere Impfabstände für Biontech/Pfizer-Impfung?

Stuttgart - 18.06.2021, 09:15 Uhr

Könnte es sinnvoll sein, die Impfabstände zu verkürzen? (s / Foto: phichak / AdobeStock)

Könnte es sinnvoll sein, die Impfabstände zu verkürzen? (s / Foto: phichak / AdobeStock)



Wie effektiv ist bereits eine Impfung?

Noch geringer fiel die Antikörperantwort nach nur einer Impfdosis aus. Viele Länder, unter anderem das Vereinigte Königreich und Deutschland, haben – um bei knappem Impfstoff möglichst viele Menschen zumindest einmal zu impfen – die Impfabstände zwischen der ersten und zweiten COVID-19-Impfdosis verlängert. Geht ein längeres Impfintervall aber vielleicht zulasten der gebildeten Antikörpermenge? Es kommt auch hier auf die Variante an – das fanden zumindest die britischen Wissenschaftler:innen. Die Neutralisierung der besorgniserregenden Varianten (Variants of Concern, VOC) aus Großbritannien, Südafrika und Indien unterschied sich nach nur einer Dosis „deutlich“ von der Neutralisierung der Wildtyp-Variante und der D614G-Variante.

Einer Mitteilung des Francis Crick Institutes zufolge hatten nach einer Dosis Comirnaty® 79 Prozent der Geimpften quantifizierbare neutralisierende Antikörper gegen den ursprünglichen Stamm, aber nur 50 Prozent hatten Antikörper gegen die Alpha-Variante B.1.1.7. Noch geringer fiel die Antikörperreaktion bei der Delta- und Beta-Variante aus: 32 Prozent der einmal Geimpften hatten nachweisbare neutralisierende Antikörper gegen B.1.617.2 (indische Variante) und 25 Prozent gegen B.1.351 (südafrikanische Variante).

Besser eine Impfung als keine Impfung – doch zwei Dosen schützen besser

Waren die Studienteilnehmer:innen folglich nur einmal geimpft, entwickelten sie signifikant weniger neutralisierende Antikörper gegen die Delta-Variante aus Indien und die südafrikanische Beta-Variante als gegen die B.1.1.7-Variante, die erstmals in Großbritannien entdeckt wurde. „Obwohl eine Einzeldosis immer noch deutlich mehr Schutz bietet als keine Impfung, sind Empfänger einer Einzeldosis wahrscheinlich weniger gegen diese SARS-CoV-2 Varianten geschützt“, schreiben die Wissenschaftler:innen. Sie hinterfragen die Vorteile bei verlängerten Impfabständen – damit wollte man zu Beginn der Impfungen möglichst vielen Menschen zumindest eine Erstimpfung zukommen lassen. Doch diese breitere Impfabdeckung müsse nun gegen individuell höhere Antikörpertiter – nach einer vollständigen Impfserie – abgewogen werden. „Weltweit unterstreichen unsere Daten die anhaltende Notwendigkeit, das Impfstoffangebot zu erhöhen, damit alle Länder den Schutz durch die zweite Dosis so schnell wie möglich ausweiten können.“

Erhöhtes Alter reduziert Antikörpertiter – was ist mit Geschlecht und BMI?

Die Wissenschaftler:innen machten eine weitere Entdeckung: So scheint das Alter ein wichtiger Faktor hinsichtlich der gebildeten neutralisierenden Antikörpermengen zu sein: Bei allen Varianten führte ein erhöhtes Alter der Probanden zu einem signifikant reduzierten Antikörpertiter. Hingegen scheinen Geschlecht und der Body-Mass-Index (BMI) keinen Einfluss auf die Menge an neutralisierenden Antikörper zu haben. 
Auffällig war auch, dass die Antikörper im Laufe der Zeit (8 bis 16 Wochen) nach der zweiten Dosis abnahmen – zwar betraf dieser Effekt tatsächlich Antikörper gegen alle Varianten, besonders ausgeprägt war der Antikörperverlust jedoch bei der Beta-(Südafrika) und Delta-Variante (Indien).

Best-Case-Szenario in der Studie untersucht

Die Wissenschaftler:innen geben jedoch einen Punkt zu bedenken: So seien die in der Studie Geimpften im Allgemeinen gesund, relativ jung und ihre Antikörpertiter kurz nach der Impfung bestimmt worden – ein „Best-Case-Szenario“. Bereits bei diesem Kollektiv zeigte sich jedoch, dass die neutralisierenden Antikörper gegen die Delta-Variante aus Indien und die Beta-Variante aus Südafrika im Vergleich zu den Antikörpern gegen frühere Varianten signifikant reduziert sind, folglich könne auf individueller Ebene oder auch in Teilpopulationen die Impfwirksamkeit weiter herabgesetzt sein.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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