Kammerversammlung Brandenburg

Dobbert: Bereiten Sie sich auf das E-Rezept vor!

Potsdam - 16.06.2021, 17:55 Uhr

Auch nach der Wahl bleibt an der Spitze der Apothekerkammer Brandenburg alles beim Bewährten: Jens Dobbert (l.) wurde als Präsident bestätigt. Ebenso Hansjörg Fabritz als erster Vizepräsident (r.) und Katrin Wolbring als zweite Vizepräsidentin. (c / Foto: DAZ.online)

Auch nach der Wahl bleibt an der Spitze der Apothekerkammer Brandenburg alles beim Bewährten: Jens Dobbert (l.) wurde als Präsident bestätigt. Ebenso Hansjörg Fabritz als erster Vizepräsident (r.) und Katrin Wolbring als zweite Vizepräsidentin. (c / Foto: DAZ.online)


An der Spitze der Landesapothekerkammer Brandenburg wird auch in den nächsten fünf Jahren Präsident Jens Dobbert stehen. Die Delegierten wählten ihn bei der heutigen konstituierenden Kammerversammlung einstimmig. Der Apotheker aus Forst versprach, er werde auch „weiterhin streitbar“ sein. Attacken in Richtung ABDA blieben jedoch aus – vielmehr präsentierte sich Dobbert als echter Fan der apothekereigenen Portale. Zugleich appellierte er an die Kollegen und Kolleginnen, sich von Plattformen anderer Anbieter fernzuhalten.

Die letzte Brandenburger Kammerversammlung mit leibhaftig anwesenden Delegierten hatte im November 2019 stattgefunden – dann brachte SARS-CoV-2 das Leben weltweit, in Deutschland und nicht zuletzt in den Apotheken durcheinander. Die großen Herausforderungen für die Apotheken sind bekannt – doch an der Anerkennung für ihre Leistungen, vor allem aus der Politik, hapert es zuweilen. Bevor bei der heutigen konstituierenden Versammlung die Wahlen anstanden, dankte der Präsident der Landesapothekerammer Brandenburg, Jens Dobbert, den Kolleginnen und Kollegen im Land für ihren Einsatz in der Pandemie. Sie sorgen nicht nur für eine durchweg stabile Arzneimittelversorgung, sondern übernehmen auch zahlreiche neue Aufgaben. „Keine andere Institution wäre so schnell in der Lage gewesen, von heute auf Morgen die Bevölkerung auf Bezugsschein mit Schutzmasken zu versorgen“, zeigte sich Dobbert überzeugt.

Allerdings sei der Druck auf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) groß gewesen, sodass er mitten in der Maskenausgabe die Vergütung gekürzt habe. Und das sei nicht die einzige Kürzung in der Pandemie gewesen. Auch die Botendienstgebühr wurde bekanntlich halbiert. Bestraft wurden jene, die die Arbeit vor Ort geleistet haben, während es auf der anderen Seite Politiker gab, die sich an der Vermittlung von Masken bereicherten, konstatierte Dobbert.

Und als nächstes steht eine geringere Bezahlung für die Durchführung von Corona-Schnelltests vor der Tür. Dabei seien die Apotheken mit die ersten gewesen, die Teststationen aufgebaut haben. Aus Erfahrung mit dem Testangebot in seiner eigenen Apotheke wisse er, wie dankbar die Menschen das Angebot annahmen. Doch was bekommen die Apotheken? Voraussichtlich eine Vergütungskürzung auf 12,50 Euro ab 1. Juli. Und das auch, weil mittlerweile jeder, der will Bürgertests anbieten kann und einige dies offenbar für beliebige Abrechnungen nutzen. Angesichts der geplanten neuen Pflichten rund ums Testen bei geringerer Bezahlung, vermutet Dobbert, dass „viele Apotheken vom Netz gehen werden“.

Digitale Impfzertifikate: Es ruckelt, aber läuft

Auch die Versorgung der Ärzte mit COVID-19-Impfstoffen mit den beständig neuen Maßgaben sei eine Herausforderung für die Apotheken in Sachen Organisation und Dokumentation. Der viel beschworene „Impf-Turbo“ sei angesichts der nach wie vor viel zu vielen Kürzungen bei den Bestelllungen noch immer nicht gezündet. Und seit vergangenem Montag gibt es schon wieder eine neue Aufgabe, für die die Apotheken „Gewehr bei Fuß“ stehen: die Ausstellung der digitalen Impfnachweise. Über die  Aufgabe an sich will Dobbert nicht schimpfen: Auch wenn es bei der neuen Plattform am Montag und Dienstag noch „etwas geruckt“ habe – dies sei aber nicht ungewöhnlich, wenn 15.000 Apotheken gleichzeitig auf diese zugreifen. Die Apotheken hätten die Möglichkeit geschaffen und seien nun in der Lage, die Bevölkerung mit den Impfzertifikaten zu versorgen. Auf einem anderen Blatt steht, wie viele noch bereit zu dem Service sind, wenn auch hier die Vergütung schon zwei Wochen später auf ein Drittel gesenkt werden wird.

Plattformen: Lassen Sie sich nicht bequatschen!

Nach seiner Wiederwahl nahm Dobbert zwei weitere Themen in den Fokus: die Digitalisierung sowie das Brandenburger Dauerprojekt, einen Pharmaziestudiengang im eigenen Bundesland zu etablieren.

Was die Digitalisierung betrifft, bemühte sich der Kammerpräsident, mögliche Ängste vor dem E-Rezept zu nehmen, das am 1. Juli in der Fokusregion Berlin-Brandenburg in den nächstgrößeren Testlauf geht. Bis 2026 werde das Muster 16 Rezept den Apotheken erhalten bleiben. Erst ab Juli 2026 müssen beispielsweise auch Hilfsmittelrezepte elektronisch ausgestellt werden. Künftig gebe es eben eine andere Art von Papier: Eines mit verschiedenen QR-Codes darauf, die dann einzulesen sind – der Rest laufe übers Rechenzentrum. Mit dem Makelverbot auch für den Token sei man zudem jetzt auch rechtlich auf der sicheren Seite, sagte er mit wertschätzendem Blick auf die Arbeit der Berliner Standesorganisation. Wichtig ist laut Dobbert dennoch die richtige Vorbereitung auf das E-Rezept – darauf, dass früher oder später voraussichtlich nur noch halb so viele Kunden in die Apotheke kommen werden, während der Rest den digitalen Weg gehen wird. Darauf müsse man die Abläufe in der Apotheke einspielen, etwa den Botendienst.

Apothekenportale mit viel Potenzial

Der Kammerpräsident warnte in diesem Zusammenhang auch eindringlich davor, sich jetzt überstürzt den diversen Plattformen anzuschließen, die die Apotheken derzeit umwerben. Man sollte sich bewusst sein: „Alle wollen an die Daten der Patienten“ – nicht Gold, sondern Daten seien die Währung unserer Zeit. Und zudem wollen die Anbieter eine Vergütung. Man müsse sich nur einmal durchrechnen, was der Apotheke übrig bleibe, wenn ein OTC über einen solchen Anbieter bestellt wird: abzüglich Transaktionsgebühren, den Kosten für den Botendienst und dann noch einer Zahlung per Karte. Das ist nicht viel, so Dobbert. Zudem verlören die Apotheken ihre Individualität und ihre Identität, wenn sie sich in einheitliche Online-Shops drängen lassen. Hier würden derzeit Ängste geschürt, so der Kammerchef. „Bitte lassen Sie sich nicht bequatschen“. Er ist vielmehr der Auffassung, dass die Apotheken mit mein-apothekenportal.de bestens bedient sind. Die Verbände hätten mit den Beiträgen ihrer Mitglieder eine „super Geschichte“ auf die Beine gestellt. Dobbert ist auch offen dafür, dass Nicht-Verbandsmitglieder das Portal nutzen können – dann allerdings gegen Bezahlung. Zusammen mit dem Kundenportal mein-apothekenmanger.de hat es aus Dobberts Sicht viel Potenzial. Auch weil eine nicht App nötig ist – später könnten dann aber E-Rezepte von der Gematik- auf die DAV-App geleitet werden.

Resolution für Pharmaziestudiengang in Brandenburg

Nicht zuletzt darf bei einer Brandenburger Kammerversammlung das Thema Ausbildung im eigenen Land nicht fehlen. Nachdem es Hoffnung gegeben hatte, in Cottbus könne ein Pharmaziestudiengang an der BTU geschaffen werden, kam zu Jahresbeginn eine Absage aus der Potsdamer Staatskanzlei. Durch Corona und die damit verbunden Ausgaben sei es derzeit nicht möglich, den Studiengang zu etablieren. Doch Dobbert lässt sich nicht so schnell unterkriegen: „Wir geben nicht auf“. Die Kammerversammlung beschloss in diesem Sinne eine Resolution zur Einrichtung eines Pharmaziestudiengangs sowie eines Förderprogramms  für öffentliche Apotheken in Brandenburg.

Nicht nur Dobbert wurde als Präsident einstimmig von den Delegierten bestätigt. Das Gleiche gilt für den 1. Vizepräsidenten Hansjörg Fabritz und die 2. Vizepräsidentin Katrin Wolbring. Gegenkandidaten gab es nicht. Darüber hinaus wurden die Beisitzer im Vorstand neu gewählt und verschiedene Ausschussposten vergeben. Nach einer Änderung des Brandenburger Heilberufsgesetzes beträgt die Amtszeit nun nicht mehr vier, sondern fünf Jahre.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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