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4. Juni 2021
Nur mal so am Rande: Nächste Woche, am 7. Juni, ist Tag der Apotheke. Tag der was? Ja, Tag der Apotheke, am 7. Juni. Seit 1998 ist das so. Mein liebes Tagebuch, gefühlt hat sich dieser Tag nicht so recht in das Bewusstsein unserer lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, aber auch nicht in die Agenda unserer Medien eingebrannt. Ich vermute sogar, dass die Medienlandschaft jährlich aufs Neue überrascht ist, wenn die ABDA zur Pressekonferenz zum Tag der Apotheke einlädt. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass dieser Termin in den vergangenen Jahren kaum eine große Botschaft überbrachte, und der ABDA-Öffentlichkeitsarbeit vielleicht auch das Kleingeld fehlte, den Tag der Apotheke groß herauszubringen. Nun könnte sich der Tag der Apotheke in diesem Jahr ein wenig anders darstellen, denn er hat eine echte Botschaft: „Das E-Rezept kommt!“ Ja, mein liebes Tagebuch, da bahnt sich doch genau betrachtet eine kleine Revolution an: Es wird kein Papier, keinen rosafarbenen Zettel mehr geben, auf dem der Arzt, die Ärztin ihren Patientinnen und Patienten die Arzneimitteltherapie verordnet. Die Verordnung wird elektronisch, das E-Rezept kommt – das könnte doch wirklich ein echter Knaller sein. Zumal das E-Rezept doch auch viele Vorteile mit sich bringt. Das Dumme dabei ist nur, bisher kennen die wenigsten Bürgerinnen und Bürger das E-Rezept: 63% haben noch gar nichts davon gehört und 20 % haben früher mal davon gehört. Ob das wirklich eine passende Botschaft zum Tag der Apotheke ist: Hey, liebe Leut, da kommt was auf euch zu, das ihr noch gar nicht kennt! Und mal ehrlich, wer an der Pressekonferenz teilgenommen hat, wird mir vermutlich beipflichten: So richtig lebendig und mit Enthusiasmus, mit Aufbruchstimmung für ein neues Zeitalter kam die Ankündigung des E-Rezepts auf der Pressekonferenz nicht wirklich über, eher lustlos, was auch an der miserablen Tonqualität der Videokonferenz gelegen haben mag. Und statt zu bedauern, dass nur wenige bisher vom E-Rezept gehört haben, hätte die Botschaft doch sein können: Wir freuen uns aufs E-Rezept, das vieles leichter und einfacher machen wird. Und keine Sorge, liebe Bürgerinnen und Bürger, eure Apotheken vor Ort nehmen euch an die Hand und geben euch alle Informationen, wie das mit dem E-Rezept funktioniert. Und zur Not gibt’s auch weiterhin ein E-Rezept – auf Papier. Eure Apotheken sind für euch da. Mein liebes Tagebuch, aber für diese Botschaft hätte die ABDA bereits im Vorfeld ein Konzept erarbeiten müssen, wie die Apotheken die Bevölkerung zum E-Rezept informieren – das wäre jedenfalls eine positive Ankündigung zum Tag der Apotheke gewesen.
Wie soll das mit den honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen eigentlich laufen? Der Deutsche Apothekerverband und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen verhandeln zwar seit geraumer Zeit darüber, welche Leistungen die Apotheken anbieten sollen und was sie kosten dürfen, aber, mein liebes Tagebuch, hier liegt so manches, nein, fast alles noch im dichten Nebel. Man hört jedenfalls nichts. Und dabei soll eine Vereinbarung bis zum 30. Juni 2021 stehen, andernfalls entscheidet die Schiedsstelle. Mein liebes Tagebuch, wir wollen mal nicht unken, aber die Erfahrung aus früheren Verhandlungen zwischen Apotheker- und Kassenverband lehrt uns, dass es auf einen Schiedsstellenspruch hinausläuft. Nun ja, es ist nicht das einzige Dilemma, in dem diese Dienstleistungen stecken. Da gibt’s noch einige weitere ungeklärte Fragen, über die man bisher von offizieller Seite noch nichts gelesen oder gehört hat. Also, ab 15. Dezember 2021 wird das Geld zur Finanzierung der honorierten Dienstleistungen eingesammelt, 20 Cent für jede Packung eines Rx-Fertigarzneimittels fließen in einen Topf. Laut ABDA sollen so 150 Mio. Euro im Jahr zusammenkommen. Rein rechnerisch würden da pro Apotheke knappe 8000 Euro im Jahr zur Verfügung stehen – und das soll angeblich ein zukünftiges Standbein für unsere Apotheken werden. Nicht gerade üppig. Wobei vermutlich nicht alle Apotheken Dienstleistungen erbringen können und auch nicht wollen. Und es gibt eine Menge an Fragen, die immer noch offen sind: Welche Dienstleistungen sollen da im einzelnen erbracht werden, welches Honorar steht für eine Dienstleistung zur Verfügung, wer veranlasst überhaupt eine Dienstleistung (Arzt, Apotheke, Patient, Krankenkasse) und was ist, wenn der Honorartopf im Lauf eines Jahres leer sein sollte, gibt’s dann keine Dienstleistungen mehr? Wird der Patient dann aufs nächste Jahr vertröstet? Mein liebes Tagebuch, kann so ein Konstrukt mit einem gedeckelten Honorartopf überhaupt ein vernünftiges Standbein der Apotheke werden? DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn hat sich den Komplex der honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen mal angesehen und einen Vorschlag erarbeitet, wie das Honorar verteilt werden könnte. Eine Grundidee des Vorschlags ist, dass die Apotheken selbst die Zahl der Leistungen steuern können müssen. Mein liebes Tagebuch, die Frage bleibt, was ist, wenn mehr Dienstleistungen erbracht werden könnten, aber kein Geld mehr da ist?
7 Kommentare
Honorierte Dienstleistungen
von Karl Friedrich Müller am 06.06.2021 um 15:58 Uhr
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@Kommentar Michael Zeimke
von Gunnar Müller, Detmold am 06.06.2021 um 15:45 Uhr
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Hirschhausen Buch
von Cs am 06.06.2021 um 14:47 Uhr
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Fragen über Fragen
von Dr.Diefenbach am 06.06.2021 um 12:52 Uhr
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AW: Fragen über Fragen
von Sabine Schneider am 06.06.2021 um 13:50 Uhr
Spahn
von Conny am 06.06.2021 um 8:32 Uhr
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AW: Spahn
von Michael Zeimke am 06.06.2021 um 14:26 Uhr
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