Hypothyreose

L-Thyroxin doch nicht für immer und ewig?

Waren (Müritz) - 28.05.2021, 07:00 Uhr

Auch Absetzversuche sind bei Schilddrüsenhormonen bei manchen Patienten möglich. (Foto: SciePro / AdobeStock)

Auch Absetzversuche sind bei Schilddrüsenhormonen bei manchen Patienten möglich. (Foto: SciePro / AdobeStock)


Nicht mehr als „Labor-Kosmetik“?

Die Diskussion darüber, ob ein leicht erhöhter TSH-Wert überhaupt behandelt werden sollte, reißt nicht ab. Die Patientiennen und Patienten sind in der Regel beschwerdefrei. Die Diagnose „Subklinische Hypothyreose“ wird allein anhand von Laborparametern gestellt. Dabei variieren die Referenzbereiche für den TSH-Wert international und auch innerhalb Deutschlands. Die Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin definiert einen Normbereich von 0,4 - 4,0 mU/l. Noch vor etwa 15 Jahren war eine Obergrenze von 2,5 im Gespräch. Je niedriger sie liegt, desto mehr Menschen werden als krank definiert. Dabei ist der TSH-Wert an sich ein launischer Parameter: Er hängt unter anderem vom Alter und Körpergewicht ab, kann durch Grunderkrankungen oder Arzneimittel verändert werden und unterliegt auch tageszeitlichen Schwankungen.

Konsens herrscht darüber, dass Patienten mit einem TSH-Wert ≤ 10 mU/L auf eine Hormonsubstitution verzichten können, da die Evidenz für einen Nutzen fehlt, sofern keine relevanten Beschwerden bestehen. Bei höheren Werten ist es eine Frage des Alters. Für Personen bis 70 Jahre gibt es Hinweise darauf, dass eine subklinische Hypothyreose ein Risikofaktor für die Entwicklung und Verschlechterung einer Herzinsuffizienz sowie einer koronaren Herzkrankheit ist. Diese Patienten könnten von einer Hormonsubstitution profitieren. Ältere Patienten sollen nur behandelt werden, wenn ein vaskuläres Risiko besteht oder Beschwerden vorliegen. Ab einem Alter von 85 Jahren sollte man eine Therapie generell kritisch hinterfragen.

Die Entscheidung für oder gegen eine Hormonbehandlung im Fall einer subklinischen Hypothyreose sollte immer von Arzt und Patient gemeinsam getroffen werden. Und selbst wenn man sich für eine Therapie entscheidet, ist sie keine Einbahnstraße.

Jeder dritte Patient blieb nach dem Absetzen euthyreot

Noch ist die Evidenz für das Absetzen von Schilddrüsenhormonen begrenzt. Nydia Burgos von der University of Puerto Rico und ihre US-amerikanischen Kollegen sichteten in einer Meta-Analyse die bis dato verfügbare wissenschaftliche Literatur, insgesamt 17 Beobachtungsstudien mit den Daten von 1.103 Patienten (86 Prozent Frauen). Nach Absetzen der Hormone zeigten 37,2 Prozent der Patienten bei der Nachuntersuchung (im Median nach 5 Jahren) normale Laborwerte. Die Wahrscheinlichkeit, nach Ende der Therapie euthyreot zu bleiben, war bei Patienten, die ursprünglich wegen einer subklinischen Hypothyreose behandelt wurden, deutlich höher war als bei solchen mit der Erstdiagnose manifeste Hypothyreose (35,6 Prozent vs. 11,8 Prozent). Nach gepoolten Schätzungen mussten 65,8 Prozent der Patienten während des Beobachtungszeitraums die Schilddrüsenhormone wieder ansetzen. Bei Patienten mit einer manifesten Hypothyreose waren es 87,2 Prozent.



Rika Rausch, Apothekerin
redaktion@daz.online


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