MDR, ApBetrO und MPAV

Wann sind Medizinprodukte apothekenpflichtig, wann verschreibungspflichtig?

Stuttgart - 26.05.2021, 13:45 Uhr

Die Apothekenpflicht für Medizinprodukte ist der Ausnahmefall. (Foto: Dan Race / AdobeStock)

Die Apothekenpflicht für Medizinprodukte ist der Ausnahmefall. (Foto: Dan Race / AdobeStock)


Ein Blick in die Medizinprodukte-Abgabeverordnung

Die Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung erfüllen die Apotheken also nur dann, wenn auch apothekenpflichtige Medizinprodukte routinemäßig und stichprobenartig überprüft werden. Welche Medizinprodukte als apothekenpflichtig gelten, definiert § 2 der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV). Darauf weist auch Juristin Schweim in ihrem Artikel in der aktuellen Ausgabe der DAZ hin. Apothekenpflichtige Medizinprodukte sind also solche, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, d. h. Arzneimittel, enthalten (die der Verschreibungspflicht nach der Arzneimittelverschreibungsverordnung unterliegen) oder auf die solche Stoffe aufgetragen sind. Damit gemeint sind Medizinprodukte, die apothekenpflichtige, verschreibungspflichtige oder nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel enthalten beziehungsweise verschreibungspflichtige Medizinprodukte sind. 

Ebenfalls apothekenpflichtig sind aber auch solche Medizinprodukte, die zur Anwendung durch Laien bestimmt sind, soweit sie Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen enthalten, die nach der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel apothekenpflichtig sind. Macrogole können sowohl als apothekenpflichtige und verschreibungspflichtige Arzneimittel zugelassen als auch als apothekenpflichtige und verschreibungspflichtige Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter zertifiziert sein.  

Außerdem zählen zu den apothekenpflichtigen Medizinprodukten diejenigen, die in Anlage 2 zur MPAV aufgeführt sind, dies sind aktuell nur Hämodialysekonzentrate.

Apothekenpflicht für Medizinprodukte ist der Ausnahmefall 

Doch darüber hinaus gelten auch alle nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MPAV verschreibungspflichtigen Medizinprodukten, die zur Anwendung durch Laien vorgesehen sind, als apothekenpflichtig. Doch Verschreibungspflicht bedeutet nicht automatisch auch Apothekenpflicht bei Medizinprodukten. Daher gilt die Apothekenpflicht nicht für Produkte, die aufgrund des Gefährdungspotenzials bei Anwendung durch Laien der Verschreibungspflicht unterworfen werden können (Auflistung in Anlage 1), zugleich aber keinen typischen „arzneimittelähnlichen“ Charakter besitzen, der einen ausschließlichen Vertrieb über die Apotheke rechtfertigen würde. Die oral zu applizierende Sättigungspräparate auf Cellulosebasis in Anlage 1 der MPAV unterliegen demnach der Verschreibungs-, aber nicht der Apothekenpflicht.

Medizinprodukte unterliegen desweiteren nicht der Packungsgrößenverordnung, sie sind nicht normiert und haben folglich keine N-Kennzeichnung. Medizinprodukte wären laut Sozialgesetzbuch V im Rahmen der Arzneimittelversorgung zunächst nicht verordnungsfähig. Für welche jedoch Ausnahmen gelten, listet Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie auf. Grundsätzlich lässt sich festhalten: Die Apothekenpflicht für Medizinprodukte ist der Ausnahmefall. Grundsätzlich sind alle Medizinprodukte, die sich rechtmäßig im Verkehr befinden, frei verkäuflich.

Die MPAV wird voraussichtlich weiterhin parallel zur MDR ihre Gültigkeit behalten, da diese Verordnung in den vergangenen Monaten im Rahmen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite (COVID-19-Pandemie) mehrfach angepasst wurde, zuletzt mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung vom 12. März 2021, woran die aktuelle Bedeutung dieser Vorschrift deutlich wird. Inwiefern die Apothekenberiebsordnung im Lichte der neuen MDR ein Update gerade hinsichtlich der zu überprüfendenden Medizinprodukte und der damit zusammenhängenden Anforderungen erhält, bleibt abzuwarten.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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