Studie zur Zukunft der Generika-Industrie

„Innovieren statt (nur) Kopieren“

Remagen - 26.05.2021, 09:15 Uhr

Wie könnte unsere Arzneimittelversorgung in zehn Jahren aussehen? (Foto: Kenishirotie / AdobeStock)

Wie könnte unsere Arzneimittelversorgung in zehn Jahren aussehen? (Foto: Kenishirotie / AdobeStock)


Wirkstoffproduktion mit Schwerpunkt in Asien

Im Jahr 2000 wurden 589 valide Wirkstoffzertifikate geführt, davon 59 Prozent in Europa und 31 Prozent in Asien. Im Jahr 2020 hat sich dieses Verhältnis umgekehrt: nun werden 63 Prozent in Asien gehalten und nur noch 33 Prozent in Europa. Aktuell werden 26 Prozent der Wirkstoffe (APIs) in Eu­ropa aus Indien importiert. Der Preis für die Tagesdosis des Antibiotikums Cephalo­sporin würde bei Produktion in Europa 46 Cent betragen. Zum Vergleich: Die Krankenkassen erstatten für ein durchschnittliches Generikum 6 Cent, rechnen die Studienautoren vor.          

Im Ergebnis gehen viele Insider der Generikabranche offenbar davon aus, dass die Zukunft auf Basis des bisher erfolgreichen Geschäftsmodells eine beschlossene Sache sein sollte. „Generika und Biosimilars wird es immer geben, weil das Gesundheits­wesen ohne preisgünstige Alternativen unter der Kostenlawi­ne zusammenbricht“, führen viele hierzu an.

3D-Technologie noch lange nicht massentauglich

Andere Experten halten es für durchaus denkbar, dass Originalpräparate fast so günstig werden könnten wie vormals Generi­ka, wenn Künstliche Intelligenzen und Quantencomputer marktreif werden. Denn dadurch würden die Forschungskosten dramatisch sinken. Die 3D-Technologie für Arzneimittel werde, in den nächsten 20 Jahren jedenfalls noch nicht massentauglich, so die einhellige Meinung des Expertenpanels. Sollte sie sich aber doch irgendwann durchsetzen, hätte das einen revolutionären Einfluss auf die Branche.

Firmen unterschätzen Plattformökonomie

Die Studie beleuchtet auch den Status quo und die mögliche zukünftige Bedeutung der Plattformökonomie für die Branche. Optimis­ten argumentieren, dass Plattformen mangels Know-how keine Arzneimittel produzieren könnten. Viele Experten sehen hier aber durchaus eine Bedrohung, denn: „Nicht mehr wer das Produkt hat, macht das bessere Geschäft, sondern wer die Plattform und die Daten hat, umgangssprachlich auch als ‚Amazon-Effekt‘ bezeichnet“, erklären die Studienautoren. Das Geschäfts- und Eroberungsmodell funktioniere in und mit jeder Branche und Ama­zons Offensive sei mit „Amazon Pharmacy“ bereits gestartet. Trotzdem unterschätzten zahlreiche Branchenexperten die Gefahren und Chancen der Plattformökonomie. Europäische Her­steller von Generika und Biosimilars lebten und arbeiteten eben seit Jahrzehnten mit großem Erfolg in einem regulierten und ge­schützten Marktumfeld, das seit vielen Jahren keine Disrup­tion erlebt habe, so die Einsicht einiger weniger. Sie könnten sich eine solche Disruption deshalb einfach nicht mehr oder noch nicht vorstellen, vermuten die SIBE-Experten.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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