Vektorimpfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson

Hilft ASS zur Vorbeugung von Thrombosen nach COVID-19-Impfung?

Stuttgart - 06.05.2021, 09:15 Uhr

Könnte man Thrombosen, die in sehr seltenen Fällen nach COVID-19-Impfungen mit den Vektorimpfstoffen von AstraZeneca oder Johnson & Johnson auftreten, durch die Gabe von ASS 100 mg vorbeugen? (Foto: SciePro / AdobeStock)

Könnte man Thrombosen, die in sehr seltenen Fällen nach COVID-19-Impfungen mit den Vektorimpfstoffen von AstraZeneca oder Johnson & Johnson auftreten, durch die Gabe von ASS 100 mg vorbeugen? (Foto: SciePro / AdobeStock)


Nach sehr seltenen Fällen von schweren Thrombosen nach Impfungen mit den COVID-19-Vektorimpfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson sind manche Menschen verunsichert. Wäre es nicht möglich, vor Impfung prophylaktisch ASS 100 mg einzunehmen, um die Thrombosen zu verhindern? Mit dieser Frage könnte nun der ein oder andere Patient in der Apotheke stehen.

Die COVID-19-Vektorimpfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson (Zulassungsinhaber Janssen) hatten einen schweren Start: Ungewöhnliche Blutgerinnsel in Verbindung mit verringerten Blutplättchenzahlen (Thrombozytopenie), die zwar sehr selten nach Impfung mit einer der beiden Vakzinen beobachtet worden sind, doch schwer verlaufen können, veranlassten CDC und FDA sowie die EMA, die Vektorimpfstoffe erneut zu prüfen. Ihr Fazit war pro Impfung: Sicherheit, Wirksamkeit und Nutzen der Vakzinen zum Schutz vor COVID-19 überwögen das Risiko eines TTS (Thrombose-Thrombozytopenie-Syndrom), hieß es. Dennoch verunsichert diese sehr seltene Nebenwirkung manche Menschen und lassen sie die Vektorimpfstoffe teilweise ablehnen.

TTS-Risiko versus COVID-19-bedingten Tod

Die CDC (Centers für Disease Control and Prevention) haben anhand einer Modellrechnung verglichen, wie viele Menschen in den nächsten sechs Monaten ein Thrombose-Thrombozytopenie-Syndrom entwickeln würden, wenn – was nun der Fall ist – die Vakzine von Johnson & Johnson-Impfstoff wieder in die US-Impfkampagne aufgenommen wird und wie viele Menschen COVID-19-bedingt sterben würden, wenn man auf den COVID-19-Impfstoff von Johnson & Johnson verzichtet. 

Würden alle Erwachsenen wieder mit Johnson & Johnson geimpft, erwartet die CDC in den nächsten sechs Monaten 26 bis 45 Fälle der Gerinnungsstörung. Allerdings ließen sich ihrer Rechnung zufolge dadurch im gleichen Zeitraum auch 600 bis 1.400 COVID-19-bedingte Todesfälle verhindern. Auch die ASH (American Society of Hematology) hat hierzu Zahlen vorgestellt: Mit derzeit 15 gemeldeten TTS-Fällen nach knapp 8 Millionen Johnson & Johnson-Impfdosen liegt die Inzidenz für diese Nebenwirkung bei zwei pro eine Million Geimpfter. Selbst in der höchsten Risikogruppe – bei Frauen unter 50 Jahren – kommt man auf sieben TTS-Fälle pro eine Million Impfungen, was immer noch deutlich unter den erwarteten COVID-19-Todesfällen liegt. Bei den derzeitigen Infektions- und Sterblichkeitsraten rechnet man mit 116 COVID-19-bedingten Todesfällen auf eine Million.

Warum die Thrombosen entstehen, konnten weder FDA noch EMA abschließend klären. Risikofaktoren – bestimmte Vorerkrankungen oder Arzneimittel oder genetische Dispositionen – sind derzeit nicht ausgemacht. Die CDC erwähnt zwar, dass sieben der 15 Frauen, nach der Johnson & Johnson-Impfung ein TTS entwickelten, fettleibig gewesen waren, zwei eine Schilddrüsenunterfunktion und zwei hohen Blutdruck gehabt hatten sowie zwei orale Verhütungsmittel eingenommen hatten, doch auch die CDC betont, dass noch nicht klar sei, ob einer dieser Faktoren das Risiko der Entwicklung der Gerinnungsstörung nach der Impfung erhöhe.

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Die EMA hält „eine Immunreaktion, die zu einem Zustand führt, der dem ähnelt, der manchmal bei mit Heparin behandelten Patienten beobachtet wird – die sogenannte heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT)“ – für plausibel. Eine nähere Erklärung findet sich bei der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung. Laut GTH kommt es durch die Impfung „wahrscheinlich im Rahmen der inflammatorischen Reaktion und Immunstimulation zu einer Antikörperbildung gegen Plättchenantigene“. Diese Antikörper bewirkten sodann abhängig oder unabhängig von Heparin „eine massive Thrombozytenaktivierung“  ähnlich der heparininduzierten Thrombozytopenie.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Antikoagulation

von Jerome am 07.05.2021 um 13:33 Uhr

Eine interessante Frage wäre gewesen, wie oft die CVT bei besagten PatientInnen, einschließlich derer, welche Vaxzevria bekommen haben, welche unter einer dauerhaften AK mit z.B. einem Vit. K Antagonisten, oder z.B. einem NOAK Xa Hemmer gestanden haben, oder ob diese Patientengruppe allg. ein niedrigeres Risiko hätte.

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