Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes

GroKo hält an Impfdokumentation in den Apotheken fest – vorerst

Berlin - 05.05.2021, 16:45 Uhr

Das gelbe Impfbuch soll digital werden. Möglicherweise dürfen dann auch Apotheker:innen Ergänzungen vornehmen. (c / Foto: IMAGO / Laci Perenyi)

Das gelbe Impfbuch soll digital werden. Möglicherweise dürfen dann auch Apotheker:innen Ergänzungen vornehmen. (c / Foto: IMAGO / Laci Perenyi)


Das Vorhaben der Bundesregierung, Apotheker:innen in die Impfdokumentation einzubeziehen, ist umstritten. Insbesondere mit Blick auf mögliche Fälschungen regen sich Bedenken im Bundestag. Dennoch legen Union und SPD jetzt einen Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vor, wonach Impfpässe in Apotheken ergänzt werden dürfen. Dies soll vor allem Nachtragungen im digitalen Impfpass erleichtern.

Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Apotheker:innen künftig Impfpässe ergänzen dürfen. Das geht aus dem „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze“ hervor, der DAZ.online vorliegt. Ganz taufrisch ist der Vorstoß nicht: Bereits Ende April hatte das Bundes­ministerium für Gesundheit (BMG) eine entsprechende Vorlage samt Formulierungshilfe für die Regierungsfraktion ausgearbeitet. Diese war jedoch zunächst im Kabinett abgeblitzt. Zu den Gründen äußerte sich das Ministerium auf Nachfrage von DAZ.online nicht.

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Bezüglich der Pläne, Apotheker:innen in die Impfdokumentation einzubeziehen, hatten einige Abgeordnete offenbar Bedenken: Am Dienstag erklärte Spahn laut „Tagesspiegel“, dass es gegen eine solche Lösung nicht zuletzt wegen der Fälschungsproblematik Vorbehalte im Bundestag gebe. Würden hingegen Belege nur dort ausgestellt, wo geimpft wurde, verringere sich die Fälschungsgefahr, heißt es in dem Beitrag. „Das müssen wir nun in den kommenden zwei Wochen klären“, sagte Spahn demnach zu den weiteren Verhandlungen über die entsprechende Änderung im Infektionsschutzgesetz mit den Fraktionen.

Dennoch findet sich diese Passage im aktuellen Entwurf eins zu eins wieder. Demnach soll § 22 Infektionsschutzgesetz so angepasst werden, dass künftig nicht mehr nur „jeder Arzt“, sondern „jeder Arzt oder Apotheker“ Ergänzungen am Impfausweis vornehmen darf, wenn eine frühere Impfdokumentation über die nachzutragende Schutzimpfung vor­gelegt wird. Zur Begründung heißt es knapp: „Diese Möglichkeit vereinfacht insbesondere Nachtragungen in einen digitalen Impfpass.“

Einen ausschließlichen Bezug zur COVID-19-Impfung hat die Regelung also nicht, sie bezieht sich ganz generell auf Schutzimpfungen – allerdings dürfte Corona eine solche Regelung beschleunigt haben. Noch gibt es keinen digitalen Impfausweis – mit dem Patientendaten-Schutzgesetz wurde im vergangenen Jahr festgelegt, dass dieser Bestandteil der elektronischen Patientenakte werden soll – aber dafür ist noch bis 1. Januar 2022 Zeit.

Ärzte kritisch, ABDA erfreut

Bei den Ärzt:innen stößt das Vorhaben nicht unbedingt auf großen Zuspruch – zumindest der Zeitpunkt der Einführung steht in der Kritik. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) stellte bei ihrer Vertreterversammlung am vergangenen Montag generell die Fristen zur Einführung digitaler Anwendungen infrage. Diese seien unrealistisch und orientierten sich offenbar eher an Wahlterminen als an der Machbarkeit, sagte KBV-Vorstand Thomas Kriedel. Er warnte zugleich vor einem Ansturm auf die Arztpraxen, sollte der digitale Impfausweis im Juli, wie vom BMG geplant, starten. Kriedel fragte, warum dieser ausgerechnet während der Pandemie eingeführt werden müsse. 

Die ABDA begrüßte hingegen in ihrem Newsroom das Ausstellen von digitalen Impfnachweisen durch Apotheken. „Die Apotheken helfen gerne dabei, dass Millionen Menschen möglichst bald wieder ihre Grundrechte und Freiheiten in Anspruch nehmen können“, sagt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening demnach. „Apotheken könnten die gelben Impfausweise prüfen, um als Prüfstelle dann verifizierte Informationen in ein digitales Portal einzutragen, das vom Bürger beispielsweise in einer App überall aufrufbar und vorzeigbar wäre. Dafür müssen rechtliche, technische und betriebswirtschaftliche Details noch geklärt werden.“ Overwiening weiter: „Die Apotheken sind sehr IT-affin und haben ohnehin einen hohen Digitalisierungsgrad. Durch die Vorbereitung auf das E-Rezept sind die Apotheken bereits jetzt mehrheitlich an die Telematikinfrastruktur angeschlossen und mit Heilberufsausweisen ausgestattet. Wir können auch den digitalen Impfnachweis auf den Weg bringen.“

Derweil ist mit Blick auf die COVID-19-Impfungen und dem Wunsch der Menschen nach einem Sommerurlaub erst einmal ein europäischer digitaler Impfnachweis geplant. Laut BMG will Deutschland diese Pläne rasch umsetzen. Bereits im Juni soll dieser Nachweis zur Verfügung stehen.

Bürgertest-Angebot von Fortbestehen der Pandemie entkoppeln

Aktuell noch nicht in den Gesetzentwurf eingeflossen ist ein Änderungsantrag von Union und SPD, der auf den 3. Mai datiert und zur Ressortabstimmung aussteht. Demnach soll § 20i Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Leistungen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten, Verordnungsermächtigung) so geändert werden, dass „die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der pandemierelevanten Verordnungen nach § 20i Absatz 3 Satz 2 nicht mehr an die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ anknüpft. 

Das bedeutet: Das Bundesministerium für Gesundheit kann unabhängig vom Fortbestehen der Pandemie Verordnungen ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen, die einen Anspruch der Versicherten in der Gesetzlichen Krankenversicherung auf bestimmte Schutzimpfungen, Testungen sowie Schutzmasken regeln.

Zur Begründung heißt es: „Auch nach Aufhebung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite werden hinsichtlich der Coronavirus-Testverordnung (TestV), der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) und der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung die Regelungen zur Erbringung von Leistungen, zur Vergütung und Abrechnung der Leistungen und Kosten, zum Zahlungsverfahren sowie zur Aufbewahrung der Dokumentation für eine bestimmte Zeit weitergelten müssen, um beispielsweise die notwendige Versorgung der Bevölkerung mit pandemierelevanten Schutzimpfungen oder die Übergangsphase für die Beschränkung von Ansprüchen auf solche der Krankenbehandlung gestalten zu können. Dabei können auch Regelungen notwendig sein, die den Leistungsumfang oder den Kreis der Leistungserbringer ändern oder einschränken. Daher wird die Verordnungsermächtigung nicht auf Abwicklungsregelungen für bereits erbrachte Leistungen beschränkt, sondern die Verknüpfung zur Feststellung einer epidemischen Lage aufgehoben.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wiso

von Thomas Kerlag am 05.05.2021 um 19:14 Uhr

Nur her mit der unbezahlten Arbeit. Wir haben noch zu wenig davon

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