Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln

Bundesregierung soll sich für Höchstmengenregelung auf EU-Ebene einsetzen

Berlin - 28.04.2021, 13:44 Uhr

Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln: „Viel hilft viel“ ist hier sicher nicht immer die richtige Devise. (Foto: natagolubnycha / AdobeStock)

Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln: „Viel hilft viel“ ist hier sicher nicht immer die richtige Devise. (Foto: natagolubnycha / AdobeStock)


Die große Koalition dringt auf strengere EU-weite Vorgaben für Nahrungsergänzungsmittel. In zu hoher Dosierung könne die Zufuhr bestimmter Vitamine und Mineralstoffe gesundheitsschädigend sein, heißt es in einem Antrag der Fraktionen von Union und SPD, der jetzt in den Fachausschüssen beraten wird. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, sich stärker auf EU-Ebene einzubringen – etwa bei Höchstmengen. Zudem soll sie hierzulande die Aufklärungsarbeit intensivieren und dafür sorgen, dass die Ernährungskompetenz auch bei der Ausbildung von Apotheker:innen stärker berücksichtigt wird.  

Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD fordern von der Bundesregierung, sich auf EU-Ebene mit Blick auf Nahrungsergänzungsmittel für die Sicherstellung eines hohen gesundheitlichen Schutzniveaus für Verbraucherinnen und Verbraucher starkzumachen. Das sieht der Antrag „Gesundheitlichen Verbraucherschutz bei Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln verbessern“ vor.

In dem Antrag wird eingangs festgestellt, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung mit viel Gemüse und Obst gewöhnlich den Nährstoffbedarf gesunder Menschen deckt und Nahrungsergänzungsmittel in der Regel nicht benötigt würden. Dennoch brummt das Geschäft mit den Pillen und Kapseln, die den Verbraucher:innen beispielsweise ein stärkeres Immunsystem versprechen. Auch für Kinder werden sie angeboten, teilweise in besonders verlockenden Darreichungsformen – nicht selten werden dabei die vom Institut für Risikobewertung (BfR) vorgeschlagenen Höchstmengen überschritten. 

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Welche Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sein
dürfen, ist in der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel bzw. der Richtlinie 2002/46/EG EU-weit einheitlich festgelegt. Konkrete Vorgaben für Höchstmengen auf EU-Ebene stehen aber immer noch aus. In ihrem Antrag warnen SPD und Union nun aber: In zu hoher Dosierung könne die Zufuhr von bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen gesundheitsschädigend sein. Vor diesem Hintergrund sei es ein wichtiger Fortschritt, dass vor kurzem Arbeiten für die bereits im EU-Recht vorgesehenen EU-weiten Höchstmengenregelungen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und in angereicherten Lebensmitteln auf EU-Ebene wiederaufgenommen wurden. Denn nötig sei dies auch für Produkte wie Säfte, Cornflakes oder Milchmischgetränke, die mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert sind. Der Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, sich hierzu aktiv einzubringen.

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, die Gesundheit der Verbraucher zu schützen, stehe für sie an erster Stelle. Dafür seien klare und verbindliche europäische Regeln für Nahrungsergänzungsmittel nötig – und diese Festlegung sei überfällig. „Um Rechtssicherheit sowie eine effektive Überwachung und Kontrolle zu gewährleisten, brauchen wir Einheitlichkeit im Binnenmarkt, keinen Flickenteppich.“ Klöckner hob hervor, dass die zuständige EU-Kommissarin eine entsprechende deutsche Initiative dazu aufgegriffen habe. „Wir haben die klare Erwartung, dass das weiter vorangetrieben wird.“

Angebote von Online-Abietern in gleicher Weise kontrollieren wie Angebote von Apotheken 

Union und SPD kritisieren in dem Antrag überdies Angebote für Nahrungsergänzungsmittel im Internet, die sich als „besonders problematisch“ erwiesen hätten. In der Coronakrise hätten unseriöse Anbieter auch Produkte mit „verbotenen Wirkversprechen zu COVID-19 angepriesen“. Teils würden sie ohne die vorgeschriebene Anzeige beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vermarktet. Hier müsse sich die Regierung innerhalb der EU für wirksame Kontrollstrategien einsetzen; die Online-Angebote müssten in gleicher Weise kontrolliert werden wie Angebote in Apotheken, Drogerien und Supermärkten.

Zudem soll geprüft werden, ob eine öffentlich zugängliche Internet-Datenbank errichtet werden kann, in der die Informationen aus den Stofflisten des Bundes und der Bundesländer zur Einstufung von Pflanzen und Pflanzenteilen sowie Pilzen einfach zugänglich und leicht verständlich aufbereitet sind. Außerdem soll die Forschung im Bereich Nährstoffversorgung und Nahrungsergänzungsmittel verstärkt werden. Dabei sollen insbesondere Risikogruppen wie Kinder, Schwangere, Stillende und Senioren in den Fokus genommen werden, um Daten zu sammeln und Wissenslücken zu schließen.

Mehr Aufklärung und Kompetenzstärkung

Nicht zuletzt wird die Regierung aufgefordert, die Aufklärungsarbeit zu intensivieren und dabei wichtige Multiplikatoren wie Kinderärzte und Jugendtrainer anzusprechen. Gemeinsam mit den Ländern soll die Ernährungskompetenz im Rahmen der ärztlichen und apothekerlichen Ausbildung sowie in der Ausbildung von medizinischem und pflegerischem Personal stärker berücksichtigt beziehungsweise thematisiert werden; die neuesten Erkenntnisse zu Nahrungsergänzungsmitteln sollen in die Weiterbildung einfließen.

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Auch Verbraucherschützer:innen fordern seit längerem strengere Regeln. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen verlangte neben Höchstmengen zu Vitaminen und Mineralstoffen auch eine „Positivliste“ nicht gesundheitsschädlicher Inhaltsstoffe für Präparate auf pflanzlicher Basis. Generell gelten Nahrungsergänzungsmittel rechtlich als Lebensmittel und die strengen Vorgaben und Zulassungsregeln für Arzneimittel sind für sie nicht einschlägig – doch bekanntlich sind die Grenzen hier zuweilen nicht einfach zu ziehen



Kirsten Sucker-Sket
redaktion@daz.online


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