Neuer RKI-Bericht zu SARS-CoV-2-Varianten

„Britische Mutante“ in Deutschland vorherrschend

Remagen - 26.04.2021, 17:50 Uhr

(Foto: freshidea / AdobeStock) 

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Der Anteil der Virusvarianten, die als Variants of Concern (VOCs) bezeichnet werden, liegt in Deutschland mittlerweile bei knapp 95 Prozent. Das geht aus einem neuen RKI-Bericht hervor. Dafür ist fast ausschließlich die Variante B.1.1.7 verantwortlich, die zuerst aus Großbritannien gemeldet worden war. Der Anteil der „südafrikanischen“ Variante B.1.351 liegt in den letzten Wochen konstant bei etwa 1 Prozent, und die „brasilianische“ VOC P.1 wurde hierzulande bisher nur vereinzelt nachgewiesen.

Das RKI hat den 6. Bericht zu Virusvarianten von SARS-CoV-2 in Deutschland vorgelegt. Er befasst sich schwerpunktmäßig mit den drei aktuellen besorgniserregenden Varianten (Variants of Concern, VOCs) B.1.1.7, B.1.351 und P.1 und stützt sich im Wesentlichen auf vier Datenquellen.  

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  • Im Rahmen einer mehrteiligen Erhebung eines Laborverbundes, bestehend aus fünf Laborgruppen (Amedes, LADR, Limbachgruppe, Sonic Healthcare, Synlab), wurden in den Kalenderwochen (KW) 04, 06, 08, 10, 12 und 15/2021 SARS-CoV-2-positive Proben mittels Punktmutationsanalysen auf das Vorkommen von VOCs untersucht.
  • Die zweite Datenquelle ist die RKI-Testzahlerfassung. Hierzu werden deutschlandweit Daten zu Genomsequenzierungen und Punktmutationsanalysen von Universitätskliniken, Forschungseinrichtungen sowie klinischen und ambulanten Laboren zusammengeführt.
  • Die dritte Quelle sind Erkenntnisse aus Gesamtgenomsequenzierungen von SARS-CoV-2-Genomen, die in Deutschland zunehmend durchgeführt werden. Diese liefern laut RKI einen eindeutigen Nachweis, dass es sich bei dem detektierten Genom um eine entsprechende Variante handelt.
  • Als vierte Quelle führt das RKI Daten zu Fällen mit dem Nachweis einer speziellen Virusvariante an, die dem Institut über das Meldesystem gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) übermittelt werden.

B.1.1.7 hat alle anderen verdrängt

Die aktuellen Ergebnisse belegen ganz klar: Die „britische“ VOC B.1.1.7 ist mittlerweile die dominierende SARS-CoV-2-Variante in Deutschland.   
Die fünf Laborverbünde führten in KW15/2021 insgesamt rund 560.000 SARS-CoV-2-PCR-Testungen von Proben durch. Davon waren knapp 75.000 positiv (13,4 Prozent). Etwas über 57.000 Positivproben wurden danach mit Punktmutations-Assays (N501Y, E484K, K417N, und delH69/V70) weiter untersucht. Als Novum wurde die Variante B.1.1.7 nach Detektion von N501Y und delH69/V70 zusätzlich auf die Mutation E484K geprüft, denn es gibt einen Subtyp dieser Variante, der bereits vereinzelt in Deutschland festgestellt wurde.  
Im Rahmen der Nachtestung mithilfe der Punktmutations-Assays waren 54.361 Tests auswertbar. Die Detektionsrate der „britischen“ Variante lag bei 93,1 Prozent. Von diesen wiesen lediglich 71 (0,1 Prozent) die zusätzliche Mutation E484K auf.  
Die Erhebung des Laborverbundes (KW04/2021 bis einschließlich KW15/2021) werde nun nicht weiter fortgeführt, schreibt das RKI. Dessen Hauptziel, die zeitnahe Erfassung der Verbreitung der Variante B.1.1.7, sei mit dem Erreichen eines Anteils von mehr als 90 Prozent an allen SARS-CoV-2 positiven Proben erreicht.  
Auch die RKI-Testzahlerfassung belegt die kontinuierliche Steigerung des Anteils der VOC B.1.1.7. Hierüber wurde in KW15/2021 ein Anteil von 89,9 Prozent nachgewiesen.  
Nach den Ergebnissen der Gesamtgenomsequenzierungen in KW14/2021sind 88,1 Prozent der Variante zuzuordnen. Eine Zusammenfassung der Meldedaten gemäß Infektionsschutzgesetz kommt laut RKI in der KW15/2021 auf 41 Prozent für Fälle mit Informationen zum Nachweis und diagnostischen Verdacht auf die „britische“ Variante. 

„Südafrikanische“ und „brasilianische“ Variante nur sehr selten gefunden

Alle auswertbaren Proben der fünf Laborverbünde wurden auch auf das wahrscheinliche Vorkommen der anderen beiden VOCs untersucht. 339 Proben (0,6 Prozent) waren positiv auf die „südafrikanische“ Variante B.1.351. Die „brasilianische“ VOC P.1 wurde in 46 Proben detektiert (0,1 Prozent). Außerdem konnte in 110 Proben (0,2 Prozent) die Variante B.1.525 (spezifische Mutationen DelH69/V70 und E484K, aber ohne Mutation an der Stelle N501Y) nachgewiesen werden.  
Auch nach der RKI-Testzahlerfassung bleibt das Vorkommen der VOC B.1.351 (0,7 Prozent) und P.1 (0,1 Prozent) konstant auf sehr niedrigem Niveau. Mithilfe der Gesamtgenomsequenzierungen wurden für die KW 14/2021 ein Anteil von 2,1 Prozent der VOC B.1.351 festgestellt und für die VOC P.1 lediglich 0,3 Prozent.  

„Indische“ Variante B.1.617 bisher nur „Variant of Interest“

B.1.1.7 bleibe die häufigste SARS-CoV-2-Variante in Deutschland, so das Fazit des RKI. Eine schnelle Veränderung dieser Dominanz erwartet das Institut nach aktuellen Kenntnissen nicht.  
Für zunehmende Unruhe sorgt allerdings die Variante B.1.617, die in den letzten Wochen das Geschehen in Indien dominiert und vereinzelt auch in Großbritannien (n=77) aufgetreten ist. In Deutschland wurde sie nach Angaben des RKI bisher erst 21-mal detektiert. Die Variante zeichnet sich unter anderem durch zwei Aminosäureaustausche im viralen Spikeprotein aus, die mit einer reduzierten Wirksamkeit der humoralen (E484Q, L452R) bzw. zellulären (L452R) Immunantwort in Verbindung gebracht werden. Außerdem wird vermutet, dass die Mutationen die Übertragbarkeit der Variante erhöhen könnten, etwa über eine verstärkte Bindung an den Zielzellrezeptor ACE-2.  

In Deutschland stehe die Variante B.1.617 unter Beobachtung: Für eine Einstufung als „besorgniserregend“ fehle bislang „die entsprechende Evidenz“, so eine RKI-Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Trotz der aktuell fulminanten Entwicklung der Pandemie in Indien steht B.1.617 auch bei der WHO bisher erst unter Beobachtung als „Variant of Interest“ und nicht als VOC. Das könnte sich jedoch bald ändern.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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