Suchtbericht

Zu viel Alkohol- und Tabakkonsum im Pandemie-Jahr

Stuttgart - 16.04.2021, 07:00 Uhr

Expert:innen warnen: Es zeichne sich ab, dass unter den Kontaktbeschränkungen mehr Alkohol und Tabak konsumiert wird. (Foto: Nejron Photo / stock.adobe.com)

Expert:innen warnen: Es zeichne sich ab, dass unter den Kontaktbeschränkungen mehr Alkohol und Tabak konsumiert wird. (Foto: Nejron Photo / stock.adobe.com)


Deutsche geben mehr für Tabakwaren aus

Die Zahl der Raucher ist seit einiger Zeit rückläufig. Im Pandemiejahr gaben die Bürger mit 28,8 Milliarden Euro aber fünf Prozent mehr für Tabakwaren aus als 2019. Sehr deutlich war das Plus bei Feinschnitt für Selbstgedrehte, ein geringfügiges Minus gab es bei Fertigzigaretten. Pfeifentabak-Konsum schnellte hoch – um gut 44 Prozent auf fast 6.000 Tonnen, auch wegen des bei jüngeren Leuten gefragten Shisha-Qualmens. Die DHS warnt, dass jedes Jahr bundesweit weit mehr als 100.000 Menschen an den Folgen des Rauchens sterben.

Mehr Drogentote in 2020

Medikamenten-Missbrauch ist nach DHS-Angaben unabhängig von der Corona-Krise für geschätzte 1,5 bis 1,9 Millionen Menschen ein Problem. Viele seien von Schlaf- und Beruhigungsmitteln abhängig oder von opioidhaltigen Schmerzmitteln und Psychopharmaka.

Die Zahl der Drogentoten stieg in Deutschland auf 1.581 Menschen – 2019 waren 1.398 Personen am Konsum illegaler Substanzen gestorben. Es gibt nach aktuellster DHS-Einschätzung 309.000 Cannabis-Abhängige. Kokain-Sucht liege bei 41.000 Personen vor, bei Amphetaminen seien es 103.000 Abhängige.

Warnung vor Legalisierung von Online-Casinos

Befürchtungen, in der Pandemie werde das Online-Glücksspiel boomen, haben sich bisher nicht bestätigt, sagt Ilona Füchtenschnieder, Vorsitzende des Fachverbands Glücksspielsucht. Hier zeigten sich auch positive Effekte. Wer zuvor in Spielhallen gezockt habe, wandere nicht zwangsläufig ins Internet ab. Negativ sei aber die zum 1. Juli 2021 geplante Änderung des Glücksspielstaatsvertrags. Damit würden die bislang fast überall verbotenen Online-Casinos legal. Sie warnt: „Das gleicht einer Kundenbeschaffungsmaßnahme in diesem gefährlichen Bereich.“

Die schon seit über einem Jahr andauernde Krise verstärkt nach Beobachtung von Fachleuten Suchtgefahr und Rückfallrisiko. Regelmäßiger Austausch stabilisiere Suchtkranke, erläutert der Suchthilfeverband Blaues Kreuz. Man habe stark auf digitale Angebote umstellen müssen, was viele als hilfreich annähmen. Es ersetze eine persönliche Begegnung aber nicht ganz. Von anhaltend hohem Gesprächsbedarf, geschilderter Einsamkeit und Perspektivlosigkeit berichtet die Wuppertaler Sozialtherapeutin, Fabienne Kroening. Die Stimmung sei vielfach sehr gedrückt, manche hätten sich der Situation „geschlagen gegeben“.



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