Empfehlungen des American College of Physicians

Antibiosen bei häufigen Infektionen verkürzen

Stuttgart - 15.04.2021, 07:00 Uhr

Kürzere Antibiosen genügen oft schon bei häufigen Infektionen, wie akute Bronhitis, Zystitis oder Haut- und Weichteilinfektionen. (Foto: auryndrikson / stock.adobe.com)

Kürzere Antibiosen genügen oft schon bei häufigen Infektionen, wie akute Bronhitis, Zystitis oder Haut- und Weichteilinfektionen. (Foto: auryndrikson / stock.adobe.com)


Kürzere Antibiose, geringere Sterblichkeit

Die Wissenschaftler:innen um Amir Qaseem vom American College of Physicians stützen ihre Empfehlung auf eine Meta-Analyse („Systematic Review and Meta-analysis of the Efficacy of Short-Course Antibiotic Treatments for Community-Acquired Pneumonia in Adults“), veröffentlicht 2018 im Fachjournal „Antimicrobial Agents and Chemotherapy“ von 21 Studien zu CAP, laut der eine höchstens sechstägige Kurzzeitbehandlung gleich wirksam war wie eine längere Behandlung über mindestens sieben Tage, allerdings mit weniger schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen und sogar geringerer Sterblichkeit. 2016 kam bereits ein Beitrag im „JAMA“ – „Duration of Antibiotic Treatment in Community-Acquired Pneumonia“. Eine fünftägige Antibiose bei CAP war einer nach ärztlichem Ermessen verlängerten Antibiose nicht unterlegen.

Unkomplizierte Harnwegsinfektion und Pyelonephritis

Frauen mit unkomplizierter bakterieller Zystitis sollten nach Ansicht des ACP ebenfalls eine Kurzzeit-Antibiotikatherapie mit entweder Nitrofurantoin für 5 Tage, Trimethoprim-Sulfamethoxazol für 3 Tage oder Fosfomycin als Einzeldosis erhalten. Die in Deutschland vorliegende S3-Leitlinie „Unkomplizierte Harnwegsinfektion“ rät hier ebenfalls zur Einmalgabe von 3.000 mg Fosfomycin, sieht bei Nitrofurantoin (unretardiert) jedoch 7 Therapietage vor (5 Tage bei Retardpräparaten). Daneben können Pivmecillinam (3 Tage) oder Nitroxolin (5 Tage) angewendet werden. 

Allerdings mehren sich Zweifel, ob ein Single-Shot mit Fosfomycin als Zystitis-Antibiose genügt: Eine im Mai 2018 im JAMA veröffentlichte klinische Studie (multinational, randomisiert) mit 513 Frauen, die an unkomplizierten Harnwegsinfektionen litten, verglich eine Zystitis-Therapie mit Fosfomycin und Nitrofurantoin und fand, dass eine fünftägige Behandlung mit Nitrofurantoin einem Single Shot Fosfomycin bei unkomplizierter Zystitis überlegen ist.

Bei Männern und Frauen mit unkomplizierter Pyelonephritis empfiehlt das ACP, dass der Arzt je nach Antibiotika-Empfindlichkeit eine Kurzzeittherapie entweder mit Fluorchinolonen für 5 bis 7 Tage oder Cotrimoxazol für 14 Tage einleitet. Die S3-Leitlinie „Unkomplizierte Harnwegsinfektion“ rät bei einer unkomplizierten Pyelonephritis bei prämenopausalen Frauen mit leichten bis moderaten Verlaufsformen vorzugsweise zu Cefpodoxim (10 Tage), Ciprofloxacin (7 bis 10 Tage) oder Levofloxacin (5 Tage), also zu teils anderen Wirkstoffen und, teils längeren Therapien.

Bei Haut- und Weichteilinfektionen genügen 5 bis 6 Tage

Liegen nicht eitrige Infektionen der Haut und Weichteile vor, sollte in jedem Fall ein Streptokokken-wirksames (oder gar MRSA-wirksames) Antibiotikum verordnet werden. Nach Ansicht des ACP reichen 5 bis 6 Tage Therapie, insbesondere bei Patienten, die sich selbst gut versorgen können und die eng von ihrem Hausarzt überwacht werden können. Nach Recherche vom ACP hat sich Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus in den letzten 10 bis 15 Jahren als Ursache von Haut- und Weichteilinfektionen, wie Erysipel, herauskristallisiert.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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