Kommmentar zur ABDA-Stellungnahme zur Treuhandkonten-Pflicht

Genug getan?

Stuttgart - 09.04.2021, 17:50 Uhr

Wie lassen sich Apotheken tatsächlich vor Pleiten und Betrügereien bei Finanzdienstleistern schützen? Treuhandkonten für Rechenzentren reichen jedenfalls nicht, meint DAZ-Chefredakteur Armin Edlalat. (Foto: IMAGO / Eibner)

Wie lassen sich Apotheken tatsächlich vor Pleiten und Betrügereien bei Finanzdienstleistern schützen? Treuhandkonten für Rechenzentren reichen jedenfalls nicht, meint DAZ-Chefredakteur Armin Edlalat. (Foto: IMAGO / Eibner)


Eine Treuhandkonten-Pflicht für Rechenzentren geht für die ABDA trotz der zu erwartenden Mehrkosten für die Apotheken in Ordnung. In ihrer knappen Stellungnahme zum Entwurf eines Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetzes (GVWG) widerspricht die Standesvertretung nicht und hat leider auch keine besseren Vorschläge. Sie nickt nur ab und verpasst damit die Chance, die Apotheken tatsächlich und nachhaltig vor möglichen Pleiten sowie Betrügereien bei Finanzdienstleistern in Zukunft zu schützen, meint DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat.

Irgendwie muss die Insolvenz des Apothekenrechenzentrums AvP im vergangenen Herbst zu einem ganz ungünstigen Zeitpunkt gekommen sein. Jedenfalls werden die allermeisten der betroffenen Apothekeninhaberinnen und -inhaber seitdem das Gefühl nicht los, die Apothekerverbände und vor allem die ABDA hätten sich deutlich intensiver für eine Schadensregulierung und eine Verbesserung des Abrechnungssystem einsetzen müssen.

Man fragt sich tatsächlich, warum die wirtschaftlichen Interessen der AvP-Kunden – immerhin geht es um 2.900 öffentliche Apotheken und Forderungen in Höhe von etwa 345 Millionen Euro – nicht hörbar von offiziellen Stellen vertreten werden. Es geht um Existenzen und um Arbeitsplätze. Kurzum: Es geht um das ökonomische Fundament der flächendeckenden Arzneimittelversorgung in Deutschland. Mit Krediten, Stundungen und finanziellen Hilfen aus Familien- und Freundeskreisen halten sich die Inhaberinnen und Inhaber seitdem über Wasser. Als Soforthilfsmaßnahme stellte die Bundesregierung zinsgünstige KfW-Darlehen in Aussicht. Die Bewilligung scheiterte allerdings mehrheitlich an den zu hoch gesteckten Hürden.

Wie lässt sich ein zweiter Skandal à la AvP verhindern?

Doch wie lässt sich ein so folgenschweres Desaster in Zukunft verhindern? In der Chaosphase nach Bekanntwerden der Insolvenz drehten sich viel Fragen um das Vorhandensein von Treuhandkonten bei AvP. Treuhandkonten – das klingt zunächst nach Sicherheit, Vertrauen und Transparenz. Man muss nicht Unternehmer sein, geschweige denn große Geldbeträge bewegen, um die Vorteile solcher Konten zu kennen. Mieter und Vermieter legen die vereinbarte Kaution auf ein solches ab. Doch können Treuhandkonten tatsächlich die entscheidende Sicherheitsarchitektur für Abrechnungsgelder sein? Die fast schon einhellige Meinung aller befragten Branchenkenner lautet: Nein!

Treuhandkonten böten nach aktueller Gesetzeslage den Apotheken keine erkennbar größere Sicherheit als bisher und die verpflichtende Einführung erscheine mit Blick auf den organisatorischen Aufwand „absolut unrealistisch“, so der Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) im vergangenen Dezember. Diesem Umstand ist sich auch die ABDA in ihrer aktuellen Stellungnahme zum Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetzes (GVWG) bewusst. So rechnet sie mit höheren Finanzierungskosten für die Apotheken, sollten die Rechenzentren zur Einführung von Treuhandkonten verpflichtet werden.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

Neues wagen!

von Reinhard Herzog am 10.04.2021 um 14:10 Uhr

" ... sondern um den Aufbau einer zukunftsfähigen und vor allem sicheren Infrastruktur – im Zeitalter von hochpreisigen Therapien und dem kommenden E-Rezept."

So, und genau hier gilt es erst den Faden weiterzuspinnen und völlig neu anzusetzen.
Wer braucht beim E-Rezept noch zwischengeschaltete Abrechner? Treuhandkonten? Neue diesbezügliche Gesetze, welche die Vergangenheit abbilden?

Antwort: Die, die davon profitieren, inklusive so mancher (Standes-)Funktionäre.
Aber nicht die Apotheken vor Ort.

Das muss künftig so gehen:
E-Rezept (bzw. papiernes QR-Pendant) abscannen, online-Prüfung der Regelkonformität / Erstattungsfähigkeit / Ausweisung etwaiger Selbstbeteiligungen - das dauert heute nur einen Wimperschlag -, abgegebenes Präparat gegenscannen, Auslösung der elektronischen Überweisung aufs Apothekenkonto, Zuzahlungen kassieren wie bisher.

Technisch gar kein Problem. Via Vernetzung kann das sogar sofort zur zuständigen Kasse durchgestellt werden, was nebenbei auch das Thema "Lieferverträge" oder schnell (!) umsetzbare Dienstleistungen usw. in ein neues Licht rückt.

So würde Zukunft gehen und zudem diesen ganzen Retax-Unfug beenden können, auch im Sinne der Kassen.
Gültige Verordnung, liefern, sofort Geld.
Was ist daran so schwierig?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Neues wagen

von Tobias Kast am 11.04.2021 um 11:41 Uhr

Ich habe persönlich nicht den Eindruck, dass im deutschen Apothekenmarkt bei den "Entscheidern" irgendwo in "technisch Machbar" gedacht wird.

Die Kassenschnittstelle wird verteidigt bis zum bitteren Ende - egal wie der Kundenwunsch/-nutzen aussieht.
Siehe RED.

Und wenn dann noch Rechenzentren in der gleichen Hand sind...

Den Kunden/Inhabern/Apothekenteams wird was vom Pferd erzählt (Datenschutz, technisch nicht möglich, Astronomie-Kosten, nicht in ihrem Sinne, ... um nur einige zu nennen).

Was kostet es/Wie lange dauert es die relevanten Module für SAP Business One zu organisieren?...
Aber dann sind ja noch die Teams umzuschulen...
Wie viele noch, wenn es fertig wäre?...

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