Fragen aus der Rezeptur

Ersetzt die Mikrowelle das Wasserbad?

Stuttgart - 08.04.2021, 15:15 Uhr

Wäre es nicht viel einfacher, zum Aufschmelzen von Rezeptursubstanzen in der Apotheke eine Mikrowelle anstelle eines Wasserbads zu nutzen? (Foto: Maksim Kostenko / stocj.adobe.com)

Wäre es nicht viel einfacher, zum Aufschmelzen von Rezeptursubstanzen in der Apotheke eine Mikrowelle anstelle eines Wasserbads zu nutzen? (Foto: Maksim Kostenko / stocj.adobe.com)


Können Substanzen für eine Rezeptur eigentlich statt im Wasserbad nicht auch einfach in der Mikrowelle aufgeschmolzen werden? Für welche Rezeptursubstanzen eignet sich die Mikrowelle, wann funktioniert es nicht?

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:


Ich arbeite seit kurzem in einer neuen Apotheke, dort wird im Rezepturbetrieb häufig die Mikrowelle eingesetzt. Kann ich denn anstelle des Wasserbades zum Aufschmelzen von Substanzen tatsächlich einfach die Mikrowelle benutzen, und gibt es Richtwerte zur Obergrenze der Temperatur für bestimmte Salbengrundlagen? Auch bin ich mir unsicher, was ich beim Abkochen von Wasser mit diesem Gerät beachten muss.“


Erwärmung durch Reibung von Wassermolekülen

Um diese Fragen zu beantworten, ist es zunächst wichtig, sich mit der Funktionsweise einer Mikrowelle vertraut zu machen. Ein Mikrowellengerät funktioniert ohne Kontakt mit einer Wärmequelle zu haben, durch den Einfluss von Mikrowellenstrahlung werden Wassermoleküle bewegt und erzeugen durch Reibung Wärme. Wassermoleküle besitzen bekanntlich eine positive und eine negative Seite und bilden daher einen elektrischen Dipol. Die Mikrowellen wirken auf das Wasser als elektromagnetisches Wechselfeld und die Moleküle versuchen dieser Feldänderung zu folgen und bewegen sich daher.

Keimzahlreduktion von Wasser

Gereinigtes Wasser muss vor der Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln einer Keimzahlreduktion unterzogen werden. Dabei kann auch eine Mikrowelle zum Einsatz kommen. Um eine wirkungsvolle Reduktion der Keime zu erreichen, muss das Wasser in einem Glasgefäß wie vorgeschrieben mindestens 5 Minuten sieden. 

Eine Temperaturkontrolle durch Verwendung eines Quecksilberthermometers ist dabei aber nicht praktikabel, da ein solches Thermometer nicht mikrowellenfest ist. Zur Kontrolle der Temperatur müsste daher wiederholt Kontakt mit dem siedenden Wasser hergestellt werden. Infrarot-Thermometer dagegen erlauben eine berührungslose Temperaturmessung in kurzen Zeitabständen und stellen so eine gut durchzuführende Inprozesskontrolle während der Mikrowellenbehandlung dar. 

Weiterhin ist bei dieser Art der Keimzahlreduktion noch zu beachten, dass es auch thermoresistente Keime gibt, die an der Oberfläche des Glases einen Biofilm bilden können. Deshalb muss das verwendete Ansatzgefäß regelmäßig gründlich gereinigt und am besten auch desinfiziert werden. 



Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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