Entwurf für neues Tierarzneimittelgesetz

Fischtierärzte kritisieren geplantes Versandverbot für Rx-Tierarzneimittel

Süsel - 31.03.2021, 14:30 Uhr

Ein Fischtierarzt untersucht einen Stör auf einer Kaviarfarm. (Symbolbild) (Foto: auremar / stock.adobe.com)

Ein Fischtierarzt untersucht einen Stör auf einer Kaviarfarm. (Symbolbild) (Foto: auremar / stock.adobe.com)


Das geplante Tierarzneimittelgesetz hat das parlamentarische Verfahren erreicht. Damit geht die vielfältige Kritik an dem Projekt in eine neue Runde. Fischtierärzte argumentieren nun gegen das geplante Versandverbot von Rx-Tierarzneimitteln, weil dies auch für Nachbehandlungen gelten soll. An mögliche Hilfe aus den Apotheken wird dabei nicht gedacht.

Das Bundeskabinett hat am 24. März den Gesetzentwurf für ein neues Tierarzneimittelgesetz beschlossen und damit das parlamentarische Verfahren eröffnet. Für Tierarzneimittel soll es somit künftig ein eigenes Gesetz unabhängig vom Arzneimittelgesetz geben. Die erste Lesung im Bundestag soll bereits Ende April stattfinden. Die Zeit drängt. Bereits seit Januar 2019 steht fest, dass die EU-Verordnung (EU) 2019/6 am 28. Januar 2022 EU-weit in Kraft treten wird. Bis dahin müssen die nationalen Regelungen darauf abgestimmt werden, um ein unüberschaubares Regelungswirrwarr zu verhindern. 

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Dennoch tat sich zwei Jahre lang nichts, bis das Bundeslandwirtschaftsministerium am 14. Januar 2021 einen Referentenentwurf vorlegte. Obwohl die betroffenen Organisationen der Tierärzte heftig gegen die kurze Beratungszeit protestiert hatten, folgte nun bereits der Kabinettsentwurf. Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) erklärte noch am 24. März, aus Sicht der Tierärzteverbände gebe es „eine Reihe fachlicher Bedenken, die bis dato nicht berücksichtigt sind und nun vom bpt in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden“.

Fischtierärzte sehen Therapie in Gefahr

Offenbar positionieren sich nun auch weitere Gruppen mit speziellen Interessen. So berichtet die Deutsche Presseagentur (dpa) über die Bedenken von Fachtierärzten gegenüber dem geplanten Versandverbot für verschreibungspflichtige Tierarzneimittel. Bisher dürfen verschreibungspflichtige Tierarzneimittel, die nur für nicht lebensmittelliefernde Tiere zugelassen sind, in Deutschland versendet werden. Künftig soll hingegen der Versand aller verschreibungspflichtigen Arzneimittel für Tiere verboten werden.

Gemäß der dpa-Meldung sähen Fachtierärzte darin eine Gefahr für die Behandlung exotischer Haustiere, für die es oft nur wenige Spezialisten gibt. Das Versandverbot würde sich „gravierend“ auf die Therapie von Millionen Wassertieren und seltenen Spezies auswirken. So zitiert die dpa ein Schreiben der Fischtierärztin Sandra Lechleiter aus Neuenbürg an die Bundesregierung.

Hintergrund sei, dass wenige Spezialisten unter den Tierärzten für die Diagnose weite Wege zu ihren Patienten zurücklegen. Damit für die Anschlussbehandlungen nicht erneut weite Wege für Tierärzte oder Halter nötig seien, würden die Arzneimittel versendet. Dies wäre bei einem Versandverbot für Rx-Tierarzneimittel nicht mehr möglich. Als Begründung für das Versandverbot habe eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums erklärt, „Grund hierfür ist die Problematik des verbreiteten illegalen Verkaufs von Tierarzneimitteln im Internethandel, der eine Bedrohung für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellt“, heißt es in der dpa-Meldung.

Mögliche Lösung aus Apothekersicht

Bei der Darstellung des Problems bleibt allerdings eine Handlungsmöglichkeit unbeachtet, die aus Apothekersicht naheliegt: Die Tierärzte könnten nach der Diagnose ein Rezept ausstellen und die Tierhalter das Arzneimittel aus einer Apotheke vor Ort beziehen. Dies würde allerdings voraussetzen, dass die Arzneimittelhersteller Packungen in geeigneten Größen für einzelne Tierhalter herstellen und möglichst über den Großhandel anbieten. Das würde vermutlich eine Umstellungsphase erfordern, scheint aber möglich.

Kritik an Bürokratie und Unklarheiten

Allerdings sind die Bedenken der Fischtierärzte nicht die einzigen Einwände gegen das geplante neue Tierarzneimittelgesetz. Ein großes praktisches Problem dürfte die Lesbarkeit sein, weil viele Regelungen auf die EU-Verordnung verweisen und daher beide Vorschriften praktisch nebeneinander gelesen werden müssen. Bereits als Reaktion auf den Referentenentwurf vom Januar hatte der bpt das Projekt kritisiert. Die Tierärztezeitschrift „VETImpulse“ vom 15. März verwies dazu auf Äußerungen von bpt-Präsidiumsmitglied Priv.-Doz. Dr. Andreas Palzer. Demnach hätten besonders Kleintier- und Pferdepraktiker einen deutlichen Mehraufwand an Bürokratie zu erwarten. Es müssten mehr und aufwendigere Belege erstellt werden. Verstöße würden größtenteils als Straftat und nicht mehr als Ordnungswidrigkeit eingestuft. 

Bei einem Webinar habe Palzer erklärt, das Rx-Versandverbot sei grundsätzlich zu begrüßen, aber es sei problematisch, dass auch der Nachversand nach einer erfolgten Untersuchung darunter falle. Auch Palzer habe dazu besonders auf die Behandlung von Fischen verwiesen. Als weiteren problematischen Aspekt habe Palzer angeführt, dass es keine Ausnahmen von der Pflicht für eine Herstellungserlaubnis für Arzneimittel mehr geben soll. Allerdings sei unklar, was künftig unter den Herstellungsbegriff fallen solle – möglicherweise auch das Herstellen einer Mischspritze für die Anästhesie. Auf solche und andere Unklarheiten hatte auch DAZ.online bereits hingewiesen. Daher ist kurzfristig mit weiteren Positionierungen zum geplanten Tierarzneimittelgesetz zu rechnen.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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