AMK-Statistik 2020

Weniger Spontanmeldungen aus Apotheken wegen Corona

Berlin - 17.03.2021, 12:15 Uhr

Um fast ein Fünftel (19 Prozent) sank die Zahl der Spontanmeldungen an die AMK im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019. (Foto: IMAGO / Science Photo Library)

Um fast ein Fünftel (19 Prozent) sank die Zahl der Spontanmeldungen an die AMK im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019. (Foto: IMAGO / Science Photo Library)


Im Jahr 2020 erhielt die AMK-Geschäftsstelle nach eigenen Angaben insgesamt 8.707 Spontanberichte zu vermuteten Qualitätsmängeln und unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln aus den Apotheken. Das entspricht einem Minus im Vergleich zum Vorjahr von rund 19 Prozent – ein Negativrekord.

Nie zuvor verzeichnete die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) eine derart starke relative Abnahme der Spontanmeldungen innerhalb eines Jahres: Um fast ein Fünftel (19 Prozent) sank die Zahl der Meldungen im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019, wie die AMK heute mitteilt. 4.582 verschiedene (Krankenhaus-)Apotheken informierten die Geschäftsstelle demnach im vergangenen Jahr über insgesamt 8.707 Auffälligkeiten. 2019 waren es noch 10.782 Spontanmeldungen gewesen.

Dabei lässt sich der AMK zufolge für 2020 ein Zusammenhang zwischen Meldeverhalten und pandemiebedingten Maßnahmen, wie etwa Kontaktbeschränkungen, erkennen. „Während das Meldeaufkommen zu Beginn des Jahres 2020 in etwa dem des Vorjahres entsprach, zeichnete sich bereits Ende Februar ein Melderückgang ab, der sich mit den am 13. März beginnenden ersten SARS-CoV2-bedingten ‚Lockdown‘-Maßnahmen verstärkte“, schreibt die Kommission. In Kalenderwoche 18 (Ende April) erreichte die Melderate demnach das Vorjahresniveau. Ab Mitte Juli sei jedoch die wöchentliche Melderate erneut gesunken und mit Beginn des zweiten Lockdowns in Kalenderwoche 50 sogar nochmals stark abgefallen. Der Zusammenhang unterstreiche „eindrucksvoll den Wert des unmittelbaren Patientenkontaktes zur Identifizierung von (potenziellen) Arzneimittelrisiken“, betont die AMK.

Insgesamt betrafen nach Zahlen der AMK 97 Prozent aller Meldungen im Jahr 2020 Arzneimittel: 7.089 verschreibungspflichtige Arzneimittel inklusive 302 Betäubungsmittel und 1.357 nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. 261 Auffälligkeiten bezogen sich laut Kommission auf Lebensmittel inklusive Nahrungsergänzungsmittel, Drogen und Chemikalien sowie weitere Produkte.

Die Anzahl der Spontanberichte zu unerwünschten Wirkungen sank nach Angaben der AMK im Vergleich zum Vorjahr um 739 auf insgesamt 2.371. „Hierunter fanden sich 809 Meldungen (inklusive Folgeinformationen) zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW), die aufgrund ihrer Klassifikation der Art oder Schwere innerhalb von 15 Tagen (ICH-Guideline E2D) an die zuständigen Bundesoberbehörden weitergeleitet wurden“, heißt es in der Mitteilung. „Meldungen zu UAW machten, ähnlich der Vorjahre, einen Anteil von etwa 27 Prozent aller eingegangenen Berichte aus. Etwa 6 Prozent (133 Meldungen) aller Nebenwirkungsmeldungen bezogen sich auf eine Arzneimittelsubstitution.“

Mit 184 Medikationsfehlermeldungen blieb die Anzahl annähernd gleich zum Vorjahr (187). Ihr Anteil innerhalb der UAW-Meldungen stieg jedoch von 6 auf 7,7 Prozent. Ebenso wurden annähernd gleich viele Verdachtsmeldungen zu Arzneimittelmissbrauch erfasst (2020: 56, 2019: 55).

Apotheker leisten unverzichtbaren Beitrag zur Arzneimittelsicherheit

Unter den berichteten Verdachtsmeldungen zu Qualitätsmängeln (6.336 Meldungen) wurden, wie in den Jahren zuvor, am häufigsten Verpackungsfehler gemeldet, gefolgt von mechanischen Defekten, galenischen Mängeln und Deklarationsmängeln. Im Jahr 2020 erhielt die AMK mit insgesamt zehn Meldungen deutlich weniger Berichte zu vermuteten Manipulationen bzw. Fälschungen (2019: 54). Die zuständige Überwachungsbehörde des jeweils betroffenen Zulassungsinhabers wurde in rund 38 Prozent (2.385 Meldungen) aller vermuteten Qualitätsmängel von der Kommission benachrichtigt.

Zudem erhielt die AMK-Geschäftsstelle im Jahr 2020 mit insgesamt 1.047 Einsendungen erneut weniger Reklamationsmuster als im Vorjahr (2019: 1.565). Bei rund 20 Prozent der eingesandten Muster wurde eine Untersuchung im Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker veranlasst. In 15 Prozent der Laboruntersuchungen konnte ein Verdachtsfall bestätigt werden.

Die AMK veröffentlichte im Jahr 2020 insgesamt 313 Nachrichten, darunter 33 Rote-Hand- und Informationsbriefe, 23 Informationen der AMK sowie 46 weitere Nachrichten zu Risiken von Arzneimitteln oder anderen Produkten, die von Behörden, Herstellern und relevanten Institutionen veröffentlicht wurden. Darüber hinaus wurden 170 Chargenrückrufe, zwölf Chargenüberprüfungen sowie 27 Rückrufe über die AMK bekanntgegeben und Apotheken zweimal mittels AMK-Phagro-Schnellinformationen unmittelbar über dringende Arzneimittelrisiken informiert.

„Insgesamt leisteten die Apotheken auch während der SARS-CoV-2-Pandemie einen unverzichtbaren Beitrag zur Erhöhung der Arzneimittel(therapie)sicherheit und damit für die Patientensicherheit“, betont die Kommission. „Insgesamt 34 AMK-Nachrichten beruhten auf 372 Meldungen aus 340 Apotheken. Weitere 655 Spontanberichte aus 571 Apotheken führten zur Einleitung korrektiver, risikominimierender Maßnahmen beim betroffenen Hersteller.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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