Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

07.03.2021, 08:00 Uhr

Arbeitest du noch oder testest du schon? (Foto: Alex Schelbert)

Arbeitest du noch oder testest du schon? (Foto: Alex Schelbert)


Es ist die Woche der Schnell- und Heimtests! Während wir noch versuchen, die fünf Öffnungsschritte zur schrittweisen Öffnung des Lockdowns zu verstehen, fragen wir uns, ob wir ab Montag von Bürgerinnen und Bürgern überrannt werden, die ihren vom Gesundheitsminister angekündigten Gratis-Schnelltest bei uns einfordern – den wir Apothekers noch gar nicht flächendeckend anbieten können. Außerdem gibt’s noch keinen Abrechnungsmodus für die jetzt vergüteten goldene-Nase-verdächtigen 6+12 statt wie vorher 9+9 Euro. Und dm will auch noch mittesten. Aber es gibt ja auch noch Heimtests für Zuhause. Und damit die Schnell- und Heimtests nicht ausgehen, gibt’s eine neue Taskforce – mit Spahn und Scheuer im Duett. Und wir dachten, das soll endlich mal funktionieren.

1. März 2021

Ein Minus von 17,4 Prozent bei GKV-Rezepten im Vergleich zum Vorjahr – mein liebes Tagebuch, das ist nur eine Auswirkung des Lockdowns auf die Apotheken. Ein schmerzhafter Einbruch. Woran liegt’s? Standen die Menschen noch vor einem Jahr vor den Apotheken Schlange, hat sich das Bild längst geändert: Die Menschen gehen weniger zum Arzt. Für die Apotheken bedeutet dies weniger Rezepte. Hinzukommen mehr Ausgaben für Corona-Schutzmaßnahmen in den Apotheken (Plexiglaswände, Schutzmasken fürs Team, Desinfektionsmittel etc.) – die Pandemie belastet die Apotheken auch finanziell. Und im Gegensatz zu Arztpraxen können sie keine 6,41 Euro pro Patient für „erhöhte Hygienemaßnahmen im Rahmen der Covid-19-Pandemie“ mit den Kassen abrechnen. Da wäre es doch ein Zeichen unseres Bundesgesundheitsministers gewesen, wenn er sich dafür ausgesprochen hätte, die Laien-Schnelltests apothekenpflichtig zu machen – allein schon wegen der notwendigen Beratung…

 

Schnelltests für alle –  Spahns vollmundige Ankündigung nach dem Muster Freibier für alle konnte so nicht stehen bleiben. Klar, da musste eine Präzisierung her. Nun hat das Bundesgesundheitsministerium noch mal nachgedacht und schlägt vor, zwei kostenlose Schnelltests pro Woche für alle Bürgerinnen und Bürger zu spendieren – heißt es zumindest in einem Diskussionspapier des Ministeriums zum Wochenbeginn. Im Lauf der Woche wird daraus nur noch ein Gratis-Schnelltest pro Woche für alle. Unter Schnelltests versteht man dabei solche Tests, die von geschultem Personal abgenommen werden, zum Beispiel in Testzentren, in Apotheken, Arztpraxen oder anderen Dienstleistern. Als Vergütung hat das Ministerium – und jetzt aufgepasst! – bis zu 6 Euro pro Schnelltest und 12 Euro für den Abstrich und das Ausstellen eines Testzeugnisses kalkuliert. Richtig Klasse, mein liebes Tagebuch, bis jetzt gab es nur 9 + 9 Euro pro Test und dann soll’s auf einmal wahnsinnige 6 + 12 Euro geben! Da hat sich doch Bahnbrechendes in der Vergütung geändert, oder? Hat da vielleicht Jens Spahn zusammen mit Andi Scheuer neue Berechnungen angestellt? Mal im Ernst, mein liebes Tagebuch, von Apotheken, die bereits Testzentren betreiben, weiß man, dass man mit dieser Vergütung drauflegt. Man kann allenfalls eine schwarze Null schreiben, wenn man die Tests in größerem Umfang durchführen kann. Also mit 5 bis 10 Tests pro Tag kommt man mit dieser Vergütung von 18 Euro auf keinen grünen Zweig, da tut man allenfalls etwas für die Ehre. Denn der Aufwand für eigene Räume, für eine Buchungs-Software, für Schutzkleidung usw. ist immens. Dabei wäre es doch wirklich sehr schön, wenn sich möglichst viele Apotheken an diesen bundesweiten Schnelltest-Aktionen beteiligen könnten und würden. Immerhin sollen, so die Planung des Ministeriums, diese „Bürgertests“ erstmal bis Ende Juni angeboten werden.

 

Übrigens, nur so mal zum Vergleich: Auch unser Nachbar Frankreich testet, testet, testet. Fast an jeder Ecke von Paris kann man sich testen lassen, berichtet die Stuttgarter Zeitung. Meist organisieren unsere französischen Kolleginnen und Kollegen die Tests unmittelbar vor ihren Apotheken. Und das machen sie gerne: Der Staat zahlt ihnen pro Test – Achtung, liebe deutschen Apothekers, nicht traurig werden – ordentliche 34 Euro pro Abstrich. Allerdings, all die Tests scheinen nicht wirklich ein Ausweg aus der Pandemie zu sein. Und deshalb muss auch in Frankreich mehr geimpft werden. Die Regierung hat das erkannt: Künftig soll der Impfstoff nicht nur in Impfzentren und Arztpraxen verabreicht werden – sondern auch in Apotheken. Mein liebes Tagebuch, wie lange wird es dauern, bis diese Erkenntnis bei uns ankommt?

2. März 2021

Sie stehen ante Portas, die Sars-CoV-2-Selbsttests für Laien und für Zuhause. In den kommenden Tagen werden sie ausgeliefert, an Städte und Kommunen sowie an Apotheken, aber auch an Drogeriemärkte und Discounter. Apotheken haben sie nicht exklusiv. Aldi startet bereits am Samstag, 6. März, mit dem Verkauf und wirbt im Internet mit einem 24,99 Euro-Angebot für 5 Tests. Andere Anbieter im Netz versuchen, Angebote um die 10 Euro pro Test an die Frau und an den Mann zu bringen. Man wird sehen, da ist noch Luft nach unten. Mittlerweile hat das Bundesinstitut für Arzneimittel bereits für sieben Tests eine Sonderzulassung erteilt, weitere sollen folgen. Auf DAZ.online gibt es eine Zusammenstellung der wichtigsten Infos über diese Tests. Wir Apothekers stellen uns nun die Frage, ob die Menschen mit den Selbsttests wirklich sachgerecht umgehen können. Und mal ehrlich, wenn jemand noch nie im Leben so ein Testkit gesehen oder damit gearbeitet hat, für den kann es durchaus eine Herausforderung sein, so einen Test durchzuführen. Und so erwarten einige Apothekerinnen und Apotheker durchaus, dass Menschen mit ihrem beim Discounter gekauften Test in der Apotheke stranden und um Beratung bitten. Und dann? Für Apothekerin Margit Schlenk. Nürnberg, ist die Sache klar: Beratung kostet Geld. Sie verlangt für eine Beratung zu Tests, die nicht in ihrer Apotheke gekauft wurden, 9,95 Euro Honorar. Sie hofft zwar nicht, dass dies der Fall sein wird. Aber sollte es so kommen, will sie nicht zurückstecken. Sie weiß, was ihre Leistung wert ist. Richtig, mein liebes Tagebuch, Beratung kostet. Aber letzten Endes wird man sich als Apothekerin, als Apotheker dann doch noch fragen, wer da vor einem steht. Kleiner Ausweg aus dem Dilemma: Man kann diese Kunden auf das gut gemachte Erklär-Video verweisen, das auf der Internetseite von Aldi-Süd steht…

 

Es sieht nach großer Hilflosigkeit aus, was sich so manche Bundesländer einfallen lassen, um der Pandemie Herr zu werden. Ein Beispiel: In Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf haben die Kommunalpolitiker in der Altstadt sogenannte Verweilverbotszonen eingerichtet, etwa entlang der Rheinpromenaden. Menschen dürfen sich zwar dort aufhalten, „solange sie sich fortbewegen, jedoch nicht verweilen im Sinne von länger stehen bleiben, sich hinsetzen oder zum Beispiel auf eine Wiese legen“, schreibt die Stadt auf ihrer Internetseite. Und das gilt z. B. freitags bis samstags ebenso wie samstags bis sonntags zu besonderen Tages- und Nachtzeiten. Und damit das von der Bevölkerung auch peinlich genau eingehalten wird, hat die Stadt noch 300 Schilder aufgestellt, die darauf hinweisen. Zusätzlich sendet sie einen Ordnungs- und Servicedienst aus, begleitet von Polizisten, die die Einhaltung der Vorschriften kontrollieren. Schon klar, mein liebes Tagebuch, man möchte größere Menschenansammlungen an beliebten Plätzen und Wegen vermeiden. Aber dennoch, die Düsseldorfer Variante wirkt doch arg hilflos. Wissenschaftler wie der Physiker und Aerosol-Forscher Dr. Gerhard Scheuch wissen, dass die Gefahr, sich im Freien zu infizieren, relativ gering ist. Mein liebes Tagebuch, statt solche einen Aktionismus an den Tag zu legen, wäre es besser dafür zu sorgen, Impfzentren mit ausreichend Impfstoff zu versorgen, die Verimpfung durch ausreichend Personal zu beschleunigen und die Terminvergabe zu verbessern.


Es gibt eine neue Strategie unserer Bundesregierung, wie das Land aus dem Lockdown kommen soll. Und man hat das Gefühl, nach jedem Lockdown wird der Ausstieg noch komplizierter. Dass so eine Strategie angesichts der Lage und der Mutanten nicht einfach sein wird, war zu erwarten. Aber was da heute herausgekommen ist, macht jedem Puzzlespiel die Ehre: Es ist ein Mix aus mehreren Öffnungsschritten, verteilt über die nächsten vier Wochen, abhängig von der Inzidenz, außerdem gibt’s vom Bund bezahlte Schnelltests für alle einmal die Woche, durchgeführt von Testzentren aller Art, und Laien-Schnelltests, die es zum Selbstkauf überall gibt. Möglicherweise werden dann Tests zu Türöffnern für mehr Freiheiten. Mein liebes Tagebuch, aber wir haben noch wenig darüber gehört, wie die Impfungen beschleunigt werden können. Da müssen unbedingt noch mehr Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Mit dem jetzigen Impftempo kommen wir nicht schnell genug weiter.

 

Wie sieht es eigentlich mit der Bereitschaft von Apotheken aus, Corona-Schnelltests anzubieten? Der Apothekerverband Nordrhein machte dazu eine Blitzumfrage. Das Ergebnis: Die Bereitschaft, solche Tests anzubieten, ist bei vielen Apotheken im Prinzip da. Nach Einschätzung der Befragten ist eine bürgernahe Versorgung mit Corona Schnelltests, die in Apotheken durchgeführt werden, möglich. Derzeit führt heute jede zehnte Apotheke in Nordrhein bereits Corona Schnelltests durch. Laut Umfrage-Ergebnis, würde sich jede dritte Apotheke beteiligen. Allerdings, mit einer Vergütung von insgesamt 18 pro Test lässt sich das nicht machen. Die Investitionen, zusätzliche Mietkosten für separate Räume, EDV, Hygiene- und Schulungsmaßnahmen lassen sich damit nicht stemmen. Die Apotheken erwarten eine wirtschaftlich angemessene Honorierung von etwa 35 € je Test. Mein liebes Tagebuch, so ist es, das sind klare Vorgaben. Wenn flächendeckend getestet werden soll, muss sich Spahn bewegen.

3. März 2021

Zäh und mühsam geht es voran, aber immerhin es geht voran: Das Bundesgesundheitsministerium plant eine weitere Anpassung der Corona-Impfverordnung. Ein Appell der ABDA sowie von Verbänden und Kammern ist beim Bundesgesundheitsministerium angekommen: Apothekenpersonal, das Corona-Schnelltests durchführt, wird in die Prioritätsstufe 2 eingestuft. Mein liebes Tagebuch, alles andere wäre auch nicht mehr verständlich. Denn bisher ist bereits schon das Personal von Sars-CoV-2-Testzentren, also auch Apothekerinnen, Apotheker  und PTAs, die in solchen Zentren arbeiten, in dieser Prioritätsstufe erfasst. Aufgrund der neuen  Verordnung wird sich also schon bald das Apothekenpersonal, das in Apotheken die Corona-Schnelltests durchführt, impfen lassen können. Außerdem sieht der Verordnungsentwurf vor, künftig auch Vertrags- und Privatarztpraxen sowie Betriebsarztpraxen in die Impfungen einzubeziehen. Auch das, mein liebes Tagebuch, ist längst überfällig. Die neue Verordnung soll bereits am kommenden Montag, 8. März, in Kraft treten.

 

Die aktuelle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die kommende Grippesaison, bei den über 60-Jährigen nur den hochdosierten Grippeimpfstoff Efluelda einzusetzen, wäre eine Lizenz zum Gelddrucken für den Hersteller Sanofi Pasteur gewesen. Die Krankenkassen hatten bereits verkündet, nur diesen Impfstoff zu erstatten. Die über 60-Jährigen hätten keinen Anspruch auf einen anderen Grippeimpfstoff gehabt, wenn es zum Beispiel Lieferengpässe gegeben hätte. Das war auch dem Bundesgesundheitsministerium nicht geheuer. Ein neuer Verordnungsentwurf soll nun regeln, dass Versicherte ab 60 Jahren auch Anspruch auf die inaktivierten tetravalenten Influenza-Impfstoffe haben. Liebes Tagebuch zum Glück setzt sich dann doch noch die Vernunft durch.

4. März 2021

Mein liebes Tagebuch, war nicht auch schon mal von mindestens zwei kostenlosen Schnelltests pro Woche für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes die Rede? Nix da. Unsere Bundesregierung hat sich dazu entschlossen, lediglich einen kostenlosen Schnelltest pro Woche zu bezahlen. Mein liebes Tagebuch, mal ehrlich, eigentlich hätte man sich angesichts der vollmundigen Ankündigung für eine nationale Teststrategie und unter dem Eindruck der Parole „testen, testen, testen“ mehr versprochen. Außerdem sollen bekanntlich Schnelltests den Weg in die Normalität weisen. Nun ja, man wird sehen, wie weit man mit einem Test pro Woche kommt. Und ob man damit überhaupt weiterkommt. Denn eine ausreichend große Zahl an Testzentren, testenden  Apotheken und sonstigen Anbietern von Schnelltests, die die Nachfrage nach diesen wöchentlichen Gratis-Tests stemmen könnten, gibt es noch gar nicht im Land. Und, vor allem mein liebes Tagebuch, gibt es noch keine Infrastruktur, mit der diese Tests und vor allem die Abrechnung der Tests erfasst werden kann. So könnte sich eine Person beispielsweise in der Apotheke A testen lassen, und zwei Tage später in der Apotheke B oder in einem Testzentrum. Wie werden diese Tests erfasst, wie werden sie abgerechnet? Und das Beste: am Montag, 8. März, soll es losgehen. Das kann heiter werden. 
Unsere ABDA jedenfalls begrüßt die Einbindung der Apotheken in die Teststrategie, erwartet aber eine pragmatische Umsetzung. Und sie sagt, dass das Testen in Apotheken unbürokratisch funktionieren und wirtschaftlich machbar sein muss. Aber sie weiß auch, dass die Durchführung der Antigen-Tests ein freiwilliges Angebot jeder Apotheke sein wird. Denn es wird nicht jede Apotheke anbieten können. Mein liebes Tagebuch, was die Wirtschaftlichkeit der Tests betrifft, so hätte ich mir von der ABDA noch einen deutlichen Appell gewünscht, dass es mit einer  Vergütung von insgesamt 18 € wirtschaftlich nicht machbar ist.


Mittlerweile hat es sich bis zur Ständigen Impfkommission (STIKO) herumgesprochen: Auch Menschen über 65 Jahre profitieren von einer Impfung mit dem Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca. Endlich, mein liebes Tagebuch, es hat gedauert, bis die STIKO Ihre Einschätzung änderte, da war einiges „dumm gelaufen“, wie STIKO-Chef Mertens suffisant einräumt, aber nun ja. Jetzt muss die aktuelle Empfehlung nur noch in die Priorisierungsliste eingepflegt werden und dann wird endlich auch dieser anfangs ungeliebte Impfstoff schneller und besser den Weg in die Oberarme der Älteren finden. Mein liebes Tagebuch, wie viele Personen hätten bereits geimpft werden können, wenn die STIKO schneller und flexibler reagiert hätte.

 

Die Pandemie ist noch nicht zu Ende. Der Deutsche Bundestag hat festgestellt, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite weiterhin fortbesteht. Das war auch nicht anders zu erwarten, muss aber offiziell auch festgestellt werden, damit die Sonderermächtigungen, die Sondergesetze und Verordnungen auch weiterhin Bestand haben können, beispielsweise auch die für Apotheken wichtige Sars-CoV-2 Arzneimittelversorgungsverordnung. Die getroffenen Sonderregelungen sind zu dem nicht mehr an ein fixes Datum wie den 31. März 2021 gebunden, sondern in Zukunft nur an die Feststellung der epidemischen Lage. Und so muss in Zukunft der Bundestag alle drei Monate neu entscheiden, ob eine epidemische Lage noch besteht. Außerdem hat das Parlament  einen Gesetzentwurf zur Fortgeltung der Pandemie-Maßnahmen beschlossen.

 

Die von Apotheken betriebenen Corona-Testzentren bekommen Konkurrenz: Die Drogeriemarktkette dm plant, in den Markt der Corona-Schnelltests einzusteigen und Testzentren zunächst in Baden-Württemberg zu eröffnen. Der Startschuss fiel am Freitag in Karlsruhe. Die Drogeriemarktkette hat dem Land und dem Bund sogar ein Konzept vorgelegt, wie der Aufbau weiterer Schnelltestzentren bei ihren dm-Märkten bundesweit umgesetzt werden soll. Ja, mein liebes Tagebuch, da wird nicht lang gefackelt, die machen einfach. Und wir gehen mal davon aus, die kriegen das auch hin. Und die Apotheke neben dem dm-Markt schaut zu. Spätestens jetzt stellt sich bei dem einen oder der anderen von uns möglicherweise Nachdenklichkeit ein: Warum haben wir uns nicht eher darum gekümmert? Warum überlassen wir das den Drogeriemärkten? Und überhaupt, hätte uns die ABDA nicht besser unterstützen sollen, wie man solche Testzentren schnell und unbürokratisch auf die Beine stellt? Oder eine ganz verwegene Idee: Wie wäre es gewesen, wenn die ABDA, die Verbände dem Bundesgesundheitsminister einen Plan vorgelegt hätten, wie die deutschen Apotheken bundesweit Testzentren aufbauen und zu welchen Konditionen dies hätte geschehen können – jedenfalls nicht für eine 18 Euro-Vergütung. Mein liebes  Tagebuch, das sind zu viele Hätte und Wäre, zu viel Irrealis. Wie gesagt, jetzt schauen wir bei dm zu, wie der das macht.

5. März 2021

Corona-Schnelltests: Wolfgang Blasig, der Chef des Landkreistages in Brandenburg, weiß, dass es die Kommunen nicht allein stemmen können, einen kostenlosen Schnelltest pro Woche für alle Bürgerinnen und Bürger anzubieten. Er hofft noch auf Unterstützung durch Apotheken, Arztpraxen und andere Testeinrichtungen. Mein liebes Tagebuch, es gibt sie also, die Chancen für Apotheken, hier mitzuwirken und dieses Feld nicht den Drogeriemärkten zu überlassen. Es wäre schön, wenn zum Beispiel ein Apothekerverband ein Konzept hätte, wie beispielsweise mehrere Apotheken gemeinsam ein solches Testzentrum betreiben können. Wenn sich die Last auf mehrere Schultern verteilt, schmerzt vielleicht die geringe Vergütung weniger. Aber der Dank der Kommunen und der Bevölkerung wäre den Apotheken gewiss.

 

Nicht mehr lange und dann werden sich die Menschen auch in Deutschland in den Arztpraxen gegen Corona impfen lassen können. Es sind mittlerweile genug Impfstoffe zugelassen, die nicht bei arktischen Temperaturen gelagert werden müssen. Fragt sich nur, wie diese Impfstoffe in die Arztpraxen gelangen? Bundesgesundheitsminister Jens Spahn weiß, wie es gehen soll: Der Vertrieb soll regulär über den pharmazeutischen Großhandel und die Apotheken laufen. Letztere organisieren heute schon den Sprechstundenbedarf für die Praxen, sagte der Minister. Und an diesen bewährten Strukturen will er offenbar festhalten. Na, mein liebes Tagebuch dann hoffen wir mal, dass Spahn bei seiner glasklaren Linie bleibt. Und wir Apothekers   schaffen schon mal Platz in unseren Kühlschränken.

 

In Köln gibt es allerdings eine Apotheke, die selbst den BioNTech-Impfstoff beim Hersteller einkaufen möchte. Sie hat die BioNTech Manufacturing GmbH auf Abgabe eines Verkaufsangebotes hinsichtlich des Impfstoffes verklagt, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. Es soll dabei um 195 Ampullen zu marktüblichen Bedingungen gehen, Streitwert 14.000 Euro. Die Kölner Apotheke geht davon aus, dass BioNTech wegen seiner marktbeherrschenden Stellung einem Kontrahierungszwang unterliegt. Außerdem, so argumentiert die Klägerin, gebe es weder eine Pflicht noch eine Befugnis zur vorrangigen Belieferung staatlicher Einrichtungen. Die Antragstellerin sei dringend auf den Impfstoff angewiesen, wenn sie ihre Pflicht als Apothekerin nachkommen wolle, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen, zitiert die FAZ den Anwalt der Klägerin. Eine Weigerung von BioNTech zum Vertragsabschluss sei deshalb „sittenwidrig“. Mein liebes Tagebuch, es könnte interessant werden, wie dieser juristischen Streit ausgeht, geht es doch auch um die Frage, ob es allein in den Händen des Staates liegen soll, wer den Impfstoff bekommt. Immerhin, das Landgericht Mainz hat die Klage nicht abgewiesen. Wie die FAZ weiter berichtet steht auch schon der nächste Unternehmer bereit, den Staat bei der Corona-Impfung  „zu unterstützen“: Der Münchner Baustoff- und Agrarhändler Baywa hat angeboten, der Bundesregierung den liegengebliebenen Corona-Impfstoff abzukaufen und an die eigene Belegschaft zu verimpfen, meldet die Nachrichtenagentur Reuters.

Epilog

Ab Montag, 8. März 2021, soll es wöchentlich einen Gratis-Schnelltests für alle Bürgerinnen und Bürger geben! Wow, welch ein Schnellschuss! Mit tausend offenen Fragen. Klare Vorgaben für Kassenärzte und Apotheken? Keine. Es ist unklar, wie die Tests abgerechnet werden sollen, und wie kontrolliert werden kann, ob ein Bürger seinen kostenlosen Schnelltest pro Woche schon wahrgenommen hat. Und dann noch das: Laut Corona-Gipfel sollen Bund und Länder gemeinsam eine „Taskforce Testlogistik“ bilden, „um die größtmögliche Verfügbarkeit und zügige Lieferung von Schnelltests einschließlich Selbsttests für die Bedarfe der öffentlichen Hand sicherzustellen“. Aber das Krönchen auf dem Corona-Desaster: Jens Spahn und Andi Scheuer sollen diese Taskforce leiten! Mein liebes Tagebuch, das ist keine Meldung aus der heuteShow, das ist Realsatire. Und eigentlich dachten wir, Logistik und Verteilung aller Tests sollen endlich zügig und unbürokratisch funktionieren. Und mit diesen himmlischen Aussichten gehen wir in eine wunderschöne neue Corona-Woche voller Überraschungen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

„Wenn sich die Last auf mehrere Schultern verteilt ...

von Gunnar Müller, Detmold am 07.03.2021 um 19:37 Uhr

... schmerzt vielleicht die geringe Vergütung weniger. Aber der Dank der Kommunen und der Bevölkerung wäre den Apotheken gewiss“ (???)
Könnte „unsere“ ABDA-Präsidentin nicht perfider formuliert haben...

Tja, lieber Tagebuchschreiber, die Hoffnung stirbt offenbar auch bei Ihnen zuletzt und ersetzt so manch ansonsten richtiges Argument.
Und wenn bereits Schwerter zu Pflugscharen wurden - warum also nicht auch Apotheken zu Testzentren. Zwar durchaus unterbezahlte aber vor allem: unterbeschäftigte MitarbeiterInnen gibt es ja gem. DAV-Experise „weniger Rezepte“ offenbar zuhauf (in Berlin ist man offenbar der Meinung, dass wir in den Apotheken nach Rezepten beschäftigt und bezahlt werden!!) ...

Nach Pneumokokkenimpfungs-, Corona-Impfstoff-, Masken- und Coupondesaster also nun die nächste Sau, die die Politik durchs Dorf treibt!

Und immer noch kommen die Menschen mit einem viel zu spät zugestellten Coupon 1 in die Apotheken.
Bin schon auf die ALG-II-Empfänger ab Montag gespannt, die lediglich max. 3 Wochen Zeit hatten, ihre Masken abzuholen, und nun leer ausgehen, da auch ihr Termin überschritten ist...
Aber darüber redet offenbar keiner.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Logik?

von Reinhard Rodiger am 07.03.2021 um 12:11 Uhr

Welch eine Logik! Statt eines konstruktiven Angebots zum Mitmachen kommt ein unterirdisches , weil nicht machbares Scheinangebot zum Testen.Das erzeugt moralischen Druck und beschädigt die Glaubwürdigkeit der Apotheken und vermittelt die Botschaft: "die können es nicht". Wenn sie nicht bereit sind, weit unter Wert und Machbarkeit zu arbeiten.So degeneriert eine existenzielle Aufgabe zum Marketing- goodie für die , die es sich leisten können.Und schafft schärft die Argumente zur sowieso gewollten Abschaffung.
Dieses perfide Ziel blieb ohne adäquate Antwort.Das ist die eigentliche Misere, die Verantwortung einfach auf die abzuschieben, denen die Möglichkeit verwehrt wird im Sinn der Versorgungssicherung tätig zu werden.
Die Gelegenheit, die Notwendigkeit von Wirtschaftlichkeit und die Dimension der Machbarkeit am "lebenden Beispiel" vorzuführen , wurde schmetternd verpasst.Dabei wäre hier das Thema, klar zu machen, dass Gemeinwohlaufgaben - wie auch der stetig bewältigte Alltag-Respekt und Achtung verdienen.Ausgedrückt in machbarer Honorierung ohne moralischen Druck, unter Wert tätig zu werden.

Hängen bleibt die Aufforderung an Aldi , Lidl , etc zu verkaufen und den Apotheken den Schneid abzukaufen..Ausser ansatzweise in Bayern nähert sich nirgends ein Angebot der in anderen Ländern als machbar erkannten Vergütung.Zeichen der Missachtung.

Kein Wunder, es wird ja auch nicht hörbar gefordert, zum Mitmachen auch bezahlt zu werden.

Nicht zuletzt ist nicht hinnehmbar, dass eine Politik verfolgt wird, Einzelunternehmen mit Gemeinwohlauftrag dem ungehinderten Konzerndruck (Incl.Versand!) auszusetzen.Denn
sie haben gegen beliebigen apitalzufluss keine Chance.
Das bedeutet, dass nichts verstanden wurde, was die Krise gelehrt hat. Resilienz ist der Schlüssel zur Sicherung in allen Belangen. Das ist die Befähigung, die Versorgung zu sichern und die gestellten Aufgaben zu erfüllen.

Die Resilienz wird stetig unterlaufen.Äusserst traurig, wie unter dem Brennglas zusehen zu müssen wie so Strukturen zerstört werden und es unwidersprochen bleibt.

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belegte Brötchen

von atopom am 07.03.2021 um 10:57 Uhr

Herr Laumann; LGM NRW, möchte doch bitte vorzugweise
die geliebten Bäcker für Corona-Schnelltests zum Einsatz
bringen.

In den Großstädten und dicht besiedelten Gebieten die
Filialisten auf dem Dorf, in den Tiefen und Weiten des
Landes die, die nicht unbedingt kleine Brötchen backen.

So könnte ein jede|r in den Genuss von Brötchen mit
Auf- und Abstrich kommen.

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Deutschland 2021

von Sabine Schneider am 07.03.2021 um 9:35 Uhr

Die Menschen stehen wie Bitsteller in Schlagen vor einem Aldimarkt. Herr Spahn Danke !

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Deutschland 2021

von Bernd Jas am 07.03.2021 um 13:12 Uhr

@ Frau Schneider,
das sind keine Menschen oder Mitbürger, das sind Konsumenten und Steuerzahler.

.

von Anita Peter am 07.03.2021 um 9:10 Uhr

In den USA werden in den Zoos mittlerweile Affen geimpft, während meine 87-jährige Mutter noch nicht mal einen Termin hat.
Eine unfähige Regierung, die entscheidende Dinge an die noch unfähigere EU abgibt. Deutschland im Jahr 2021. Aber hauptsache das mit dem Gender-Sprech funktioniert.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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