Valisure

Krebs durch Ranitidin?

Stuttgart - 01.03.2021, 07:00 Uhr

In einer Versuchsanordnung wurden bei einem konstanten pH von 2,5 die Nitritkonzentrationen variiert: 50 / 25 / 10 / 5 / 2,5 / 1 mmol/l Natriumnitrit. Dort wurde eine 150 mg Ranitidin-Tablette der Sorte „cool mint“ hinzugefügt. (Foto: IMAGO / ZUMA Wire)

In einer Versuchsanordnung wurden bei einem konstanten pH von 2,5 die Nitritkonzentrationen variiert: 50 / 25 / 10 / 5 / 2,5 / 1 mmol/l Natriumnitrit. Dort wurde eine 150 mg Ranitidin-Tablette der Sorte „cool mint“ hinzugefügt. (Foto: IMAGO / ZUMA Wire)


Erst am 7. Januar 2021 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte das vorläufige Ruhen aller Zulassungen von ranitidinhaltigen Arzneimitteln bis zum 2. Januar 2023 angeordnet. Hintergrund ist die Nitrosaminkrise, die im Sommer 2018 ihren Anfang nahm, doch neue Details wurden mit dem Ruhen der Zulassung nicht bekannt. In den USA lässt die Online-Apotheke Valisure mit angeschlossenem Labor derweil nicht locker. Sie hat im Journal JAMA neue In-vitro-Daten veröffentlicht und sieht auch genügend Anlass, sich mit dem Krebsrisiko durch Ranitidin auf epidemiologischer Ebene auseinanderzusetzen. Schließlich könnte sich das Ranitidin-Szenario im schlimmsten Fall auch auf andere Wirkstoffe übertragen lassen.

Ungefähr einen Monat nach Bekanntgabe des vorläufigen Ruhens der Ranitidin-Zulassung in Deutschland im Januar 2021 berichtete das Nachrichtenportal „Fierce Pharma“ am 1. Februar, dass in den USA die US-Online-Apotheke Valisure mit angeschlossenem Labor Ranitidin mittlerweile mit einem Krebsrisiko verbindet. Tatsächlich wurde am 29. Januar 2021 ein „Research Letter“ mit dem Titel „Analysis of Ranitidine-Associated N-Nitrosodimethylamine Production Under Simulated Physiologic Conditions“ von Valisure im Journal JAMA veröffentlicht. Begleitet von einem Kommentar („Invited Commentary“) des Pharmazeuten C. Michael White der „University of Connecticut“ mit dem Titel „Ranitidine’s N-nitrosodimethylamine Problem May be Tip of the Iceberg“. Darin geht es allerdings zunächst nicht um epidemiologische Daten, die eine Assoziation zwischen Krebs und Ranitidin untersuchen.

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Valisure erörterte seine neuen Erkenntnisse am 29. Januar 2021 auch auf seiner Homepage. Daraus geht hervor, dass eigentlich beabsichtigt war, am 10. Januar 2020 eine wissenschaftliche Arbeit (mit Peer-Review) zu veröffentlichen, die eben auch solche epidemiologischen Daten beinhaltet hätte. Am 9. Januar 2020 wurde jedoch die Veröffentlichung der Studie gestoppt, weil in der Analyse neue chemische Methoden zur Anwendung kommen sollten, heißt es.

Gemeint sein dürfte, dass 2019 noch zunächst eine zwar durch die FDA empfohlene Analyse-Methode für die Bestimmung von NDMA genutzt worden war, wobei die Probe aber 15 Minuten lang auf 130 °C erhitzt wurde, was zur Bildung von NDMA aus Ranitidin in hohen Mengen führte – bis zu rund 3 mg. Die Proben wurden außerdem damals – wie auch in der neuesten im JAMA veröffentlichten Arbeit – mit Natriumnitrit versetzt, um eine mögliche ungünstige Konstellation im Magen nachzuahmen, allerdings wurden die zugesetzten Mengen von Kritikern als viel zu hoch bezeichnet. Im November 2019 meldete dann auch die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA untersucht zu haben, ob sich NDMA im Magenmilieu aus Ranitidin bildet (bei normaler Ernährung) – offenbar war das bei den Untersuchungen der FDA im Widerspruch zu Valisure nicht der Fall. Auch in einer simulierten Dünndarmumgebung soll sich kein NDMA gebildet haben, hieß es damals. Jedoch schrieb die FDA auch: „Allerdings müssen wir die Arzneimittel noch im menschlichen Körper testen, um vollständig zu verstehen, ob Ranitidin NDMA bildet.“

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Valisure hat dann offenbar an seinem Testverfahren gefeilt und seine Analysen mit der neuen von der FDA empfohlenen Methode wiederholt. Die Ergebnisse wurden nun im JAMA veröffentlicht, während weitere epidemiologische Daten getrennt veröffentlicht werden sollen. Man kann diese aber bereits auf dem Preprint-Server „medRxiv“ einsehen.

Bei einem pH von 2,5 bildet sich am meisten NDMA

Die Preprint-Studie basiere auf den chemischen Daten der JAMA-Veröffentlichung. In dieser habe man versucht, die NDMA-Bildung aus Ranitidin unter simulierten physiologischen Magenzuständen weiter zu charakterisieren. Dazu wurden 100 ml künstliche Magenflüssigkeit mit 50 mmol/l Natriumnitrit und variierenden pH-Werten verwendet: 1,2 / 2,5 / 3,5 / 4,5 / 5,5. Ranitidin-Tabletten in einer Dosis von 150 oder 300 mg wurden hinzugegeben. In einer weiteren Versuchsanordnung wurden bei einem konstanten pH von 2,5 die Nitritkonzentrationen variiert: 50 / 25 / 10 / 5 / 2,5 / 1 mmol/l Natriumnitrit. Dort wurde eine 150 mg Ranitidin-Tablette der Sorte „cool mint“ hinzugefügt. Alle diese Versuche wurden bei 37 °C durchgeführt, und die Proben wurden nach 2 h gezogen. Das Ergebnis: „Mittels LC-HRMS konnten wir die Bildung von NDMA aus Ranitidin in SGF [künstliche Magenflüssigkeit] über eine Reihe von physiologischen Bedingungen nachweisen.“ Bei einem pH von 2,5 schien sich bei konstanter Nitrit-Konzentration (50 mmol/l) am meisten NDMA zu bilden. Hielt man den pH-Wert bei 2,5 konstant, bildeten sich selbst bei einer Nitritkonzentration von 1 mmol/l noch 947 ng NDMA. Als lebenslang zulässige Aufnahme werden derzeit von den Behörden 96 ng/Tag toleriert. 

Die Autor:innen gestehen zwar ein, dass ihre Analysen nicht ohne Einschränkungen zu betrachten seien – so umfassten sie ein breites Spektrum reaktiver Bedingungen, von denen einige über das übliche Magenmilieu hinausgingen –, doch sie sehen darin genügend Anlass, in epidemiologischen Studien der Frage nachzugehen, inwieweit ihre Ergebnisse ein Problem für die öffentliche Gesundheit bedeuten. 

Kommentar: Auch andere Wirkstoffe prüfen

Dass diese Schlussfolgerung angebracht ist, sieht auch der Pharmazeut C. Michael White von der „University of Connecticut“ so. In seinem begleitend im JAMA veröffentlichten Kommentar schreibt er zudem, Forscher:innen müssten prospektiv auch andere Arzneimittel mit Dimethylamingruppen daraufhin überprüfen, ob NDMA auch bei höheren Temperaturen oder nach der Einnahme gebildet werden kann. Dazu verweist er auf eine Liste an Arzneimitteln, die in einer Studie von 2011 zur Wasserdesinfektion veröffentlicht wurde. In der Studie fand man laut White heraus, dass unter den gegebenen Bedingungen der Wasserdesinfektion nach 24 Stunden von Ranitidin 94 Prozent in NDMA umgewandelt worden waren, was viel mehr gewesen sei als bei zwei anderen H1-blockierenden Antihistaminika (Doxylamin und Chlorphenamin), Sumatriptan, Nizatidin, Diltiazem und Tetracyclin – jedoch hätten alle diese Medikamente NDMA erzeugt.

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Im Dezember 2019 war auch DAZ.online bereits der Frage nachgegangen, welche weiteren Arzneimittel – nach den Sartanen, Ranitidin und Metformin – von Nitrosaminverunreinigungen betroffen sein könnten. DAZ.online bezog sich damals auf eine wissenschaftliche Arbeit vom November 2018, die sich eigentlich mit den möglichen Analysemethoden zu NDMA auseinandersetzt. Veröffentlicht wurde sie unter „NDMA impurity in valsartan and other pharmaceutical products: Analytical methods for the determination of N-nitrosamines“ im „Journal of Pharmaceutical and Biomedical Analysis“. Dort werden auch Doxylamin, Chlorphenamin, Sumatriptan, Nizatidin, Diltiazem und Antibiotika genannt, aber auch noch weitere Wirkstoffe, die potenziell das Risiko tragen, mit NDMA verunreinigt zu sein. So lässt sich jedenfalls auch die Motivation hinter dem Titel des Kommentars im JAMA erklären: „Das N-Nitrosodimethylamin-Problem von Ranitidin könnte die Spitze des Eisbergs sein“.

Warum man bei Ranitidin nicht lockerlassen sollte

Warum man, nach dem umfassenden Sartan-Skandal des Sommers 2018 und möglichen bekannt gewordenen Gefahren bei Metformin, nun gerade Ranitidin, das in deutschen Apotheken eher selten über den HV-Tisch geschoben wurde,  besondere Aufmerksamkeit schenken sollte, erklärt White so: „Angiotensin-Rezeptorblocker und Metformin-Präparte mit verlängerter Wirkstofffreisetzung werden während der problematischen Herstellung des pharmazeutischen Wirkstoffs oder des pharmazeutischen Fertigprodukts mit NDMA verunreinigt. Das bedeutet, dass das Auffinden einer akzeptablen Menge an NDMA in den pharmazeutischen Wirkstoffen oder Fertigprodukten zum Zeitpunkt der Herstellung sicherstellt, dass unabhängig von der Zeit, die danach vergeht, wahrscheinlich kein zusätzliches NDMA gefunden wird. Leider kann Ranitidin sowohl während des Herstellungsprozesses mit NDMA verunreinigt werden, da das Ranitidin-Molekül aber abgebaut wird, kann auch später neues NDMA entstehen.“

Die von Valisure aktuell veröffentlichten Ergebnisse seien zwar In-vitro-Daten, erklärt White, doch würden sie durch eine klinische Studie aus dem Jahr 2016 gestützt, in der Urinproben von fünf Frauen und fünf Männern über 24 Stunden vor und nach der Einnahme von 150-mg-Ranitidin-Tabletten gesammelt wurden. „Nach der Einnahme von Ranitidin stieg das NDMA im Urin von einem Ausgangswert von 110 ng/d auf 47.600 ng/d an“, schreibt er und fügt hinzu: „Leider haben Zen und Mitch die Ranitidin-Tabletten vor der Einnahme nicht auf NDMA getestet, sodass nicht festgestellt werden konnte, ob das NDMA in den Tabletten oder im menschlichen Körper entstanden ist.“ DAZ.online hatte in Bezug auf diese Studie außerdem bereits berichtet, dass 2019 Valisure ein Enzym (DDAH-1) identifiziert haben will, das die weitere Bildung von NDMA im Körper, außerhalb des Magens, erklären könnte.

In Bezug auf die In-vitro-Untersuchungen der FDA, die unter physiologischen Bedingungen keine (zusätzliche) NDMA-Bildung nachwiesen, schreibt White, dass die FDA ihre konkreten Ergebnisse nicht veröffentlicht habe. Wenn man sicher sein wolle, müsse man aber die Methoden der FDA mit denen von Valisure vergleichen können. 

Weiteren Grund zur Sorge sieht White darin, dass es vorläufige Daten gibt, die darauf hindeuteten, dass die Anwendung von Ranitidin mit der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht werden könnte, auch wenn diese Studien alles andere als schlüssig seien

Epidemiologische Daten nur „hypothesengenerierend“ 

Angesichts all dieser Verdachtsmomente und ausreichender Alternativen erscheint die Marktrücknahme von Ranitidin also nachvollziehbar. Zudem weist Valisure auf einen weiteren Unterschied zwischen dem Fall Ranitidin und den Sartanen hin: So hätten epidemiologische Studien seit der Nitrosaminkrise auch die Verwendung von Valsartan untersucht, aber bislang keine Assoziationen mit irgendwelchen Krebserkrankungen beim Menschen ergeben.

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Kein Grund zur Sorge, aber auch keine Entwarnung

Die von Valisure auf dem Preprint-Server MedRxiv veröffentlichte Studie habe nun 10.347 Krebspatient:innen ausgewertet, schreibt Valisure. Um eine mögliche Verzerrung der Ergebnisse auszuschließen, wurden die Analysen auf Personen beschränkt, die über die Einnahme von Ranitidin oder eines aktiven Vergleichspräparates berichteten, wie Protonenpumpeninhibitoren oder andere H2-Blocker. Die Patient:innen waren im Schnitt knapp 64 Jahre alt und zu 50 Prozent männlich. 8,4 Prozent nahmen tatsächlich Ranitidin ein, der Rest ein Vergleichspräparat.

Aus den Daten gehe hervor, dass es eine signifikante Assoziation zwischen dem Einsatz von Ranitidin und erhöhten Diagnose-Raten für Brust-, Schilddrüsen-, Blasen- und Prostata-Krebs gebe. Man habe bewusst Magen- und Speiseröhrenkrebs aus der Analyse ausgeschlossen, um auch hier mögliche Verzerrungen oder umgekehrte Kausalitäten zu vermeiden.

„Die Toxizität und Kanzerogenität von N-Nitrosaminen ist laut BfR in zahlreichen Monografien 'umfassend' dokumentiert. Ein besonderes Merkmal dieser krebserzeugenden Stoffe sei die eingeschränkte Organspezifität ihrer Wirkung, die von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Bevorzugte Zielorgane von N-Nitrosodimethylamin (NDMA) – das als Verunreinigung nun im chinesischen Valsartan entdeckt wurde – seien Leber, oberer Gastrointestinaltrakt, Respirationstrakt, Niere und Harnblase.“ (DAZ.online, 2018)

Die Autor:innen fanden nach eigenen Angaben aber auch einen unerklärten inversen Zusammenhang mit Krebserkrankungen des Gehirns und des Kolorektums. Sie betonen, dass ihre Daten als „hypothesengenerierend“ zu betrachten seien und lediglich Anlass zu größeren Analysen mit längerem Follow-up geben sollen. Die in den Daten beobachteten Assoziationen repräsentierten zudem nicht das Risiko für Krebserkrankungen in der Allgemeinbevölkerung, da es innerhalb der Studie keine krebsfreien Patient:innen gab. Prinzipiell bringt die Studie die üblichen Schwächen von Beobachtungsstudien mit sich.

Das sagt die EMA

Dass der Humanarzneimittelausschuss CHMP der EMA empfohlen hat, Ranitidin in der EU vorerst nicht mehr zu vermarkten, das hatte DAZ.online bereits im Mai 2020 berichtet. Auch wenn das Risiko, das von NDMA ausgeht, gering sei, schrieb die Europäische Arzneimittelbehörde EMA damals, sei die Nitrosaminverunreinigung doch in verschiedenen Ranitidin-Präparaten oberhalb akzeptabler Grenzwerte gefunden worden. Laut EMA gab es einige Hinweise, dass sich NDMA durch den Abbau von Ranitidin selbst bildet – mit zunehmender Konzentration über die Lagerdauer. Klar sei währenddessen nicht, ob NDMA auch im Körper aus Ranitidin entsteht. Die Studienlage wurde als widersprüchlich beschrieben.

Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hatte die Marktrücknahme von Ranitidin bereits am 1. April 2020 bekannt gegeben. Damit sollte aber weder in den USA noch in der EU das endgültige Aus von Ranitidin besiegelt werden. Auch die EMA empfahl Bedingungen, um die Aussetzung der Zulassung der Ranitidin-Präparate rückgängig zu machen – etwa durch Auflagen für Unternehmen, mehr Daten zur Verfügung zu stellen.

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Offenbar gefiel die Empfehlung des CHMP – die Zulassung zu pausieren – einem Zulassungsinhaber von Ranitidin (Ranitidina S.A.L.F.) in Europa nicht. Er beantragte eine erneute Prüfung, doch die EMA bekräftigte ihre ursprüngliche Empfehlung im September 2020. Auch wenn die Gefahr durch die Nitrosamin-Verunreinigungen in Ranitidin der Behörde zufolge für den Menschen nicht groß ist, hieß es, bleibt die Zulassung ausgesetzt – vor allem weil noch immer nicht klar zu sein schien, woher letztlich die Nitrosamin-Verunreinigungen in Ranitidin stammen.

Das CHMP über epidemiologische Studien zu Ranitidin

Am 7. Januar 2021 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schließlich das vorläufige Ruhen aller Zulassungen von ranitidinhaltigen Arzneimitteln bis zum 2. Januar 2023 angeordnet. Zur wissenschaftlichen Begründung im Einzelnen wird auf den Durchführungsbeschluss der EU-Kommission vom 24.11.2020 verwiesen. Daraus geht hervor, dass zwar epidemiologische und klinische Studien bisher kein erhöhtes Krebsrisiko nach einer Ranitidin-Anwendung haben nachweisen können, dennoch kam die Europäische Kommission nach der erneuten Bewertung der Stellungnahme des CHMP (Ausschuss der europäischen Arzneimittelbehörde für Humanarzneimittel) zu dem Schluss, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Ranitidin aktuell als negativ eingestuft werden muss. 

Ein theoretisches Risiko könne nicht ausgeschlossen werden. Während es wissenschaftlich plausibel sei, dass die Grunderkrankung bei Patient:innen, die mit H2-Rezeptor-Antagonisten behandelt werden, das Risiko für Magen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöht, sei jedes potenzielle Krebsrisiko aufgrund einer Exposition gegenüber NDMA im Zusammenhang mit der Anwendung von Ranitidin zwar gering und lasse sich „mittels konventioneller tierexperimenteller Studien oder epidemiologischer Studien wahrscheinlich nicht erkennen“, hieß es. Das liege aber daran, dass die Krebserkrankung verzögert auftritt und „jedes potenzielle Krebsrisiko aufgrund einer Exposition gegenüber NDMA im Zusammenhang mit der Anwendung von Ranitidin im Vergleich zum Grundrisiko für die Entstehung von Krebs im Laufe eines gesamten Lebens gering ist“. Jedoch könne ein Risiko nicht ausgeschlossen werden, da die aktuell verfügbaren Daten möglicherweise nicht zur Aufdeckung eines solchen Risikos geeignet seien, so die wissenschaftliche Begründung im November 2020

EMA: Fast jedes Ranitidin überschritt den Grenzwert

Immerhin hätten fast alle Ranitidin-Wirkstoffchargen und Arzneimittel, die im Hinblick auf NDMA getestet wurden, NDMA in einer Konzentration über dem Grenzwert von 0,16 ppm enthalten (basierend auf einer lebenslangen zulässigen Aufnahme von 96 ng/Tag und einer lebenslangen Ranitidin-Tageshöchstdosis von 600 mg). Das CHMP gelangte schließlich zu dem Schluss, dass NDMA in ranitidinhaltigen Arzneimitteln nicht nur als Verunreinigung (während des Herstellungsprozesses), sondern auch aufgrund des Abbaus von Ranitidin als Wirkstoff vorhanden ist. Der Abbau von Ranitidin als Wirkstoff und im Arzneimittel sei dabei unzureichend beschrieben. „Darüber hinaus gelangte der CHMP zu dem Schluss, dass das Risiko einer endogenen Bildung von NDMA nach der Verabreichung von Ranitidin derzeit nicht auszuschließen ist und dass weitere Untersuchungen durchzuführen sind.“



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
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