Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

21.02.2021, 08:00 Uhr

Erstaunlich, was jetzt alles möglich wird: Ein Test-Fest kommt auf uns zu. (Foto: Alex Schelbert)

Erstaunlich, was jetzt alles möglich wird: Ein Test-Fest kommt auf uns zu. (Foto: Alex Schelbert)


19. Februar 2021

Kostenlose Schnelltests für alle – das ist also Spahns Überraschungs-Coup im Rahmen der Nationalen Teststrategie. Apotheken, die es sich zutrauen, sind herzlich eingeladen, ein Testzentrum aufzubauen und mitzutesten. Fein, mein liebes Tagebuch, das klingt doch erstmal phantastisch gut, das hat was von Herausforderung, von Challenge und Abenteuer. Doch wie viele Apothekers wollen das? Oder besser, wie viele können das? Nun, Spahn weiß, dass das nicht alle können und auch nicht wollen. Und er sagt auch: „Es müssen nicht alle Apotheken mitmachen.“ Nun gut, und wenn eine Apotheke doch einsteigen will: Die ABDA stellt bereits entsprechende Arbeitshilfen zur Verfügung, macht aber darauf aufmerksam, dass die Durchführung solcher Tests mit einem hohen personellen, sächlichen und organisatorischen Aufwand verbunden ist, der nicht von jeder Apotheke geleistet werden könne.

Und wer wissen will, wie hoch der Aufwand tatsächlich ist, sollte sich vertrauensvoll an einen Apotheker wenden, der bereits ein Testzentrum betreibt. Dort bekommt man Tipps und Hinweise aus erster Hand. Dann bleibt noch die Frage: Lohnt sich das überhaupt? Wie so oft heißt hier die Antwort ganz klar: Jein. Die staatliche Vergütung für die Schnelltests (9 Euro Materialkosten plus 9 Euro Honorar je Test) ist mehr als knapp bemessen. Da sollte man schon täglich ein paar Tests mehr durchführen und eine gute Test-Software im Hintergrund laufen haben, damit man nicht in die roten Zahlen rutscht. Wofür es allerdings Pluspunkte gibt, wenn man testet, das ist der Imagegewinn für die Apotheke.

In einer Stellungnahme zum Vorstoß des Bundesgesundheitsministers macht die ABDA deutlich, dass sie „die bislang vorgesehene Vergütung für die Testdurchführung einschließlich Ausstellung eines Testzeugnisses von 9 Euro für nicht ärztliche Leistungserbringer als deutlich zu niedrig erachtet“. Diese Vergütung bildet den in den Apotheken entstehenden Aufwand nicht in ausreichender Weise ab. Welches Honorar die ABDA stattdessen erwartet, sagt sie allerdings  nicht. Mein liebes Tagebuch, ob Spahn die ABDA erhört? In einer Diskussionsrunde konnte ich selbst Jens Spahn fragen, ob er bei den neun Euro noch etwas zulegen kann. Seine Antwort sinngemäß: Er wolle die Bitte mal mitnehmen, aber er wisse auch, dass Apotheken und Testzentren sehr wohl mit diesem Honorar zurechtkämen. Mein liebes Tagebuch, lassen wir uns überraschen, vielleicht legt er mit der Verordnungsanpassung noch zwei, drei Euro drauf.

Und zum Thema Laientests: Da pocht die ABDA auf eine Apothekenpflicht für solche Produkte. Tja, mein liebes Tagebuch, wäre schön gewesen, wird aber nicht kommen. Da ist Spahn voll auf einem anderen Kurs: Laientests sind für Laien und dementsprechend sollen sie freiverkäuflich sein, und ja, selbstverständlich auch in Apotheken, aber auch bei Aldi. Also, mein liebes Tagebuch, die Apothekenpflicht für Laientests können wir uns abschminken.

 

Er ist derzeit einer der gefragtesten Apotheker in den Medien: Dr. Björn Schittenhelm, Inhaber der Alamannen-Apotheken in Holzgerlingen im Landkreis Böblingen. Spiegel, Stern, Welt und Markus Lanz berichten über seinen Einsatz und sein Engagement in Sachen Schnelltests. Sogar in der Tagesschau kam an erster Stelle ein Bericht, der das Schönbuch-Testzentrum von Schittenhelm zeigte. Mein liebes Tagebuch, was hat Schittenhelm gemacht? Schon sehr bald, im Dezember hat er ein Testzentrum aufgebaut im Auftrag des Gesundheitsamts. Der Landrat des Landkreises Böblingen war von dieser Aktion so begeistert, dass er Schittenhelm bat, in seinem Landkreis doch flächendeckend weitere Schnelltestzentren aufzubauen. Schittenhelm sprach vier weitere Kolleginnen und Kollegen an, die dann ebenfalls ein Testzentrum mit Hilfe seiner Erfahrung aufbauten. Dem Landrat gefiel das so gut, dass er, noch vor dem kostenlosen Testangebot von Jens Spahn, für alle Einwohner seines Landkreises kostenlose Tests anbietet. Mein liebes Tagebuch, wirklich ein tolles Projekt, das Schittenhelm hier initiierte und auf die Beine stellte. In meinem Podcast habe ich mit ihm darüber gesprochen, wie er dabei vorgegangen ist. Und natürlich spreche ich mit ihm auch über die Kosten. Übrigens, sein Wissen teilt er gerne mit Kolleginnen und Kollegen, die darüber nachdenken, PoC-Antigen-Schnelltests anzubieten. 

 

Die Frühjahrsveranstaltung des Apothekerverbands Nordrhein, der Zukunftskongress öffentliche Apotheken, fand auch in diesem Jahr statt, mittlerweile zum 13. Mal, in diesem Jahr allerdings virtuell. Mit dabei waren u. a. die Wissenschaftsjournalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, bekannt auch durch ihren Youtube-Kanal „maiLab“. Unter der Überschrift „Fakt statt Fake – Gesundheitskommunikation neu denken“ schaute sie sich mit erfrischenden Gedanken vor allem die Wissenschaftskommunikation in Zeiten von Corona an. Prof. Dr. Theo Dingermann zog in seinem Vortrag eine (Zwischen-)Bilanz über die Corona-Pandemie aus pharmazeutischer Sicht.

Und die politische Diskussion mit Dr. Georg Kippels (CDU), Jörg Schneider (AfD), Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP) und Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, drehte sich in erster Linie um die Rolle der Apotheken in  der Pandemie. Mal zwei Statements aus dieser Diskussion:  Thomas Preis ist überzeugt, dass Apotheker grundsätzlich bereitstehen, auch gegen Corona zu impfen, sollten Impfzentren, Ärzte und Betriebsärzte es nicht schaffen, die bald ausreichend zur Verfügung stehenden Impfdosen zu verimpfen. Außerdem unterstützen die Apotheken prinzipiell die neue Teststrategie der Bundesregierung, mehr Schnelltests durchzuführen, ist Preis überzeugt. Dass allerdings die kommenden Laien-Schnelltests nicht apothekenpflichtig sind – dafür hatte Preis erwartungsgemäß kein Verständnis. Der Verkauf im Supermarkt sei der falsche Weg. Und Andrew Ullmann meinte: Die Apotheker sind keine akademischen Verkäufer. Die Apotheker stellen ihr Licht unter den Scheffel. Da kommt zu wenig von der ABDA über. Er erwartet von der Berufsorganisation eine klare Aufstellung der apothekerlichen Leistungen und was sie dafür verlangen. Mein liebes Tagebuch, Gratulation an den AV Nordrhein, der ein attraktives Programm angeboten hat. Der virtuelle Kongress hat funktioniert. (Vielleicht hat ja die ABDA im Berliner Apothekerhaus zugesehen und festgestellt, dass ein berufspolitischer Kongress virtuell durchaus möglich ist – z. B. eine Anregung fürs kommende Wirtschaftsforum!).



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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12 Kommentare

Positiv sehen

von Harald Schmidt am 21.02.2021 um 21:27 Uhr

Vielleicht kann man die Entwicklungen in letzter Zeit auch äußerst positiv sehen für die Apotheken. Nachdem es jahrelang nur darum ging, Packungen über den Tresen zu schieben, Rezepte zu beliefern und sich über DocMorris zu ärgern, sind Apotheken plötzlich in das Zentrum des Interesses als lokaler, niederschwelliger Gesundheits-Anbieter hervorgetreten und breit akzeptiert. Einen genialeren Marketingschlag gegen DocMorris hätten sich die Apotheken nicht wünschen können. Also bitte mal aufhören zu jammern, immerhin sind Apotheken geöffnet und werden wie nie zuvor als wertvoll und kompetent anerkannt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Positiv sehen

von Anita Peter am 22.02.2021 um 6:22 Uhr

Schieben Sie nur Packungen über den Tresen? Dann läuft was falsch bei Ihnen.

AW: Positiv sehen

von Conny am 22.02.2021 um 7:39 Uhr

Der zweite Satz von Ihnen ist vollkommender Unsinn und hat in meiner Apotheke noch nie so stattgefunden.

AW: Positiv sehen

von Egon Günther am 22.02.2021 um 8:28 Uhr

Ach Herr Professor Schmidt, lange nichts von Ihnen gehört! Was macht das Aktienpaket im Keller?!
Sehen wir uns das Ganze doch mal an: Pandemie 2020, Vor-Ort-Apotheke kümmern sich, gleichen Versorgungsengpässe aus, beschaffen Masken, rühren Desinfektionsmittel an, beschaffen Pfegehilfsmittel, etc. all das neben dem üblichen Betrieb. Versorgen, rotieren, machen, tun. Oft an der Belastungsgrenze und mitten im Pandemiegeschehen. Einige schaffen es sogar noch, parallel Impfzentren mit aufzubauen und zu betreueen oder wie im Artikel beschrieben Test(zentren) zu betreiben. Alles, aller Ehren wert! Der kurzfristige Dank ist Ihnen garantiert. Kurzfristig. Dank. Klatschen. Wirtschaftlich lohnt sich davon so gut wie nichts, Verluste im RX-Bereich, gewaltig im OTC-Bereich. Aber was solls - andere dürfen gar nicht arbeiten.

Was passiert derzeit hinter der Käsegrenze: die Aktien der beiden Großen schießen ins Unendliche - Aktien-Gewinne jenseits des Vorstellungsvermögens, der OTC-Verkauf steigt. Also, alles richtig gemacht. Pandemie ist gut fürs Geschäft, pfeift Oberhänsli.
Aber was "jammere" ich...

Danke fürs Schulterklopfen, Herr Professor. Grüße gen Maastricht und bleiben Sie gesund!

AW: Positiv sehen

von Karl Friedrich Müller am 22.02.2021 um 9:43 Uhr

@ Herr Günther:
bravo!

Geburtsstunde des "freien Apothekers" ...

von Christian Timme am 21.02.2021 um 12:24 Uhr

Was muss denn noch alles passieren ...?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Wann nur, die Wiedergeburt des "freien Apothekers" ...

von Bernd Jas am 21.02.2021 um 13:06 Uhr

Die toten Fische werden im Strom mit fortgespült, die noch lebenden spielen im Takte Smetanas Moldau für die Nächsten.
Das Spiel ist schon lange bekannt.

"Bananenrebublik"

von Dietmar Bittenbinder am 21.02.2021 um 10:14 Uhr

"... zur Bananenrenrebublik mutiert ", auf allen Ebenen und in allen Bereichen reformbedürftig. Auch wir Apotheker sind ein Teil des Volkes, der gehört und mit dem nötigen Respekt vor unserer Arbeit und unserem Engagement fair behandelt werden muss. Alles andere ist nicht länger akzeptabel!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Dienstleistungen und Digitalisierung

von Karl Friedrich Müller am 21.02.2021 um 10:09 Uhr

Preise.
Egal, was für Aufgaben und Apotheken übertragen oder angeboten werden, ist es nicht nur zu einem möglichst geringen Honorar, sondern auch maximal kompliziert, also die Abrechnung. Man ist unfähig, für eine Dienstleistung einen Preis und einen Ablauf festzulegen. Nein, es müssen Unterschiede her, die freilich auch gesondert abgerechnet werden müssen mit x PZNR.
Die Digitalisierung macht es möglich. Ob Masken, Schnelltests, bei denen es mir mal wieder aufgefallen ist. Verschiedene Preise. Grenzgänger, Kita, Lehrer, was auch immer. Verschiedenes Abrechnen, am Besten auch noch verschiedene Bezahler.
Grundsätzlich soll die Digitalisierung alles einfacher machen? Nein! Es wird monströs kompliziert. Warum? Weil es geht! Dabei, so bin ich überzeugt, ließe sich die Akzeptanz der Digitalisierung erheblich steigern, wenn alles einheitlich und einfach wäre. 1000 Platformen, Anbieter, Netzwerke, damit verbunden ebenso viele Passwörter, Vorschriften.... wozu? Das ist kein Wettbewerb, das ist Schwachsinn.
Ist z.B ein Test nicht ein Test, egal an wem? Wieso verschiedene Preise, auch nach Anbieter? Die Intransparenz ist gigantisch und erheblicher Aufwand für jeden. Wahrscheinlich auch beabsichtigt. Keiner kann mehr etwas nachprüfen, wo Geld, Daten usw hinfließen.
Das zieht sich durch das ganze Apothekenleben.
Mit dem Computer kam das Chaos und nicht die Übersicht
In der Apotheke jedenfalls handhabe ich das so, dass Vorgänge möglichst einheitlich geplant werden. Das führt zu Sicherheit, wenig Fehlern und zur Zufriedenheit der Mitarbeiter.
Am Ende noch ein Wort zu Testzelten: so einfach ist das wohl nicht, weil die Teste einen bestimmten Temperaturbereich brauchen, Raumtemperatur. Da kann man zumindest im Moment, nicht einfach ein Zelt vor die Tür stellen.
Ich hab es schon mal geschrieben: wenn die Öffentlichkeit eine umfassende Testerei will, sollten sich die Behörden kreativ einbringen mit dem Stellen von Räumen, weil das finanziell nicht auch noch zu stemmen ist bei dem Risiko, dass es in 2,3 Wochen wieder vorbei ist und die Entlohnug ja nur „kostendeckend“ , wie immer. Dann könnten sich mehrere Apotheken zusammenschließen und abwechselnd Personal für Tests bereitstellen.
Es ist wieder zu viel Aktionismus, zu wenig denken. .

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ein Ja zu den COVID-19 Test

von Hundertmark Iris am 21.02.2021 um 8:41 Uhr

Mein Team und ich werden die Herausforderung der Durchführung kostenloser COVID 19 Tests ab 1. März annehmen. Wir sind bereits geübt, erfahren und routiniert, da wir sie bereits seit Wochen erfolgreich in der Apotheke anbieten. Die Anerkennung unter unseren Kunden hierfür ist groß.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 21.02.2021 um 8:16 Uhr

Nachdem die deutsche Politik die Maskenherstellung zurück nach Deutschland holen wollte, und viele Firmen die Produktion umgestellt, bzw. ausgebaut haben lese ich heute das:

https://www.welt.de/wirtschaft/article226763877/Trotz-Bundes-Foerderung-Behoerden-kaufen-Corona-Masken-in-Asien.html

Und jetzt gibts ein wenig Honig ums Maul, damit wir schön die Tests durchführen, und danach wieder den Tritt in den A*****. Manche Leute verstehen es bis heute nicht, das wir mit vorauseilendem Gehorsam nicht weiter kommen.

Nachdem Horst Drehhofer die Wissenschaft schon angewiesen hat, die entsprechenden Ergebnisse zu liefern, hat jetzt ein Ösi Doktorand das passende Strategie Papier dazu verfasst:

https://www.welt.de/politik/deutschland/article226755565/BMI-Sprachpruefer-verfasste-zentrale-Teile-eines-Corona-Strategiepapiers.html

Und das Impfchaos geht derweilen munter weiter. Zu was für einen Banenenrebublik sind wir doch mittlerweile verkommen.....

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Banenenrebublik

von Sabine Schneider am 21.02.2021 um 8:56 Uhr

Auch ein schöner neuer Begriff

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