Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

21.02.2021, 08:00 Uhr

Erstaunlich, was jetzt alles möglich wird: Ein Test-Fest kommt auf uns zu. (Foto: Alex Schelbert)

Erstaunlich, was jetzt alles möglich wird: Ein Test-Fest kommt auf uns zu. (Foto: Alex Schelbert)


18. Februar 2021

Der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, ist überzeugt, dass Spahn mit seinem Angebot der „kostenlosen Corona-Antigentests für alle“ eine übergeordnete Strategie verfolgt. Da die Impfkampagne mehr als holprig ist und aggressivere Virusmutationen das Infektionsgeschehen bestimmen, fokussiere sich die Politik jetzt auf die bewährte Methode: testen, testen, testen. Hinter Spahns Angebot für kostenlose Tests in Testzentren könnte auch die Absicht stecken, so Preis, die Zeit zu überbrücken, bis die Laien-Schnelltests zur Verfügung stehen. Mein liebes Tagebuch, das kann man durchaus so interpretieren. Preis geht davon aus, dass die professionell durchgeführten PoC-Antigen-Schnelltests an Bedeutung verlieren, wenn die Laientests auf dem Markt sind. Mit einem Run auf die Apotheken rechnet Preis nicht, denn zum einen sind bei den kostenlosen Testangeboten nicht nur einige Apotheken beteiligt (die dies auch wollen und können), sondern auch ärztliche Einrichtungen und andere Testzentren. 
Und wenn es dann die Laientests gibt: Da biete sich, so Preis, als Abgabestelle die öffentliche Apotheke an. Nun ja, mein liebes Tagebuch, wird leider nicht so kommen, Apothekenexklusivität gibt’s für diese Laientests nicht. Spahn will, dass sie freiverkäuflich sind.

 

Die Vizepräsidentin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, Tatjana Zambo, geht dagegen schon eher davon aus, dass die Nachfrage nach den PoC-Antigen-Schnelltests, wie sie bereits einige Apotheken anbieten, noch einmal deutlich steigen wird, wenn diese professionellen Tests kostenlos angeboten werden. Apotheken, die bereits ein Testzentrum betreiben, werden mit Sicherheit mit einer größeren Nachfrage rechnen müssen, meint sie. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg würde es jedenfalls begrüßen, wenn noch weitere Apotheken Testkapazitäten anböten, und bietet seinen Mitgliedern hier organisatorische Hilfen an. Mein liebes Tagebuch, natürlich wäre es sehr schön, wenn sich weitere Apotheken durchringen könnten, ein Testzentrum einzurichten. Es gibt Hilfsangebote von Kolleginnen und Kollegen, wie man dabei vorgeht. Man muss halt wissen, dass das nicht dazu dient, sein Einkommen zu mehren. Und im Hintergrund lauert die Frage: Was ist nach dem 1. März, wenn es die Laien-Schnelltests gibt? Wie viele Menschen werden sich dann noch in ein Testzentrum begeben?

 

Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) geht in seinem Gesundheitsmonitor in regelmäßigen Abständen der Frage nach, wie zufrieden die Deutschen mit ihrer Gesundheitsversorgung sind. Das aktuelle Ergebnis lässt sich sehen: 75 Prozent der Deutschen sind mit ihrer gesundheitlichen Versorgung noch zufriedener als im vergangenen Jahr – im Vorjahr waren dies nur 71 Prozent. Und natürlich, mein liebes Tagebuch, freut uns ein Ergebnis dieser Umfrage ganz besonders: Bei der Frage, wie hoch das Vertrauen in die Akteure des Gesundheitswesens ist, stehen die Apotheken vor Ort weiterhin an erster Stelle: Mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Personen, die an der Umfrage teilgenommen haben, haben „ausgesprochen“ oder „eher“ hohes Vertrauen in die Apotheken. Dieser Wert hat sich übrigens in der Pandemie nicht signifikant verändert, was aber auch bedeutet, dass er nicht gesunken ist. Nur zum Vergleich: Arznei-Versandhändler genießen nur bei 37 Prozent ein hohes Vertrauen. BAH-Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz kommentiert die Umfrageergebnisse so: Trotz aller anfänglicher Unsicherheiten aufgrund Lockdowns, unterbrochener Lieferketten und strenger Hygienemaßnahmen haben „Arzneimittel-Hersteller und Apotheken alles daran gesetzt, die Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln zu sichern. Das spiegelt sich auch in den Vertrauenswerten wider.“ Mein liebes Tagebuch, das sollte ruhig mal die Politik verinnerlichen.

 

Der Rezeptabrechner ARZ Haan langt nun gleich zweimal zu: Er stellt seinen Apotheken nicht nur einen Zuschlag von 89 Euro für die Abrechnung der Masken-Bezugsscheine in Rechnung, sondern seit Kurzem auch eine Hygienepauschale von 9,81 Euro pro Monat. Mit dieser Pauschale werden u. a. die Rezeptboxen desinfiziert, Luftfilteranlagen eingerichtet und räumliche Trennungen der Arbeitsplätze geschaffen. Mein liebes Tagebuch, alles richtig, alles gut. Der Großteil der Apotheken hat Verständnis für die Maßnahmen und zahlt die Hygienepauschale gerne. So ganz leise im Hinterkopf blitzt allerdings bei einigen Apothekers auch die Frage auf: Und wem können wir eigentlich eine Hygienepauschale in Rechnung stellen – für unsere Desinfektionsmaßnahmen, für die Spuckwände und die Masken fürs Apothekenteam?



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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12 Kommentare

Positiv sehen

von Harald Schmidt am 21.02.2021 um 21:27 Uhr

Vielleicht kann man die Entwicklungen in letzter Zeit auch äußerst positiv sehen für die Apotheken. Nachdem es jahrelang nur darum ging, Packungen über den Tresen zu schieben, Rezepte zu beliefern und sich über DocMorris zu ärgern, sind Apotheken plötzlich in das Zentrum des Interesses als lokaler, niederschwelliger Gesundheits-Anbieter hervorgetreten und breit akzeptiert. Einen genialeren Marketingschlag gegen DocMorris hätten sich die Apotheken nicht wünschen können. Also bitte mal aufhören zu jammern, immerhin sind Apotheken geöffnet und werden wie nie zuvor als wertvoll und kompetent anerkannt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Positiv sehen

von Anita Peter am 22.02.2021 um 6:22 Uhr

Schieben Sie nur Packungen über den Tresen? Dann läuft was falsch bei Ihnen.

AW: Positiv sehen

von Conny am 22.02.2021 um 7:39 Uhr

Der zweite Satz von Ihnen ist vollkommender Unsinn und hat in meiner Apotheke noch nie so stattgefunden.

AW: Positiv sehen

von Egon Günther am 22.02.2021 um 8:28 Uhr

Ach Herr Professor Schmidt, lange nichts von Ihnen gehört! Was macht das Aktienpaket im Keller?!
Sehen wir uns das Ganze doch mal an: Pandemie 2020, Vor-Ort-Apotheke kümmern sich, gleichen Versorgungsengpässe aus, beschaffen Masken, rühren Desinfektionsmittel an, beschaffen Pfegehilfsmittel, etc. all das neben dem üblichen Betrieb. Versorgen, rotieren, machen, tun. Oft an der Belastungsgrenze und mitten im Pandemiegeschehen. Einige schaffen es sogar noch, parallel Impfzentren mit aufzubauen und zu betreueen oder wie im Artikel beschrieben Test(zentren) zu betreiben. Alles, aller Ehren wert! Der kurzfristige Dank ist Ihnen garantiert. Kurzfristig. Dank. Klatschen. Wirtschaftlich lohnt sich davon so gut wie nichts, Verluste im RX-Bereich, gewaltig im OTC-Bereich. Aber was solls - andere dürfen gar nicht arbeiten.

Was passiert derzeit hinter der Käsegrenze: die Aktien der beiden Großen schießen ins Unendliche - Aktien-Gewinne jenseits des Vorstellungsvermögens, der OTC-Verkauf steigt. Also, alles richtig gemacht. Pandemie ist gut fürs Geschäft, pfeift Oberhänsli.
Aber was "jammere" ich...

Danke fürs Schulterklopfen, Herr Professor. Grüße gen Maastricht und bleiben Sie gesund!

AW: Positiv sehen

von Karl Friedrich Müller am 22.02.2021 um 9:43 Uhr

@ Herr Günther:
bravo!

Geburtsstunde des "freien Apothekers" ...

von Christian Timme am 21.02.2021 um 12:24 Uhr

Was muss denn noch alles passieren ...?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Wann nur, die Wiedergeburt des "freien Apothekers" ...

von Bernd Jas am 21.02.2021 um 13:06 Uhr

Die toten Fische werden im Strom mit fortgespült, die noch lebenden spielen im Takte Smetanas Moldau für die Nächsten.
Das Spiel ist schon lange bekannt.

"Bananenrebublik"

von Dietmar Bittenbinder am 21.02.2021 um 10:14 Uhr

"... zur Bananenrenrebublik mutiert ", auf allen Ebenen und in allen Bereichen reformbedürftig. Auch wir Apotheker sind ein Teil des Volkes, der gehört und mit dem nötigen Respekt vor unserer Arbeit und unserem Engagement fair behandelt werden muss. Alles andere ist nicht länger akzeptabel!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Dienstleistungen und Digitalisierung

von Karl Friedrich Müller am 21.02.2021 um 10:09 Uhr

Preise.
Egal, was für Aufgaben und Apotheken übertragen oder angeboten werden, ist es nicht nur zu einem möglichst geringen Honorar, sondern auch maximal kompliziert, also die Abrechnung. Man ist unfähig, für eine Dienstleistung einen Preis und einen Ablauf festzulegen. Nein, es müssen Unterschiede her, die freilich auch gesondert abgerechnet werden müssen mit x PZNR.
Die Digitalisierung macht es möglich. Ob Masken, Schnelltests, bei denen es mir mal wieder aufgefallen ist. Verschiedene Preise. Grenzgänger, Kita, Lehrer, was auch immer. Verschiedenes Abrechnen, am Besten auch noch verschiedene Bezahler.
Grundsätzlich soll die Digitalisierung alles einfacher machen? Nein! Es wird monströs kompliziert. Warum? Weil es geht! Dabei, so bin ich überzeugt, ließe sich die Akzeptanz der Digitalisierung erheblich steigern, wenn alles einheitlich und einfach wäre. 1000 Platformen, Anbieter, Netzwerke, damit verbunden ebenso viele Passwörter, Vorschriften.... wozu? Das ist kein Wettbewerb, das ist Schwachsinn.
Ist z.B ein Test nicht ein Test, egal an wem? Wieso verschiedene Preise, auch nach Anbieter? Die Intransparenz ist gigantisch und erheblicher Aufwand für jeden. Wahrscheinlich auch beabsichtigt. Keiner kann mehr etwas nachprüfen, wo Geld, Daten usw hinfließen.
Das zieht sich durch das ganze Apothekenleben.
Mit dem Computer kam das Chaos und nicht die Übersicht
In der Apotheke jedenfalls handhabe ich das so, dass Vorgänge möglichst einheitlich geplant werden. Das führt zu Sicherheit, wenig Fehlern und zur Zufriedenheit der Mitarbeiter.
Am Ende noch ein Wort zu Testzelten: so einfach ist das wohl nicht, weil die Teste einen bestimmten Temperaturbereich brauchen, Raumtemperatur. Da kann man zumindest im Moment, nicht einfach ein Zelt vor die Tür stellen.
Ich hab es schon mal geschrieben: wenn die Öffentlichkeit eine umfassende Testerei will, sollten sich die Behörden kreativ einbringen mit dem Stellen von Räumen, weil das finanziell nicht auch noch zu stemmen ist bei dem Risiko, dass es in 2,3 Wochen wieder vorbei ist und die Entlohnug ja nur „kostendeckend“ , wie immer. Dann könnten sich mehrere Apotheken zusammenschließen und abwechselnd Personal für Tests bereitstellen.
Es ist wieder zu viel Aktionismus, zu wenig denken. .

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ein Ja zu den COVID-19 Test

von Hundertmark Iris am 21.02.2021 um 8:41 Uhr

Mein Team und ich werden die Herausforderung der Durchführung kostenloser COVID 19 Tests ab 1. März annehmen. Wir sind bereits geübt, erfahren und routiniert, da wir sie bereits seit Wochen erfolgreich in der Apotheke anbieten. Die Anerkennung unter unseren Kunden hierfür ist groß.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 21.02.2021 um 8:16 Uhr

Nachdem die deutsche Politik die Maskenherstellung zurück nach Deutschland holen wollte, und viele Firmen die Produktion umgestellt, bzw. ausgebaut haben lese ich heute das:

https://www.welt.de/wirtschaft/article226763877/Trotz-Bundes-Foerderung-Behoerden-kaufen-Corona-Masken-in-Asien.html

Und jetzt gibts ein wenig Honig ums Maul, damit wir schön die Tests durchführen, und danach wieder den Tritt in den A*****. Manche Leute verstehen es bis heute nicht, das wir mit vorauseilendem Gehorsam nicht weiter kommen.

Nachdem Horst Drehhofer die Wissenschaft schon angewiesen hat, die entsprechenden Ergebnisse zu liefern, hat jetzt ein Ösi Doktorand das passende Strategie Papier dazu verfasst:

https://www.welt.de/politik/deutschland/article226755565/BMI-Sprachpruefer-verfasste-zentrale-Teile-eines-Corona-Strategiepapiers.html

Und das Impfchaos geht derweilen munter weiter. Zu was für einen Banenenrebublik sind wir doch mittlerweile verkommen.....

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Banenenrebublik

von Sabine Schneider am 21.02.2021 um 8:56 Uhr

Auch ein schöner neuer Begriff

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