Stiftung Warentest: Husten (Teil 2 von 2)

Gut oder nur günstig bei Erkältungen?

Stuttgart - 09.02.2021, 17:50 Uhr

Warum weichen manche Empfehlungen von Stiftung Warentest von den Empfehlungen der Leitlinie zu akutem Husten ab? (Foto: Maridav / stock.adobe.com)

Warum weichen manche Empfehlungen von Stiftung Warentest von den Empfehlungen der Leitlinie zu akutem Husten ab? (Foto: Maridav / stock.adobe.com)


Warum empfiehlt Stiftung Warentest anders als die Leitlinien-Experten?

Allerdings finden sich diese von der Leitlinie mit nachgewiesener Wirksamkeit genannten Hustenlöser nicht in der Liste der Bronchitis-Präparate in Ausgabe 1/2021 von Stiftung Warentest, (in der kompletten Medikamentenliste von Stiftung Warentest allerdings schon). Warum? PTAheute hat nachgefragt. Grundlage für die Bewertung von Arzneimitteln sind Angaben von Stiftung Warentest zufolge „in erster Linie klinische Studien“. Damit die Studien als beweisende Studien akzeptiert würden, müssten sie „eine Reihe methodischer Kriterien erfüllen“, für die Endpunkte der Untersuchungen fordert Warentest Patientenrelevanz und Verzerrungsfreiheit.

Kombipräparate: Placeboprüfungen genügen nicht

Bei der Bewertung von Kombinationspräparaten, wie Bronchipret® TP oder Bronchipret® Saft, hat Warentest den Anspruch, „dass die Sinnhaftigkeit der Zusammensetzung mittels klinischer Studien in geeigneter Weise belegt und eine Überlegenheit gegenüber der Anwendung der jeweiligen Einzelkomponenten (ab drei Einzelwirkstoffen auch denkbare andere Kombinationen der Einzelkomponenten) nachgewiesen ist“.

Randomisierte Placebovergleiche einer Fixkombination genügten somit nicht als Beleg für eine sinnvolle Kombination – dies gelte beispielsweise für die Fixkombinationen aus Efeu plus Primel (Bronchipret® TP) sowie Efeu plus Thymian (Bronchipret® Saft). Zudem stört sich Stiftung Warentest daran, dass für die von der Leitlinie genannten Pflanzenextrakte „ganz überwiegend nur jeweils eine einzelne Publikation angeführt“ werde. Dies gelte nicht nur für die Kombinationen bei Bronchipret®, sondern auch für das efeuhaltige Präparat Prospan®. Auch die Leitlinien-Autoren gingen nicht so weit, „dass sie daraus eine abgestufte Empfehlung der verschiedenen Efeuextrakte im deutschen Arzneimittelmarkt ableiten“ würden.

Unklare klinische Relevanz

Stiftung Warentest verweist noch auf einen Assessment Report der Europäischen Zulassungsbehörde von 2017, der für verschiedene Efeuextrakte unterschiedslos einen „well-established use“ deklariere. Allerdings erfüllten die im Europäischen Assessment-Report wie auch in den Leitlinien angeführten Studienbelege für Efeuextrakt die von Warentest geforderten Kriterien für einen Beleg nicht. So zeige Prospan®-Extrakt zwar statistisch signifikante Unterschiede im Bronchitis Severity Score (BSS) zwischen den Behandlungsgruppen (ca.2 Itempunkte von insgesamt 20 zu erreichenden Punkten des BSS-Scores), doch ist nach Einschätzung von Stiftung Warentest dieser Unterschied „von unklarer klinischer Relevanz“. 

Nur In-vitro-Versuche?

Dennoch sieht sich Stiftung Warentest auf gleichem Kurs wie die Leitlinie. Es gebe für „kein pflanzliches Expektorans hinreichend überzeugende Belege für einen patientenrelevanten Nutzen in der Indikation Husten“. Aus diesem Grund auch die erläuternden Sätze zu den Hustenlösern: „In dieser Gruppe gibt es bislang keine uneingeschränkt geeigneten Mittel. Beim Abhusten unterstützen könnten Tabletten mit Acetylcystein, Ambroxol, Efeu-Saft oder Thymian-Zubereitungen. Ihre Wirkung muss aber noch besser belegt werden.“  Und weiter: „Da sich aber einzelne Hinweise positiver Effekte der Mittel in der Literatur finden, erhalten die Mittel die Bewertungskategorie ,mit Einschränkung geeignet‘“. 

Eine Unterscheidung zwischen einzelnen pflanzlichen Präparaten nimmt Stiftung Warentest also nicht vor – auch wenn beispielsweise in den Fachinformationen von Bronchofit® Efeu keine Studienergebnisse aufgeführt sind, sondern lediglich zu lesen ist: „Der Wirkungsmechanismus ist nicht bekannt“ und unter Pharmakokinetik: „Es liegen keine Untersuchungsergebnisse vor.“ Prospan®-Hersteller Engelhard kann an dieser Stelle zumindest auf klinische Studien verweisen. Auch von Warentest gelistet ist Melrosum®, und auch hier wird lediglich auf In-vitro- und Tierversuche verwiesen – was auch keine klinischen Prüfungen mit patientenrelevanten Endpunkten sein dürften, die Warentest ja eigentlich fordert: „Ergebnisse von in-vitro- und Tierversuchen mit Zubereitungen aus Thymiankraut und Thymianöl bzw. dessen Hauptbestandteil Thymol sprechen für schwache expektorierende, spasmolytische und antibakterielle Wirkungen“. Hingegen kann Bionorica bei Bronchipret® ihre Studienergebnisse zitieren.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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