Impfstoffverteilung südliches Afrika

Die ärmsten Länder stehen am Ende der Impfstoff-Warteschlange

Berlin - 09.02.2021, 07:00 Uhr

Menschen warten auf den COVID-19-Test in Johannesburg, Südafrika, 2. Februar 2021. Südafrika meldete am Sonntag 4.525 neue Coronavirus-Fälle in den letzten 24 Stunden. Das Gesundheitsamt des Landes berichtete, dass die nationale Zahl auf 1.453.761 gestiegen ist. (Foto: IMAGO / Xinhua)

Menschen warten auf den COVID-19-Test in Johannesburg, Südafrika, 2. Februar 2021. Südafrika meldete am Sonntag 4.525 neue Coronavirus-Fälle in den letzten 24 Stunden. Das Gesundheitsamt des Landes berichtete, dass die nationale Zahl auf 1.453.761 gestiegen ist. (Foto: IMAGO / Xinhua)


Für Länder im südlichen Afrika fordert die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (ÄoG) dringend COVID-19-Impfstoffe. Durch fehlende Vakzine, die hochansteckende Mutation B.1.351 und eine exponentielle Ausbreitung sei die Lage brisant. Krankenhäuser seien überlastet und Gesundheitsmitarbeiter hoch gefährdet. Dennoch müssten einige südafrikanische Länder noch komplett ohne Impfstoff auskommen.

Christine Jamet, Leiterin der Projektabteilung von „Ärzte ohne Grenzen“ (ÄoG), ist schockiert. In einer Pressemitteilung der Hilfsorganisation spricht sie von einer Impfstoff-Warteschlange, in der die ärmsten Länder stünden. „Viele wohlhabende Länder haben schon vor zwei Monaten begonnen, ihr Gesundheitspersonal und andere Gruppen zu impfen. Währenddessen haben Länder wie Eswatini, Malawi oder Mosambik, die die Pandemie nicht in den Griff bekommen, noch keine einzige Impfdosis erhalten und können nicht einmal besonders gefährdete Menschen schützen.“ 

Dabei wütet in den Ländern Subsahara-Afrikas die besonders ansteckende Virusmutation B.1.351. Viele Krankenhäuser seien völlig überlastet. So berichtet der Berliner Arzt Tankred Stöbe aus Malawi, dass sich im Januar die Zahl der Neuinfektionen alle vier bis fünf Tage verdoppelt habe und jede Woche verdoppelten sich die Klinikeinweisungen. Der Arzt, der für ÄoG im Queen-Elizabeth-Krankenhaus in der Großstadt Blantyre im Einsatz ist, hält es für enorm wichtig, insbesondere das medizinische Personal zu schützen. 

Rund 1.300 Gesundheitsmitarbeiter haben sich, laut Presseerklärung, vor Ort bereits infiziert und neun seien an COVID-19 gestorben. Im kleinen Swasiland (Eswatini) würden bei rund einer Million Einwohner täglich 200 neue Fälle gemeldet. Im Vergleich zur ersten Krankheitswelle hätten die Betroffenen insgesamt schwere Verläufe. In Mosambik lägen die Zahlen fast siebenmal so hoch wie zum Höhepunkt der ersten Welle. Die Landeskoordinatorin von ÄoG, Natalia Tamayo Antabak, berichtet, dass viele Gesundheitsmitarbeiter selbst erkrankt und jene, die noch arbeiten, erschöpft seien.

„Wir besiegen die Pandemie nur weltweit oder gar nicht!“

Die Worte des Bundesentwicklungsministers Gerd Müller gegenüber dem Magazin der Bundesregierung werden für viele der ärmsten Länder der Welt noch nicht ansatzweise mit Taten unterfüttert. Zugang zu dringend benötigtem Impfstoff, um gleichermaßen wie die Industrienationen mit den Impfungen zu beginnen, bleibt aus. 

Ärzte ohne Grenzen fordert daher die reichen Länder auf, ihre über die Versorgung der Hochrisikogruppen hinausgehenden Impfstoffvorräte zu teilen. „Es wäre unverantwortlich, wenn einige Länder damit beginnen würden, ihre Bürger mit geringerem Risiko zu impfen, während viele Länder in Afrika noch immer darauf warten, ihr medizinisches Personal impfen zu können“, so Jamet laut Pressemitteilung. Dabei verweist sie auf die von der WHO festgelegte gerechte Verteilung der Mittel. 

Diese warnt indessen vor einem „katastrophalen moralischen Versagen“, denn eine ungerechte Verteilung gefährde nicht nur die Ärmsten und Schwächsten der Welt, sondern verlängere die Pandemie.

Südafrika stoppt vorübergehend Impfungen mit AstraZeneca-Vakzin

Südafrika hat mittlerweile die geplanten Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff vorübergehend gestoppt, weil eine Studie auf eine begrenzte Wirkung des Vakzins gegen die in dem Land aufgetauchte Corona-Variante hindeutet. Das berichtete die dpa am Montag.

Südafrika, das zahlenmäßig am schwersten von Corona betroffene Land in Afrika, hatte vergangene Woche eine Million Dosen des AstraZeneca-Impstoffs erhalten und geplant, schon bald mit der Impfung von Gesundheitsmitarbeitern zu beginnen. Am Sonntag aber veröffentlichten die Universitäten von Witwatersrand und Oxford vorläufige Ergebnisse einer Studie, die zeigen, dass der AstraZeneca-Wirkstoff leichte Erkrankungen der in Südafrika kursierenden Variante weniger verhindert. 

Ende Januar hatte die Entwicklungsorganisation One dem Pharmaunternehmen AstraZeneca noch – ungeachtet des Streits mit der EU – eine international betrachtet besonders faire Verteilung seines Corona-Impfstoffes bescheinigt. Von zehn untersuchten Unternehmen schneide AstraZeneca bei einem Fairnesstest mit 8,8 von 15 möglichen Punkten am besten ab, teilte One mit. Für den Test analysierte die Organisation öffentliche Informationen über Verträge und bewertete, wie Impfstoffe zugänglich gemacht werden. 

(dpa/dm)



Mareike Spielhofen, Autorin, DAZ.online
daz-online@deutscher-apotheker-verlag.de


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