AstraZeneca-Impfstoff: STIKO und EMA uneins

Welche Daten gibt es bei Älteren?

Stuttgart - 01.02.2021, 13:45 Uhr

AstraZeneca berichtete Ende 2020 über positive Zwischenergebnisse zur Antikörperbildung nach Impfung mit AZD1222 – gerade auch bei älteren Menschen. (Foto: Khunatorn / stock.adobe.com)

AstraZeneca berichtete Ende 2020 über positive Zwischenergebnisse zur Antikörperbildung nach Impfung mit AZD1222 – gerade auch bei älteren Menschen. (Foto: Khunatorn / stock.adobe.com)


Zwischenanalyse: AZD1222 wirkte bei Älteren

Tatsächlich gibt es Daten zu AZD1222 bei älteren Menschen: AstraZeneca berichtete Ende 2020 positive Zwischenergebnisse zur Antikörperbildung nach Impfung mit AZD1222 – gerade auch bei älteren Menschen. Die Ergebnisse wurden ebenfalls in „The Lancet“ veröffentlicht: „Safety and immunogenicity of ChAdOx1 nCoV-19 vaccine administered in a prime-boost regimen in young and old adults (COV002): a single-blind, randomised, controlled, phase2/3 trial“. In einer Subgruppe von 552 Patienten waren auch 240 Menschen eingeschlossen, die 70 Jahre oder älter waren, zwei andere Altersgruppen umschlossen Patienten im Alter von 18 bis 55 Jahren und 56 bis 69 Jahren.

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Sie hatten entweder den Corona-Impfstoff ChAdOx1 nCoV-19 oder einen Kontrollimpfstoff (Meningokokken-Impfstoff MenACWY) erhalten, entweder eine oder zwei Dosen und diese im Abstand von 28 Tagen. An den Tagen 0, 7, 14 und 28 nach der Haupt- und Auffrischungsimpfung wurde die Immunantwort der Patient:innen untersucht: Alle drei Altersgruppen sprachen ähnlich gut auf die Impfung an. Bereits zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis hatten 99 Prozent der Proband:innen neutralisierende Antikörper gebildet. Auch die Antikörpertiter gegen das Spikeprotein – eine wichtige Struktur auf der Oberfläche von SARS-CoV-2 und das enthaltene Antigen im Corona-Impfstoff AZD1222 – erreichten nach zwei Impfdosen ähnliche Werte. Zudem schien der Impfstoff gerade bei Älteren sogar verträglicher. Die Daten dieser Zwischenauswertung stammen aus der in Großbritannien durchgeführten Studie COV002, die nun auch Basis für die Zulassung war.

Die zulassungsrelevanten Studien

AZD1222 wird in vier noch laufenden verblindeten, randomisierten klinischen Studien in Großbritannien, Brasilien und Südafrika untersucht. Insgesamt wurden 23.848 Teilnehmer:innen rekrutiert, allerdings wurden bislang nur 11.636 von ihnen (7.548 in Großbritannien aus der Studie COV002 und 4.088 in Brasilien aus der Studie COV003) in die vorläufige primäre Wirksamkeitsanalyse eingeschlossen. In den beiden anderen Studien gab es laut EMA jeweils weniger als sechs COVID-19-Fälle, was nicht ausreichte, um die präventive Wirkung des Impfstoffs zu beurteilen. Die Probanden waren mindestens 18 Jahre alt, wobei die weitaus meisten Teilnehmer:innen (87,8 Prozent) zwischen 18 und 55 Jahre alt waren, nur 12,2 Prozent der Teilnehmer:innen waren über 55 Jahre. Die Teilnehmer:innen der britischen Studie erhielten entweder zwei Dosen AZD1222 oder zwei Dosen eines Kontrollimpfstoffs, und zwar MenACWY, ein Vierfach-Konjugatimpfstoff gegen Meningokokken der Serogruppen A, C, W, Y. In Brasilien erhielten die Probanden in der Verumgruppe ebenfalls zwei Dosen AZD1222, die Kontrollgruppe erhielt allerdings nur bei der ersten Dosis die Meningokokkenvakzine, bei der zweiten Dosis sodann Kochsalzlösung. Geimpft wurde im Abstand von vier bis zwölf Wochen.

Symptomatisches und laborbestätigtes COVID-19 verhindern

Ziel der Studie (primärer Endpunkt) war, die Wirksamkeit des ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoffs zu überprüfen. Er musste virologisch bestätigtes und symptomatisches (mindestens ein Symptom) COVID-19 verhindern. Als symptomatisch galt, wer Fieber ≥37,8 °C hatte oder Husten oder Kurzatmigkeit oder Geruchs- oder Geschmacksstörungen. Zwischen der zweiten Impfdosis und dem Nachweis (und einem Symptom) einer SARS-CoV-2-Infektion mussten mindestens 14 Tage liegen.

Fehler in der Studie: Teil der Probanden erhält nur die halbe Impfdosis

Bei der Studie passierte allerdings ein Fauxpas: So erhielt ein Teil Proband:innen in der britischen Studie bei der ersten Impfung nur die halbe Dosis AZD1222 und erst bei der zweiten Dosis die volle Standarddosis. Die Impfung zeigte in dieser geringer dosierten Gruppe eine Wirksamkeit von 90 Prozent – und lag damit höher als nach zweimaliger Standarddosis. Denn bei den nach Studienprotokoll zweimal mit der Standarddosis Geimpften wurde eine Impfwirksamkeit von nur 62,1 Prozent erreicht. Beide Ergebnisse wurden gepoolt (zusammengeworfen), sodass die Gesamtwirksamkeit von AZD1222 mit 70,4 Prozent angegeben wird. Insgesamt kam es zu 131 symptomatischen COVID-19-Fällen, 30 unter AZD1222-Impfung (von insgesamt 5.807 AZD1222-Geimpften) und 101 unter Kontrolle (insgesamt 5.829 mit MenACWY- und/oder Kochsalzimpfung). [Die Daten der EMA weichen leicht von den in der Studie veröffentlichten Daten ab: 64 (von 5.258) COVID-19-Fälle unter Impfstoff und 154 (von 5.210) unter Kontrolle, sodass sich eine Impfwirksamkeit von 59,5 Prozent ergibt.]



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

schlampige Studie?

von Kiwi am 02.02.2021 um 8:34 Uhr

Insgesamt stellt sich hier doch die Frage, warum für die Zulassungsunterlagen die Ergebnisse der beiden völlig unterschiedlich gelaufenen Studien einfach gemittelt wurde. Hätte nicht nach den Erkenntnissen von 90% Wirksamkeit mit der irrtümlich halbierten ersten Dosis das Impfschema angepasst werden können: erste Dosis nur halb, Booster ganz? So sollte nun auch klar kommuniziert werden, dass der Impfstoff bei Beibehalten der ursprünglichen Dosierung eher zu einer Wirksamkeit von 60% tendiert; und das hört sich noch mal schlechter an als 70%! Sollte ich bei einer möglichen Impfung an den AstraZeneca-Impfstoff geraten, muss ich mir überlegen, ob man nicht auf eigene Verantwortung die erste Dosis zur Hälfte verwirft. Sinn könnte es machen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Geschlechterneutralität in der Impfstofforschung

von Corona Virus am 02.02.2021 um 8:26 Uhr

Kann es sein, daß die Astra-Dosen nur bei Männern weniger gut wirken, weil es die Dosis heißt aber der Impfstoff ? Wie soll sich das (!!!!) Virusprotein da entscheiden? Und vielleicht wurde die halbe Dosis in der Stdudie durch das "Geteiltzeichen" verursacht?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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