ABDA-Stellungnahme zum MPAV-Änderungsentwurf

ABDA regt Apothekenpflicht für Corona-Heimtests an

Berlin - 26.01.2021, 17:20 Uhr

Die ABDA ist überzeugt: Schnelltests können wertvolle Beiträge zur frühzeitigen Erkennung von SARS-CoV-2-Infektionen und damit zur Eindämmung der Pandemie leisten. (Foto: Imago images / Christian Ohde)

Die ABDA ist überzeugt: Schnelltests können wertvolle Beiträge zur frühzeitigen Erkennung von SARS-CoV-2-Infektionen und damit zur Eindämmung der Pandemie leisten. (Foto: Imago images / Christian Ohde)


Die ABDA hält die vom Bundesgesundheitsministerium geplante Ausweitung der Abgabemöglichkeiten für SARS-CoV-2-Schnelltests für sinnvoll. In ihrer dem Ministerium übermittelten Stellungnahme zum entsprechenden Verordnungsentwurf betont sie, dass sowohl mit den schon verfügbaren als auch mit den noch zu entwickelnden Schnelltests „wertvolle Beiträge“ zur Eindämmung der Pandemie geleistet werden könnten. Was die Tests zur Eigenanwendung angeht, regt sie allerdings eine Apothekenpflicht an.

Am vergangenen Freitag hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Referentenentwurf für eine „Dritte Verordnung zur Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung im Rahmen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vorgelegt. Dieser sieht unter anderem vor, dass „In-vitro-Diagnostika für die Eigenanwendung, die für den direkten Nachweis einer SARS-CoV 2-Infektion bestimmt sind“ in Anlage 3 der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) aufgenommen werden. In dieser Anlage sind die In-vitro-Diagnostika (IVD) gelistet, die von den geltenden Abgabebeschränkungen ausgenommen sind – und zugleich nicht der Apothekenpflicht unterliegen. Bislang enthält diese Anlage lediglich eine Position: HIV-Selbsttests. Das BMG betont, dass Corona-Schnelltests für Laien, die es für diese Regelung im Sinn hat, noch gar nicht im Markt verfügbar sind. Es sollen leicht handhabbare Tests mit umfangreichen Erläuterungen für die Verbraucher:innen sein.

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Die ABDA schreibt in ihrer Stellungnahme, dass diese vorgesehene Abgabemöglichkeit für künftig verfügbare SARS-CoV-2-Tests zur Eigenanwendung „grundsätzlich sachgerecht“ erscheine. Die beste Variante sei zwar, einen Corona-Schnelltest von einem kompetenten Heilberufler durchführen und auswerten zu lassen. Dies sei auch wichtig, damit der Meldeweg an die Gesundheitsämter schnell und sicher verlaufe. „Wenn sich aber zusätzlich auch Privatpersonen selbst testen können, weil es geeignete Tests gibt, sollte dies ermöglicht werden.“ Wie schon in der gestern versandten Pressemitteilung betont die ABDA, dass Apotheken diese Tests anbieten und kompetent dazu beraten werden.

Fachliche Expertise bei der Abgabe von Selbsttests nutzen!

Dass die neuen Schnelltests nicht apothekenpflichtig sein sollen, hält die ABDA allerdings nicht für optimal. Angesichts der bislang fehlenden praktischen Erkenntnisse über den Umgang von Laien mit derartigen Tests und der mit ihnen verbundenen Risiken sei „eine institutionell abgesicherte, abgabebegleitende Beratung in Apotheken sinnvoll“, schreibt sie. Tests zur Eigenanwendung würden voraussichtlich aufgrund ihrer Funktionsweise mit einem vergleichsweise hohen Anteil falsch-negativer Testergebnisse als bisherige Tests verbunden sein. Hinzukomme, dass dieser Anteil umso höher ausfallen werde, je mehr unbeabsichtigte Fehler bei der Anwendung auftreten. „Nach unserer Einschätzung sind auch diese Tests mit durchaus nennenswerten Schwierigkeiten bei ihrer Anwendung verbunden, welche ihre korrekte Benutzung nicht ohne weiteres als gesichert erscheinen lassen.“

Die ABDA weist generell auf die Vorteile der persönlichen und qualifizierten Beratung hin. Unter anderem könne so eine gründliche Aufklärung über die Einordnung von Testergebnissen erfolgen, verbunden mit der dringenden Empfehlung zur weiteren Einhaltung der allgemeinen Verhaltensregeln auch bei einem negativen Ergebnis. Insgesamt, so ist die ABDA überzeugt, könnte durch die Nutzung der fachlichen Expertise der Apotheken „eine deutliche Risikominimierung gegenüber einem freien, unregulierten Verkauf derartiger Tests erreicht werden“. Sie regt daher an, eine qualifizierte Abgabeberatung durch die
zusätzliche Aufnahme der Selbsttests in Anlage 2 der MPAV sicherzustellen – in dieser Anlage können apothekenpflichtige Medizinprodukte explizit aufgeführt werden.

Mehr Klarheit bei erweiterter Abgabebefugnis erwünscht

Was die beabsichtigten Änderungen im „Pandemie-Absatz“ der MPAV (§ 3 Abs. 4a) betrifft, so hat sie mit diesen im Grundsatz kein Problem. Die hier konkret angedachte Ausweitung der Abgabebefugnis auf weitere Einrichtungen nach § 36 Abs. 1 IfSG (u. a. Asylbewerber-/ Flüchtlingsunterkünfte, Justizvollzugsanstalten und „sonstige Massenunterkünfte“) beziehungsweise die Systematik der Ausnahmeregelungen mit ihren Kettenverweisen könnten jedoch „ungewollt verwirren“. Zudem könnte in der Begründung klargestellt werden, dass der Begriff „berufsbildende Schulen“ hier weit zu verstehen ist und insbesondere auch Lehranstalten der Gesundheitsfachberufe umfasst.

Wie weisen sich Unternehmen und Einrichtungen der kritischen Infrakstruktur aus?

Hinsichtlich der geplanten temporären Abgabebefugnis der Schnelltests an Einrichtungen und Unternehmen der „kritischen Infrastrukturen“, kann die ABDA die damit verbundene Intention nachvollziehen. „Aus Sicht der Rechtsanwender – insbesondere von Apotheken, die ggf. von betroffenen Einrichtungen um die Belieferung mit PoC-Antigen-Tests gebeten werden – erscheint es allerdings schwierig, die tatsächliche Empfangsberechtigung prüfen zu können.“ Wer ist nun wirklich einer kritischen Infrastruktur zuzuordnen? Angesichts dieser Unsicherheiten und auch der Frage, inwieweit die Ordnungswidrigkeitstatbestände (§ 4 MPAV) hier überhaupt greifen könnten (Stichwort: Bestimmtheitsgebot), hält die ABDA „eine nähere Klärung für wünschenswert, um eine praxisgerechte Erkennbarkeit der Empfangsberechtigung von betroffenen Einrichtungen und Unternehmen zu gewährleisten“. So könnte in der Begründung ein Hinweis erfolgen, dass eine Abgabebefugnis für Apotheken bejaht werden kann, wenn die anfragende Einrichtung grundsätzlich zu den genannten Sektoren der kritischen Infrastrukturen
gehört, ohne dass Apotheken eine Pflicht zur näheren Überprüfung der Umstände des Einzelfalls obliegt.

Nun liegt der Ball wieder beim BMG – es wird sich zeigen, wie die veröffentlichte Änderungsverordnung am Ende aussehen wird. Fakt ist: Relevant werden für Apotheken zunächst nur die erweiterten Abgabemöglichkeiten. Die neuen Schnelltests zur Laienanwendung gibt es laut BMG noch nicht.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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