Masken-Marketing von Apotheken

Gericht untersagt Werbung mit Verzicht auf Eigenanteil

Berlin - 22.01.2021, 10:45 Uhr

Dürfen Apotheken auf die 2 Euro Eigenbeteiligung verzichten, wenn sie staatlich finanzierte FFP2-Masken abgeben? Das Landgericht Düsseldorf stoppt jetzt eine entsprechende Werbeaktion. (Foto: imago images / Rene Traut)

Dürfen Apotheken auf die 2 Euro Eigenbeteiligung verzichten, wenn sie staatlich finanzierte FFP2-Masken abgeben? Das Landgericht Düsseldorf stoppt jetzt eine entsprechende Werbeaktion. (Foto: imago images / Rene Traut)


Das Landgericht Düsseldorf hat erstmals einer Apotheken-Holding untersagt, für den Verzicht auf die Eigenbeteiligung bei der Ausgabe von Schutzmasken-Sets an Risikogruppen zu werben. Bislang handelt es sich nur um einen im Eilverfahren ergangenen und nicht rechtskräftigen Beschluss. Doch die Wettbewerbszentrale, die gegen die Werbung vorgegangen war, sieht darin bereits eine Signalwirkung – nun bleibt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts abzuwarten.  

Die seit 15. Dezember 2020 geltende Coronavirus-Schutzmaskenverordnung bestimmt, dass Apotheken in den Wintermonaten in drei Wellen 15 FFP2- oder vergleichbare Masken an Risikopatienten abgeben – die Kosten hierfür übernimmt der Staat. Seit Januar gilt: Die Abgabe erfolgt in Sechser-Sets gegen Berechtigungsscheine, die die Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen derzeit verschicken. Die Verordnung sieht dabei vor, dass die Anspruchsberechtigten einen Eigenanteil von 2 Euro je Sechser-Pack zu leisten haben.

Diese Schutzmaskenausgabe an Risikopatienten spaltet derzeit die Apothekerschaft: Darf man eine solche Maßnahme zu Marketingzwecken nutzen oder nicht? Heißt konkret: Dürfen Apotheken auf die Eigenbeteiligung von 2 Euro je Sechser-Set Schutzmasken verzichten und auch damit werben? Eine nicht ganz einfache Frage. Selbst die ABDA, die sich zwar klar dafür aussprach, solche Werbeaktionen zu unterlassen, sah keinen rechtlichen Ansatzpunkt, wie man einen solchen Verzicht unterbinden könnte.

Wie sehen die Gerichte das Vorgehen?

Auch bei der Wettbewerbszentrale, bei der sich im Moment die Maskenanfragen häufen, war man sich nicht klar, wie die Gerichte das Vorgehen sehen. Doch man wollte es herausfinden – und mahnte daher ab. So auch die Easy Apotheken Holding, die auf ihrer Webseite warb:

„Die 2 Euro Eigenbeteiligung tragen wir für Sie…“

Eine Unterlassungserklärung wollte die Holding nicht abgeben und so beantragte die Wettbewerbszentrale eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Düsseldorf. Das Gericht sollte der Holding untersagen, für den Verzicht auf den Eigenanteil durch die mit ihr verbundenen Apotheken zu werben. 

Und die Wettbewerbszenrale hatte Erfolg: Das Landgericht sieht in der Eigenbeteiligungsregelung der Schutzmaskenverordnung (§ 6 SchutzMVO) eine Marktverhaltensregel mit der Folge, dass Verstöße gegen diese Vorschrift zugleich einen Wettbewerbsverstoß darstellten. Denn Ziel der Regelung sei es, die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen mit FFP2-Masken sicherzustellen, so das Gericht. Die Verordnung diene der gleichmäßigen und sinnvollen Verteilung der Masken. „Die Masken sollen sinnvoll genutzt und nicht im Überfluss verschwendet werden“, heißt es im Beschluss. Die Versicherten sollten zu erhöhter Eigenverantwortung angehalten werden, „um das zur Zeit rare Gut der FFP2-Masken denen zukommen zu lassen, die sie wirklich brauchen und deshalb bereit sind, dafür 2 Euro zu zahlen“.

Nächster Halt Oberlandesgericht

Damit ist für die Easy-Holding die Werbung vorläufig verboten. Eine Zuwiderhandlung kann mit einem Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro geahndet werden – ersatzweise mit Ordnungshaft. Nun bleibt abzuwarten, ob der Beschluss rechtskräftig wird. Nächste Instanz ist das Oberlandesgericht.

Zwischenschritt mit Signalwirkung

Für Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale, ist die rechtliche Klärung das Entscheidende an dem Prozess. Die jetzt ergangene Entscheidung sei erst ein „Zwischenschritt“ auf diesem Weg, habe aber bereits eine Signalwirkung. Gegenüber DAZ.online betonte sie, dass es der Wettbewerbszentrale nicht darum gehe, Apotheken nun flächendeckend abzumahnen.

Auch wenn die Entscheidung formal nur für die Antragsgegnerin gilt, also die Apotheken-Holding, nutzt sie etwa der Landesapothekerverband Rheinland-Pfalz bereits für einen Appell an seine Mitglieder: Er rät ihnen „dringend, Angebot und Abgabe von FFP2-Masken ohne Eigenbeteiligung sofort zu unterlassen“.

Landgericht Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2021, Az. 34 O 4/21, nicht rechtskräftig



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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10 Kommentare

FFP2 Zuzahlung

von Ingo am 02.02.2021 um 11:03 Uhr

In Sachsen verlangen manche Vorort Apotheken sogar 3 € Zuzahlung. Und was machen die eingeschüchterten Untertanen? Sie zahlen!

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Symptomatisch...

von Manfred Magg am 23.01.2021 um 8:18 Uhr

Ich finde es bedauernswert, wie egoistisch und geldgierig sich mal wieder einige Kollegen geben. Natürlich ist das Honorar für die Masken so angesetzt, dass theoretisch Spielraum für Rabattaktionen vorhanden ist.
Aber muss es wirklich sein, dass es bis zum 31.12. in den umliegenden Apotheken leider keine Masken gibt, dann aber plötzlich im Januar mit aggressiven Rabattaktionen geworben wird.
Im Umkreis wirbt eine Apotheke gerade mit Erlass des Eigenanteils + 5 Euro Einkaufsgutschein + kostenloser Lieferung!

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Verzicht auf Zuzahlung für Masken

von Peter Kaiser am 22.01.2021 um 15:11 Uhr

Vielleicht kapiert der letzte geldgeile Kollegoide, dass man mit solchen Aktionen an dem Ast sägt auf dem man sitzt. Wie soll die Standesvertretung Dynamisierung der Vergütung verhandeln, wenn Einzelne das schnelle Geld machen wollen. Gier frisst Hirn!

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AW: Verzicht auf Zuzahlung für Masken

von Sabine Schneider am 22.01.2021 um 18:45 Uhr

Der Baum wird gefällt ob mit oder ohne Zuzahlung

Der Staat ist der Kunde

von D. H. Schlenker am 22.01.2021 um 12:25 Uhr

Warum sollte der Einzelhändler dem Kunden (Staat) hier keinen Nachlass gewähren dürfen? Die (nicht eingenommene) Aufzahlung wird de facto mit einem nachträglichen Nachlass gegengerechnet. Wenn steuerlich und buchhalterisch korrekt gemacht ist hier doch alles ok, oder?
Persönlich finde ich es sogar sehr solidarisch mit Staat, Bevölkerung und der Situation. Schließlich ist de Staat schon genug belastet und die Bevölkerung soll doch so gut und umfassen wie möglich versorgt werden. Ein Missbrauch ist ja durch die Bezugsscheine schon weitgehend vermieden!

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AW: Der Staat ist der Kunde

von atopom am 22.01.2021 um 23:34 Uhr

Natürlich kann dem Staat ein Nachlass gewährt werden, z.B. indem der Erstattungsbetrag gesenkt wird. So wäre Ihre Intention ordentlich und sauber umgesetzt.
Und Sie sagen es: "nicht !! eingenommen. Wollen Sie die als "eingenommen" deklarieren? Wie wollen Sie das steuerlich und buchhalterisch korrekt abwickeln? Etwa linke Tasche rechte Tasche?

EigenbeteiligungsVerzicht

von atopom am 22.01.2021 um 11:45 Uhr

Zwar mochte es sein „ … , dass es zumindest nicht illegal ist, dem Kunden die 2 Euro zu erlassen.“

Eine Buchhaltung, die die Eigenbeteiligung und den Verzicht, oder Bar-oder Naturalrabatt darauf nicht ordnungsgemäß ausweist, ist steuerlich insgesamt zu verwerfen.

Eine Abrechnung, die eine Differenz von diesen buchhalterischen zu den abgerechneten Eigenbeteiligungen aufweist, ist insgesamt zu verwerfen, ein gezahlter Erstattungsbetrag zurückzufordern.

Es geht also darum, ob ein Fingieren von eingenommenen und in der Apotheke verbliebenen Eigenbeteiligungen korrekt im Sinne der SchmutzV und damit auch kollegial wettbewerbsgemäß wäre.

Warum können Kammern und Verbände darauf nicht sachgemäß reagieren?

Außerdem:
Die Rechtsprechung des BGH - I ZR 143/15 - ist hier nicht einschlägig.
Im Unterschied zum SGB V sieht die SchutzmV kein Regel-Ausnahme-Verhältnis bezüglich der Abrechnungs- und Zahlungsmodalitäten vor.

Aus dem Verordnungstext ist hingegen kein Eigenbeteiligungsverzicht auzulegen.
(Und übrigens, was soll das denn für ein Staat sein, der die
Leistungspflicht seiner Bürger in die Disposition irgend eines
Apothekers stellt? Der Staat selbst ist hier der Abrechnungsempfänger und nicht die Kranken Kassen! Apothekers, gehts noch?) ?

"Für die Abgabe von Schutzmasken erstellen die Apotheken mindestens einmal pro Monat eine Abrechnung, aus der sich ... die eingenommenen Eigenbeteiligungen ... ergeben. ... Die für den Nachweis der korrekten Abrechnung erforderlichen rechnungsbegründenden Unterlagen ... sind ...
unverändert zu speichern oder aufzubewahren."

Die eingenommenen Eigenbeteiligungen sind die verbliebenen!

Na dann, viel Glück für korrekte Abrechnung ohne Null-Retaxe.
--

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Hoffentlich hält es

von ratatosk am 22.01.2021 um 11:29 Uhr

Wäre schön, wenn es so bleibt ! Diese Billiger Jakob Aktionen zerstören jede Solidarität ! Gegen die steuerbegünstigten ausländischen Versender kommt man mit Dumping sowieso nicht weit. Aber leider gibt es eben viele Gruppen, die nicht mit guter Arbeit glänzen können und dann eben sowas machen müssen.

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AW: Hoffentlich hält es

von Frank Hartmann am 22.01.2021 um 11:57 Uhr

Wir liefern glänzende und gute Arbeit ab und sind trotzdem günstig. Und nun ?

Landgericht Düsseldorf

von Conny am 22.01.2021 um 11:19 Uhr

Mal sehen wie das Oberlandesgericht es sieht. Wir hören sofort dann auf wenn das Urteil rechtskräftig ist. Die Aok Kunden wird es ärgern, das Ihre Coupons nicht an Land kommen. Wenn die Kammern doch nur immer soviel Energie entwickeln würden.

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