Sozialgericht Oldenburg

73-jähriger Herzpatient erhält vorerst keine COVID-19-Impfung

Berlin - 22.01.2021, 17:30 Uhr

Wer wird zuerst geimpft? Die Corona-Impfverordnung beschäftigt derzeit Gerichte. (Foto: imago images / Action Pictures)

Wer wird zuerst geimpft? Die Corona-Impfverordnung beschäftigt derzeit Gerichte. (Foto: imago images / Action Pictures)


Priorisierung nicht zu beanstanden – Verordnungsgeber hat weiten Gestaltungsspielraum

Nach Auffassung des Gerichts ist es auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zur Wahrung der dem Gesetzgeber obliegenden Schutzpflichten nicht zwingend erforderlich, die gewünschte vorgezogene Impfung sicherzustellen. Die vom Verordnungsgeber in der Corona-Impfverordnung normierten Priorisierungsentscheidungen wahrten die Schutzpflichten hinreichend, so das Gericht. Hier bestehe ein weiter Einschätzungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielraum, der Raum lasse, etwa mit dem Schutz des Individualinteresses konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Die in der Corona-Impfverordnung getroffenen Priorisierungsentscheidungen hielten sich in diesem weiten Gestaltungsspielraum.

Da gegenwärtig noch nicht ausreichend Corona-Impfstoffe verfügbar seien, sei es nicht zu beanstanden, wenn zunächst die in § 2 CoronaImpfV genannten Personen geimpft würden. Die priorisierte Impfung der über 80-Jährigen und Heimbewohner diene nicht allein deren individuellem Schutz, sondern in hohem Maße auch dem Schutz der Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgungseinrichtungen. Denn bei dieser Personengruppe bestehe ein signifikant erheblich größeres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf, sodass eine besondere Belastung der Intensivkapazitäten in den Kliniken zu erwarten sei. Ein krankheitsbedingter Ausfall ebenfalls höchst prioritär zu impfenden Betreuer dieser Personen würde ebenfalls die Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgungseinrichtungen gefährden.

Das Gericht sah auch keine besondere Eilbedürftigkeit. Es sei dem Antragsteller zumutbar, sich vor einer Ansteckung durch verstärkte Schutzmaßnahmen und Kontaktvermeidung zu schützen – gerade auch weil er zeitnah mit einer Impfung rechnen könne. Er sei der Gruppe zuzuordnen, für die nach Abschluss der laufenden Impfungen eine Impfung erfolgen würde.

Erst Anfang der Woche wurde bekannt, dass eine Krebspatientin kurz vor der OP und Chemotherapie eine vorgezogene Impfung vor Gericht erwirken konnte. Das Landgericht Hamburg hatte die Auffassung vertreten, dass der Verordnung eine adäquate Härtefallregelung fehlt, die Einzelfallentscheidungen erlaubt. Am 20. Januar wurde sodann in der Stadt Hamburg ein Verfahren etabliert, nach dem Härtefälle geprüft und nach medizinischer Prüfung vorrangig geimpft werden können.

Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 21. Januar 2021, Az.: S 10 SV 1/21 ER - nicht rechtskräftig



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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