Fachgesellschaften

Sollen sich Stillende gegen COVID-19 impfen lassen?

Stuttgart - 20.01.2021, 13:45 Uhr

Der potenzielle Nutzen der Impfung überwiegt bei Stillenden mit erhöhtem COVID-19-Risiko die theoretischen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Impfung deutlich, sagen die Fachgesellschaften. (Foto: LIGHTFIELD STUDIOS / stock.adobe.com)

Der potenzielle Nutzen der Impfung überwiegt bei Stillenden mit erhöhtem COVID-19-Risiko die theoretischen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Impfung deutlich, sagen die Fachgesellschaften. (Foto: LIGHTFIELD STUDIOS / stock.adobe.com)


Schutz des Säuglings durch mütterliche Antikörper

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärt zum Biontech/Pfizer-Impfstoff BNT162b2: „Es wird erwartet, dass die Wirksamkeit des Impfstoffs bei stillenden Frauen ähnlich sein wird wie bei anderen Erwachsenen. Es gibt jedoch keine Daten über die Sicherheit von COVID-19-Impfstoffen bei stillenden Frauen oder über die Auswirkungen von mRNA-Impfstoffen auf gestillte Kinder. Da BNT162b2 kein Lebendvirus-Impfstoff ist und die mRNA nicht in den Zellkern gelangt und schnell abgebaut wird, ist es biologisch und klinisch unwahrscheinlich, dass er ein Risiko für das gestillte Kind darstellt.“ Deswegen soll nach Ansicht der WHO einer stillenden Frau, die zu einer für die Impfung empfohlenen Gruppe gehört, etwa Gesundheitspersonal, die Impfung auf einer gleichwertigen Basis angeboten werden. Zudem empfiehlt die WHO nicht, das Stillen nach der Impfung zu beenden.

In ihren Hinweisen zur COVID-19-Impfung während der Stillzeit greifen die Fachgesellschaften diese Empfehlung der WHO auf: Der Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion für die stillende Frau sei mit dem gleichen hohen Wirkungsgrad der Impfung anzunehmen, wie dies in den bisherigen Studien für nicht stillende Frauen gezeigt werden konnte, auch wenn detaillierte Angaben hierzu fehlten. Vor allem bei persönlichen, durch Komorbiditäten oder Exposition bedingten Risiken für einen schweren COVID-19-Verlauf wie bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen und ein geschwächtes Immunsystem sowie Diabetes mellitus, Hypertonie und Adipositas überwiege der potenzielle Nutzen der Impfung die theoretischen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Impfung deutlich.

Maternale Antikörper für den Säugling

Laut DGPM, DGGG und der Nationalen Stillkommission gibt es Einzelberichte von schweren oder kritischen COVID-19-Fällen bei Kindern unter zwölf Monaten. Säuglinge wiesen per se jedoch keine höhere Infektionswahrscheinlichkeit auf und ihre Infektionen verliefen häufig asymptomatisch oder mild. „Durch Immunisierung der Mutter kann jedoch das Risiko für eine kindliche Infektion minimiert werden“, da durch Impf-Immunisierung gebildete Antikörper nach Sezernierung in die Muttermilch einen potenziellen Infektionsschutz für den Säugling darstellten. 

Auch wenn gesicherte Daten ausstünden, könne eine durch Muttermilch übertragene schützende Immunität eine passive Präventionsstrategie zum Schutz des Säuglings darstellen. Dieses Prinzip wird bei Impfungen von Schwangeren aktiv verfolgt. So hat beispielsweise im Falle des Influenzaschutzes (Schwangere sollen sich ab dem zweiten Trimenon gegen Grippe impfen) Vaxigrip Tetra sogar eine explizite Zulassung für die passive Immunisierung des Säuglings bis zum Alter von sechs Monaten durch Impfung der werdenden Mutter.

IgA-, IgM- und IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 in der Muttermilch

Auch bei SARS-CoV-2 konnten virusspezifische IgA-, IgM- und IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 in der Muttermilch von Frauen mit aktiver oder durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion in der Schwangerschaft nachgewiesen werden. Neutralisierende Antikörper nach Infektion oder Impfung stellen zum jetzigen Zeitpunkt das beste humorale Immunkorrelat zum Schutz vor einer Infektion dar.

Daher sollten in der Beratung und Aufklärung die (potenziellen) Vorteile einer Impfung für Mutter und Säugling dargestellt und eine partizipative Entscheidungsfindung ermöglicht werden, betonen DGPM, DGGG und die Nationale Stillkommission. Der Entwicklungs- und Gesundheitsnutzen des Stillens sollte dabei zusammen mit dem klinischen Bedarf der Frau an einer Immunisierung gegen COVID-19 (in Abhängigkeit von Risikofaktoren für eine SARS-CoV-2-Infektion/schwere COVID-19) berücksichtigt werden, und über das Fehlen von Sicherheitsdaten für den Impfstoff bei stillenden Frauen soll informiert werden.

Stillpause von ein bis drei Tagen

Bei erhöhtem Sicherheitsbedürfnis der Stillenden raten die Experten, einen individuellen still-freien Zeitraum von ein bis drei Tagen nach der Impfung in Erwägung zu ziehen. Internationale Empfehlungen sehen hier jedoch keine Notwendigkeit für die Verzögerung eines Stillbeginns, einer Stillunterbrechung oder des Abstillens nach Impfung.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Stillen und Impfung gegen Covid-19

von Christiane Kreisel-Büstgens am 19.02.2021 um 8:29 Uhr

Es gibt ja viele MFA, die jetzt priorisiert geimpft werden können mit dem Impfstoff von Astra Zeneca. Einige davon sind stillende Mütter. Nach den bisherigen Empfehlungen liegt der Schwarze Peter beim Impfarzt und bei der MFA. Da hätte ich mir schon eine konkrete Handreichung gewünscht.

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Und was ist mit Krankenschwestern auf Intensivstationen?

von Nadine S am 26.01.2021 um 20:35 Uhr

Ich habe mir eine Antwort erhofft. Denn tatsächlich habe ich durch meinen Arbeitgeber eine Impfung angeboten bekommen, da ich auf einer Intensivstation eines Univerdltätsklinikums tätig bin. Es scheiterte jedoch am Ende beim ärztlichen Aufklärungsgespräch an der Tatsache, dass ich mein 17 Monate altes Kind noch stille. Eine Impfung wurde durch den Arzt abgelehnt auch, wenn das Risiko vollständig auf meiner Seite liege. Ich solle mir überlegen doch abzustillen! Dabei ist auch die offizielle Empfehlung der WHO ein Kind im gesamten Beikostalter bis zum 2. Geburtstag zu stillen und sogar noch darüber hinaus wenn es Kind und Mutter wünschen. Wie soll ich mich in meinem Job schützen und meine Familie schützen und dennoch nicht auf die Vorteile unserer Stillbeziehung verzichten. Unmöglich finde ich die Aussage, man solle sich keine Gedanken machen, da man eh erstmal keine Impfung bekommen wird!? Ich gefährde meine Gesundheit und die meiner Familie um anderen zu helfen, denn das ist mein Job und dann werde ich allein gelassen und soll mein Kind ihrer Bedürfnisse berauben um uns schützen zu können! Das ist unglaublich und sehr frustrierend!

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Vielen Dank und Präzision

von Mirjam H am 21.01.2021 um 10:36 Uhr

Vielen Dank für den Artikel. Er war für mich sehr hilfreich.

Ich möchte allerdings anmerken, dass ein paar Dinge nicht bedacht wurden: Auch Mitarbeiterinnen in Altenheimen können stillen. Stillende Frauen können einer Risikogruppe angehören und somit schon in die zweite Impfgruppe gehört. Bei der Voranmeldung zu Impfung muss man angeben, ob man stillt, deshalb ist diese Information jetzt schon relevant. Es werden nicht nur Säugling gestillt, sondern auch ältere Kinder und es macht bei der Beurteilung des Risikos einen Unterschied, ob das gestillte Kind zwei Wochen oder zwei Jahre alt ist.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Vielen Dank und Präzision

von Dawid am 25.01.2021 um 14:23 Uhr

Meine Frau arbeitet als ZFA und sie stillt immer noch (unser Sohn ist 14 Monate alt). Sie will keine Impfung, weil sie nicht weiß wie das auf unseren Sohn wirken wird und wir wollen kein Risiko eingehen.
Wird Sie dann gezwungen oder wie sehen Sie das?

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