Digitaler Eppendorfer Dialog

Großes Potenzial für bewährte Wirkstoffe

Hamburg - 20.01.2021, 12:15 Uhr

Am Dienstag fand der 25. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik statt – erstmals als Online-Veranstaltung. (Screenshot: eppendorferdialog.de)

Am Dienstag fand der 25. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik statt – erstmals als Online-Veranstaltung. (Screenshot: eppendorferdialog.de)


Sorge vor immer mehr Hochpreisern

Der Vorstandsvorsitzende des AOK Bundesverbands, Martin Litsch, ging mehr auf den Einsatz bewährter Wirkstoffe bei ihren etablierten Indikationen ein. Sie bildeten das Fundament der Arzneimittelversorgung. Durch Festbeträge und Rabattverträge seien sie wirtschaftlich gut steuerbar. Dagegen würden patentgeschützte Arzneimittel mit 7 Prozent der Versorgungsmenge etwa 50 Prozent des Umsatzes erzielen. Dieses Verhältnis sorge die Krankenkassen, zumal inzwischen jedes vierte neue Produkt Jahrestherapiekosten von mehr als 100.000 Euro habe.

Litsch kritisierte insbesondere die freie Preisbildung im ersten Jahr der Vermarktung. Stattdessen schlug er vor, die Nutzenbewertung und die Preisverhandlung so zu verkürzen, dass nach spätestens neun Monaten ein Betrag ausgehandelt sei. Bis dahin sollte ein Interimspreis gelten, der sich an der Vergleichsmedikation orientiert, und anschließend sollte die Differenz zum ausgehandelten Preis verrechnet werden, forderte Litsch.

Als Mittel gegen Lieferengpässe forderte Litsch Transparenz. Es müsse deutlich werden, wo die Wirkstoffe in Arzneimitteln herkommen und dass bei der Produktion Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden. Litsch betonte, dass die AOKen dies nun in Ausschreibungen fordern, deswegen aber vor den Vergabekammern beklagt würden. Auch Freihandelsabkommen könnten dabei problematisch sein. Zum Repurposing verwies Litsch zunächst auf den Markt als Regulativ, zeigte sich in der Diskussion aber offen, diesen Ansatz zu nutzen. Allerdings müsse dann gleichzeitig das Problem mit den Hochpreisern angegangen werden.

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Politik offen für Anregungen

Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karin Maag, betonte die Bedeutung der Versorgungssicherheit. Die Produktion von Notfall-Arzneimitteln sei auch sicherheitspolitisch relevant. Deutschland solle als Produktionsstandort gestärkt werden, aber sie zeigte sich wenig optimistisch, die Wirkstoffproduktion von Asien nach Deutschland zurückholen zu können. Maag erinnerte an die neuen gesetzgeberischen Anforderungen, bei Ausschreibungen die Lieferfähigkeit und die Vielfalt der Anbieter zu berücksichtigen. Für den Fall, dass dies nicht wirke, zeigte sich Maag offen für weitere Regelungen. Die Parteien, die derzeit an ihren Wahlprogrammen arbeiten, seien für Anregungen dankbar.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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