Nach Bayerischem Vorbild

Wäre eine FFP2-Pflicht für alle hilfreich?

Stuttgart - 13.01.2021, 15:15 Uhr

Bei einer FFP2-Pflicht dürften Bartträger in Läden und öffentlichen Verkehrsmitteln eigentlich nicht zugelassen werden. (Foto: imago images / Addictive Stock)

Bei einer FFP2-Pflicht dürften Bartträger in Läden und öffentlichen Verkehrsmitteln eigentlich nicht zugelassen werden. (Foto: imago images / Addictive Stock)


Skeptische Stimmen zur FFP2-Pflicht: „Im schlimmsten Fall kann sich die Lage sogar verschlechtern“

Es gibt aber auch skeptischere Stimmen zur FFP2-Pflicht. „Ich glaube nicht, dass das einen großen Unterschied macht“, sagte Johannes Knobloch, Leiter des Bereichs Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der Deutschen Presse-Agentur. „Im schlimmsten Fall kann sich die Lage sogar verschlechtern, weil sich die Leute geschützter fühlen und weniger vorsichtig sind.“ Es bedürfe bei einer FFP2-Maske großer Expertise, sie komme aus dem Arbeitsschutz und sei nicht für Laien gedacht. „Wenn sie nicht absolut dicht aufgesetzt wird, wirkt sie nicht besser als eine einfache Einwegmaske“, so Knobloch. Der Atemwiderstand sei bei den dichteren FFP2-Masken größer als bei den einfachen Kunststoff- oder selbstgenähten Stoffmasken. „Durch eine Stoffmaske atme ich immer zumindest zum Teil hindurch, aber wenn bei einer FFP2-Maske irgendwo am Gesicht eine kleine Lücke bleibt, geht fast alle Luft dort hindurch – und mit ihr das Virus.“

Männer müssten sich rasieren

Unklar sei vielen Menschen auch, dass sich Bartträger eine FFP2-Maske nicht dicht aufsetzen können, erklärte Knobloch. „Sie ist bei Männern nur mit glattrasierter Haut zu tragen.“ Schon beginnender Bartwuchs könne ein Problem darstellen, weil sich ein Abstand zwischen Haut und Maske bilde, durch die Luft ungefiltert ein- und ausströme. „Bei einer FFP2-Pflicht dürften Bartträger in Läden und öffentlichen Verkehrsmitteln also eigentlich nicht zugelassen werden.“ Die Maßnahme sei vielleicht gut gemeint, letztlich helfe aber nur eines wirklich gut: zu Hause bleiben.

Auch der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung, Christof Asbach, warnt vor falschen Vorstellungen bezüglich der Sicherheit von FFP2-Masken. Diese böten selbst dann keinen hundertprozentigen Schutz, wenn sie perfekt getragen würden, sagte Asbach der Deutschen Presse-Agentur. Die Masken müssten den Anforderungen zufolge 94 Prozent der Partikel filtern – damit gingen immer noch 6 Prozent durch. „Man muss sich auch generell von der Vorstellung freimachen, dass es eine einzige Maßnahme gibt, die das Risiko einer Infektion auf null senkt.“ Wichtig sei ein Mix. Zudem biete eine FFP2-Maske auch nur dann den versprochenen Schutz, wenn sie eng anliege. Je nach Gesichtsform treffe das nicht bei jedem Modell zu. Luft – und damit auch eventuell Viren – ströme dann an den Seiten der Maske vorbei, erklärte Asbach. „Wenn die nicht sauber abschließt, ist sie nicht wirksamer als eine einfache Maske.“

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Wenig Unterschied macht es Asbach zufolge, ob die Atemschutzmasken aus den Klassen FFP2, N95 oder KN95 sind. „Das ist ein ähnlicher Standard.“ Entscheidend sei die Qualität der Masken. Immer noch gebe es nicht ausreichend geprüfte Masken auf dem Markt, die jedoch – fälschlicherweise – als solche ausgezeichnet seien. „Man sollte nicht so sehr auf den Preis achten, sondern auf eine vertrauenswürdige Quelle“, riet der Experte. Solche Masken seien für den Arbeitsschutz gemacht und hielten mindestens acht Stunden am Tag, erklärte Asbach. Das gelte auch, wenn man die Zeit beim Tragen etwa im Bus und beim Einkaufen aufaddiere. „Mit acht Stunden ist man auf der sicheren Seite“, so Asbach. Manche Masken hielten sicher auch länger.

Wurde die Pflicht nicht zu Ende gedacht?

Norbert Röttgen, Kandidat für den CDU-Parteivorsitz, hält eine bundesweite Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken im Einzelhandel und Nahverkehr für verfrüht. Man müsse den Menschen erst erklären, warum FFP2-Masken wirksamer seien und wo der Unterschied zum normalen Mund-Nase-Schutz liege, sagte er in der Sendung „Frühstart“ von RTL und ntv. „Das muss zuerst gesagt werden, dann kann man über Kontrollen reden.“ Er sei dafür, dass man vor allen Dingen die Bürger:innen mitnehme und „dass wir nicht unterstellen, dass die Bevölkerung das nicht einsieht und darum kommen Pflichten, Kontrolle und Zwang“. 

In Ihrer Funktion als Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Erlangen kritisierte auch Martina Stamm-Fibich (SPD) in einer Pressemitteilung die FFP2-Pflicht in Bayern: Die gestern von der bayerischen Landesregierung erlassene Regelung sei nicht zu Ende gedacht. „Sie hat sich bereits jetzt in einer substanziellen Erhöhung der Preise für FFP2-Masken niedergeschlagen. Es werden teilweise Preise von bis zu 4,50 Euro pro Maske aufgerufen. Diese finanzielle Mehrbelastung ist für Geringverdiener nicht zu schultern“, erklärt sie. Stamm-Fibich fordert die bayerische Landesregierung deshalb dazu auf, Maßnahmen zu erlassen, die die Bürger:innen diesbezüglich spürbar entlasten.



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3 Kommentare

FFP2-Maskenpflicht sinnvoll?

von Johannes-ApoTeamCO am 18.01.2021 um 17:04 Uhr

Lieber Herr Arsand,
viele Fragen stellen sich mir:
Wie beraten Sie Barträger, von denen es reichlich gibt?
Sollte Bayern, dann auch D etc. die Rasierpflicht einführen?
In bayerischen Kirchen sind FFP2-Masken nicht vorgeschrieben. Warum?
FFP2-Masken werden sehr, sehr oft nicht richtig angelegt und getragen. Wie wollen Sie das kontrollieren.
Wie sehen Sie die Arbeitsschutzrechtlinien in Bezug auf Ihrer Anmerkung "11h sind kein Problem"?
Alles in allem, da das Tragen von FFP2-Masken in der breiten Öffentlichkeit noch nie grundlegend erforscht wurde und die Verordnung nicht kontrollierbar ist (was Bärte, richtiger Sitz u.a. betrifft), lehne ich diese Einführung ab und hoffe nur, dass das restliche D verschont bleibt.
Vor allem auch vor riesigen unnötigen Müllmengen. Aber der Focus geht ja bedauerlicherweise nur noch auf SARS-CoV-2 - politischer Aktionismus um Fehler des Sommers/Herbst zu kaschieren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: FFP2-Maskenpflicht sinnvoll

von Maxi haase am 19.01.2021 um 20:39 Uhr

Finde es sehr bedauerlich,dass nirgends was zu finden ist in Bezug auf Maskenbefreiung.immer ist nur zu Lesen,Masken sind kein Problem und wenn dann sollte man zu Hause bleiben.damit macht man es sich zu einfach, Monate ohne soziale Kontakte treibt man die Menschen in den Suizid

FFP2-Maskenpflicht - so sinnvoll und längst überfällig!

von Raik Arsand am 13.01.2021 um 19:48 Uhr

Die hier vorgetragene Diskussion über das Thema ist einfach nicht mehr zu verstehen/ ertragen:
Eine falsch getragene FFP2-Maske wird keinesfalls schlechter wirken als eine (oft auch nur als Mund- oder Kinnschutz getragene) einfache MNS-Maske. Sie bietet aber die Chance auf besseren Schutz für sich und andere. Diese Chance nicht zu nutzen, verbieten die aktuellen Zahlen klar und sollten zu sofortiger, bundesweiter Umsetzung verleiten.
Noch viel wichtiger ist aber, dass die Maskenpflicht für ALLE gilt:
In der aktuellen, dramatischen zweiten Welle der Pandemie empfinde ich es als unerträglich, wenn Verkaufspersonal – erst recht in Hochrisikogebieten - nicht eindeutig zum Tragen von (idealerweise FFP2-) Masken verpflichtet ist und sich oft höchstens hinter „Alibi-Plexiglasscheiben“ aufhalten darf oder wie oft erlebt ohne jegliche Maske sich im Laden frei bewegend auffüllen darf.
Vor allem in Bereichen wie Bäckerei, Fleischerei oder Imbiss ist es geradezu dilettantisch, wenn ohne jeglichen Schutz das Verkaufspersonal das z.T. intensive Verkaufsgespräch über offenen, zum sofortigen Verzehr gedachten Lebensmitteln führt oder das Kassenpersonal noch mal alle Artikel „beatmen“ kann…
Aus eigenem Berufsalltag kann auch ich mich als Brillenträger nicht wirklich für Masken begeistern – dennoch kann man 11 Stunden Arbeit auch mit FFP2-Maske überleben und im Sinne der Eindämmung ertragen.
Erstaunlicher Weise kommen jetzt auch Kunden, die bei der ersten Welle noch auf Maskenbefreiung mittels Attests gesetzt haben, nun mit FFP2-Maske in die Apotheke…
Und zum Thema Kostensituation:
Gute FFP2-Masken für 2€ zu bekommen, ist aktuell leicht möglich!
ALSO:
Nicht palavern, sondern handeln!

Um in dem Bild von Ministerpräsident Ramelow zu bleiben:
Wenn die Hütte brennt, sollte man nicht zu lange über das Löschmittel diskutieren.

Und zu leidigen Themen wie Maskenfarbe oder Impfstofftyp:
Als Schiffbrüchiger sollte man nicht über die Farbe des Schlauchboots meckern…

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