Epanova reduziert kardiovaskuläre Risiken nicht

Kein Vorteil durch Fischöl-Präparat

Stuttgart - 11.01.2021, 10:45 Uhr

Die aktuelle STRENGTH-Studie ist nicht die einzige Untersuchung, in der kein Benefit für eine Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren nachgewiesen wurde. (Foto: tycoon101 / stock.adobe.com)

Die aktuelle STRENGTH-Studie ist nicht die einzige Untersuchung, in der kein Benefit für eine Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren nachgewiesen wurde. (Foto: tycoon101 / stock.adobe.com)


Der Frage, ob Omega-3-Fettsäuren das kardiovaskuläre Risiko reduzieren, wurde bereits mehrfach nachgegangen; einstimmige Antworten wurden indes nicht erzielt. Eine große Kohortenstudie mit kardiovaskulären Risikopatienten wurde unlängst abgebrochen, da die Supplementierung einer Kombination aus Eicosa- und Docosapentaensäure keinen Benefit zeigte.

In der STRENGTH-Studie sollte untersucht werden, ob das Omega-3-Fettsäure-Präparat Epanova das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren kann. An der Studie nahmen insgesamt 13.078 Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko (Triglyceridspiegel zwischen 180 und 500 mg/dl, HDL-Cholesterolspiegel < 42 mg/dl bei Männern und < 47 mg/dl bei Frauen) teil. Die doppelblinde und randomisierte Studie wurde an 675 Zentren in 22 Ländern durchgeführt. Zu einer Statingabe erhielt die Verum-Gruppe täglich 4 g Omega-3-Carbonsäuren (Epanova, eine Mischung von Eicosapentaensäure mit Docosahexaensäure), die Vergleichsgruppe ebenfalls ein Statin sowie als Placebo Maiskeimöl. 

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Durch die Carboxylsäure an den Omega-3-Fettsäuren ist keine Hydrolyse durch die Pankreaslipase während der intestinalen Absorption notwendig. Das Präparat muss damit nicht wie andere Fischölpräparate mit einer fettreichen Nahrung eingenommen werden. Primärer Studienendpunkt war die Kombination aus nicht tödlichem Myokardinfarkt, Schlaganfall, Koronarrevaskularisation, instabiler Angina pectoris oder kardiovaskulärer Tod. Die Patienten wurden im Median 38,2 Monate behandelt und 42 Monate nachbeobachtet.

Vorzeitiger Studienabbruch

Einige Laborparameter wurden durch die Gabe der Omega-3-Fettsäuren günstig beeinflusst. So sanken etwa die Triglyceridwerte in der Verum-Gruppe um 19 Prozent und die Entzündungsparameter (hs-CRP-Werte; hochsensitives C-Reaktives Protein) um 20 Prozent. Die erhoffte Auswirkung auf die schweren kardiovaskulären Ereignisse blieb jedoch aus. Der primäre Endpunkt trat in der Verum-Gruppe bei 12,0 Prozent der Patienten und bei 12,2 Prozent in der Placebo-Gruppe ein (Hazard Ratio: 0,99, p = 0,84). Die Einnahme der Omega-3-Fettsäuren wurde nicht von allen Patienten vertragen. So kam es in der Verum-Gruppe häufiger zu gastrointestinalen Nebenwirkungen als in der Placebo-Gruppe (24,7 % gegenüber 14,7 %). Auch wurde in der Verum-Gruppe die Supplementierung häufiger abgesetzt (10,8 % versus 8,0 %) oder die Dosis reduziert (12,0 % versus 6,1 %). Ferner kam es in der Verum-Gruppe zu einer höheren Rate von Neuerkrankungen an Vorhofflimmern (2,2 % versus 1,3 %; Number needed to harm: 114). Der Hersteller des Studienpräparates (AstraZeneca) hat die Studie bereits im Januar 2020 vorzeitig abgebrochen [1].

Widersprüchliche Aussagen

Die STRENGTH-Studie ist nicht die einzige Untersuchung, in der kein Benefit für eine Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren nachgewiesen wurde. So zeigte etwa die Gabe von Omega-3-Fettsäuren (1 g pro Tag) bei Patienten über 70 Jahren ohne schwerwiegende Vorerkrankung keine positiven Auswirkungen im Hinblick auf verschiedene klinische Parameter [2]. In einer weiteren Studie mit älteren Patienten nach einem vor Kurzem erlittenen Myokardinfarkt führte die tägliche Gabe von 1,8 g Omega-3-Fettsäuren (Eicosa- und Docosahexaensäure) zu keiner Abnahme kardiovaskulärer Ereignisse. Im Gegenteil: Als Nebenwirkung fand sich eine erhöhte Rate an Vorhofflimmern [3].

In einer viel diskutierten Studie, der REDUCE-IT-Studie [4], zeigte sich hingegen ein positiver Effekt: Bei Patienten mit Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes mellitus reduzierte eine Tagesdosis von 4 g Icosapent-Ethyl (Vascepa®, ein EPA-Ethylester) schwere kardiovaskuläre Ereignisse und verbesserte das Lipidprofil. Das Ergebnis dieser Studie wird derzeit in Fachkreisen hinterfragt. Es wäre denkbar, dass der in der Verum-Gruppe gezeigte Benefit nicht auf dem EPA-Ethylester, sondern auf der Schädlichkeit des im Kontrollarm als Vergleichssubstanz eingesetzten Mineralöls beruht [5].

Dieser Artikel erschien in der  
Deutschen Apotheker ZeitungAusgabe, 1 / 2021, S. 30

Literatur

[1] Nicholls SJ et al. Effect of high-dose omega-3 fatty acids vs corn oil on major adverse cardiovascular events in patients at high cardiovascular risk: The STRENGTH randomized clinical trial. JAMA 2020; doi: 10.1001/jama.2020.22258 

[2] Bischoff-Ferrari HA et al. Effect of vitamin D supplementation, omega-3 fatty acid supplementation, or a strength-training exercise program on clinical outcomes in older adults: The DO-HEALTH randomized clinical trial. JAMA 2020;324:1855–68 

[3] Kalstad AA et al. Effects of n-3 fatty acid supplements in elderly patients after myocardial infarction: A randomized controlled trial. Circulation 2020; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.120.052209 

[4] Bhatt DL et al. Cardiovascular risk reduction with icosapent ethyl for hypertriglyceridemia. N Engl J Med 2019;380:11–22 

[5] Desch M. Icosapent-Ethyl reduziert kardiovaskuläres Risiko. Arzneimitteltherapie 2019; 37(04):133-147


Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


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