Wort & Bild-Chef Andreas Arntzen im DAZ-Interview

„Wir sind besser, wenn wir uns zusammentun“

Stuttgart - 08.01.2021, 15:25 Uhr

Wort & Bild-Verlagschef Andreas Arntzen sprach mit der Deutschen Apotheker Zeitung auch über die Herausforderungen des vergangenen Corona-Jahres. (Foto: Wort & Bild Verlag)

Wort & Bild-Verlagschef Andreas Arntzen sprach mit der Deutschen Apotheker Zeitung auch über die Herausforderungen des vergangenen Corona-Jahres. (Foto: Wort & Bild Verlag)


Für evidenzbasierte Gesundheitsinformationen hätte Spahn keine Steuergelder in Millionenhöhe gebraucht

Die von Ihnen angesprochenen Partnerschaften im Verlags- und Medienwesen haben ja Ende letztes Jahr eine ganz neue Bedeutung gewonnen, als bekannt wurde, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit dem Monopolisten Google kooperiert. Staatliche Gesundheitsinformationen sollen also nach dem Willen der Bundesregierung „ganz weit oben“ stehen. Bitte erläutern Sie uns die Brisanz dieses Vorgangs noch mal aus Ihrer Sicht.

Unser Gesundheitsminister behauptet, dass es in Deutschland keine hochwertigen und evidenzbasierten Gesundheitsinformationen gebe und er diese vermeintliche Lücke nun schließen müsse. Da wurde der Minister offenbar schlecht beraten. Ich finde diese Ansicht unerhört und stelle mich vor meine 300 Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter. Der Wort & Bild-Verlag steht seit über 65 Jahren für ein hervorragendes Angebot an Gesundheitsinforma­tionen, die 30 Millionen Menschen pro Monat erreichen. Aber es betrifft ja beispielsweise auch einen Burda-Verlag mit seinem Angebot netdoktor.de. Ich habe daher überhaupt kein Verständnis dafür, dass der Minister Steuergelder in Millionenhöhe dafür verwendet, im Alleingang ein staatliches Gesundheitsportal mit Informationen zu füllen, statt sich mit seriösen Anbietern evidenz­basierter Informationen auszutauschen und zu kooperieren. 

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Sehen Sie diesen Vorgang als eine Gefahr für die Pressefreiheit an?

Ich halte es für katastrophal, dass Bürgerinnen und Bürger zu Gesundheitsfragen an allererster Stelle die Informationen des Bundesgesundheitsministeriums erhalten und nicht die einer neutralen Stelle. Das Ministerium sollte sich vielmehr damit beschäftigen, wie mit falschen, unseriösen Informa­tionen umgegangen werden muss und damit die Pressefreiheit und seriöse Medien zu stärken. Das löst man nicht mit einem eigenen Portal.

Apropos Portal: Die Apothekerschaft blickt nach wie vor gespannt auf die Initiative „Pro AvO“. 2021 sollte der Start der Apothekenplattform aber nun kommen, oder? 

Ich finde, mit dem neuen Jahr sollte man den Blick noch mal etwas schärfen. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen, speziell im Arzneimittelmarkt, wird zu solch grundlegenden Veränderungen führen, wie sie in diesem Ausmaß nur wenige Branchen bisher erlebt haben. Daher bauen wir an etwas wirklich Großem. Um es bildhaft auszudrücken: Es geht nicht darum, nur mit den anderen Flugzeugen am Himmel zu fliegen, sondern eine Rakete zu konstruieren, die es den Vor-Ort-Apotheken ermöglicht, in viel höhere Sphären vorzudringen. Ich glaube daran, dass wir das mit „Pro AvO“ und der Phoenix hinbekommen, aber es sind noch sehr viele Parameter offen. 

Inwiefern? 

Weil die Regulierungen vonseiten des Gesetzgebers ja noch gar nicht feststehen. Das ist der Hauptgrund, weshalb wir uns bisher zurückgehalten haben. Und in diesem Kontext muss man jedes Projekt – also jedes Flugzeug, das sich aktuell da oben befindet – ganz anders bewerten. Jede angebotene Lösung bewerte ich erst mal positiv, denn sie trägt bei zur weiteren Entwicklung. Doch kein einziges dieser Flugzeuge wird zukünftig in der Lage sein, zum Mond zu fliegen. Dafür brauchen wir eine Rakete und gebündelte Kräfte. Es geht um die beste Lösung für die deutschen Vor-Ort-Apotheken, damit diese bestehen können gegen Wettbewerber wie Amazon, Alibaba und die, die wir Stand heute noch gar nicht kennen.

Können wir im ersten Halbjahr mit einer Pilotphase der geplanten Plattform rechnen?

Definitiv. Es braucht eine gewisse Lernphase. Die Apotheken müssen auf Tuchfühlung gehen. Nur leider muss man auch sagen, dass wir jetzt zum Jahresauftakt noch nicht überblicken können, wie sich 2021 entwickeln wird, weil wir ja noch nicht mal wissen, wie Deutschland in den nächsten drei Monaten aussehen wird.

Herr Arntzen, wie lautet Ihr – hoffentlich optimistisches – Schlusswort als Ausblick? 

Ich bin davon überzeugt, dass 2021 die großen Marktteilnehmer zusammenfinden werden. Ich glaube an Burda, ich glaube an Noweda, ich glaube an einen Deutschen Apothekerverband. Vielleicht sehen wir alle mit der Zeit durch den Einfluss der Corona-Pandemie, dass wir besser sind, wenn wir uns zusammentun. Es geht um Neugierde, positives Denken und Partnerschaften – drei wesentliche Elemente, die das neue Jahr erfolgreich machen. 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Arntzen!



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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