Erste Anmerkungen zum Handels- und Kooperationsabkommen zwischen EU und Großbritannien

Welche Folgen könnte der Brexit-Vertrag für den Arzneimittelsektor haben?

Frankfurt am Main - 28.12.2020, 15:00 Uhr

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson und die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen. (Foto: imago images / Hans Lucas)

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson und die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen. (Foto: imago images / Hans Lucas)


Gegenseitige Anerkennung der GMP-Inspektionen

Im Gegensatz zur Chargenkontrolle hat es im Hinblick auf die Inspektion von Herstellungsanlagen eine Einigung über die gegenseitige Anerkennung der amtlichen GMP-Dokumente gegeben, mit denen bescheinigt wird, ob eine Herstellungsanlage im Einklang mit der Guten Herstellungspraxis und/oder den im Rahmen der Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Produkts eingegangenen Verpflichtungen arbeitet (Article 5: Recognition of inspections and acceptance of official GMP documents). Die Regelungen hierzu finden sich in einem gesonderten Anhang zu den technischen Handelshemmnissen im Arzneimittelbereich (Annex TBT-2: Medicinal Products, S. 492 ff.).

Eine Vertragspartei erkennt die von der anderen Vertragspartei durchgeführten Kontrollen an und akzeptiert die von der anderen Vertragspartei im Einklang mit den in einer Anlage aufgeführten Gesetzen, Vorschriften und technischen Leitlinien beider Seiten ausgestellten offiziellen GMP-Dokumente (Appendix B – List of applicable laws, regulations and technical guidelines relating to Good Manufacturing Practice, S. 501). Die Beurteilung der Produktionsanlagen wird gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Sitzlandes durchgeführt und schließt die Inspektion vor und nach dem Inverkehrbringen ein.

Nichtanerkennung im begründeten Einzelfall

Eine Vertragspartei kann freiwillig amtliche GMP-Dokumente anerkennen, die von einer Behörde der anderen Vertragspartei für Herstellungsanlagen ausgestellt wurden, die sich außerhalb des Gebiets der ausstellenden Behörde befinden. Weitere Regelungen betreffen unter anderem die Nichtanerkennung im begründeten Einzelfall sowie die Durchführung eigener Inspektionen auf dem Territorium der anderen Seite.

Eine Behörde einer Vertragspartei kann unter bestimmten Umständen beschließen, ein von einer Behörde der anderen Vertragspartei ausgestelltes amtliches GMP-Dokument für im Gebiet der ausstellenden Behörde gelegene Herstellungsanlagen nicht anzuerkennen. Beispiele für solche Umstände sind der Hinweis auf wesentliche Unstimmigkeiten oder Unzulänglichkeiten in einem Kontrollbericht, Qualitätsmängel, die bei der Überwachung nach dem Inverkehrbringen festgestellt wurden, oder andere konkrete Anhaltspunkte, die Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Produktqualität oder der Patientensicherheit geben. Jede Vertragspartei hat das Recht, ihre eigenen Inspektionen von Fertigungseinrichtungen durchzuführen, deren Konformität von der anderen Vertragspartei bescheinigt worden ist (Article 7: Safeguards). Die Behörde der Vertragspartei, die die Inspektion durchzuführen beabsichtigt, bemüht sich, die Behörde der anderen Vertragspartei mindestens 30 Tage vor einer geplanten Inspektion schriftlich zu benachrichtigen, kann jedoch in dringenden Fällen eine kürzere Frist vorsehen. Die Behörde der anderen Vertragspartei kann sich der Inspektion anschließen.



Prof. Dr. Hilko J. Meyer
redaktion@daz.online


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