Neue Coronavirus-Variante

Experten erwarten keine Beeinträchtigung der Impfwirkung

Berlin - 21.12.2020, 12:15 Uhr

In Großbritannien läuft derzeit die größte Impfkampagne in der Geschichte des NHS. (c / Foto: imago images / i Images) 

In Großbritannien läuft derzeit die größte Impfkampagne in der Geschichte des NHS. 
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Kurz vor dem wahrscheinlichen Beginn von COVID-19-Impfungen in Deutschland verunsichern Berichte über eine neue Coronavirus-Variante in Großbritannien. Was bedeutet das für die Wirksamkeit der Impfstoffe?

Seit dem 8. Dezember läuft in Großbritannien die bisher größte Impfinitiative in der Geschichte des Nationalen Gesundheitsdiensts NHS. Die Briten verwenden den COVID-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer. Jetzt entdeckten Wissenschaftler eine neue Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 im Land. Was bedeutet das für die Wirksamkeit des Impfstoffs?

Experten erwarten, dass sich die derzeit in Großbritannien zirkulierende neue Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 vermutlich zunächst nicht nachteilig auf die Wirksamkeit der Vakzine auswirken wird. „Ich sehe da derzeit keinen Grund für Alarm“, sagt Professor Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel. Auch Dr. Andreas Bergthaler von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (CeMM) in Wien hält die derzeitige Entwicklung nicht für „wahnsinnig alarmierend“. Dass Mutationen auftauchen, sei nicht ungewöhnlich, derzeit wisse man nicht, ob die beobachteten Veränderungen die Eigenschaften des Erregers überhaupt entscheidend beeinflussen.

Seit einigen Wochen breitet sich im Südosten Englands eine Coranavirus-Variante aus, die ersten Erkenntnissen zufolge ansteckender ist als bisherige Varianten. Dass sie sich besonders schnell ausbreite, sei grundsätzlich plausibel, sagt Neher. Wenn sich das bestätige, seien deutlich schärfere Maßnahmen nötig, um die Ausbreitung einzudämmen. Denkbar sei aber auch, dass die derzeitige verstärkte Ausbreitung dieser Variante letztlich Zufall sei und etwa auf ein Superspreading-Event zurückgehe.

Auch der Berliner Virologe Professor Christian Drosten hatte auf Twitter darauf hingewiesen, dass die Mutationen dem Virus nicht zwingend einen Vorteil gegenüber anderen Varianten verschafften. In Deutschland sei die neue Variante bisher nicht festgestellt worden. Der britische Premierminister Boris Johnson hatte betont, es gebe keine Hinweise darauf, dass die Mutation schwerere Krankheitsverläufe oder eine höhere Sterblichkeitsrate auslöse oder dass Impfstoffe gegen die Mutation weniger effektiv seien.

Ungewöhnlich viele Mutationen

Ersten Analysen britischer Wissenschaftler zufolge verfügt die neue Variante über ungewöhnlich viele Mutationen, vor allem am Spike-Protein. Dieses Protein sitzt auf der Oberfläche des Virus. Der Erreger benötigt es, um in die menschlichen Zellen einzudringen. „Was man derzeit nicht weiß, ist, ob irgendeine dieser Mutationen zu Veränderungen des Virus führt“, sagt Bergthaler. Veränderungen könnten die Übertragbarkeit des Virus betreffen oder den klinischen Verlauf der Erkrankung.

Einzelne Mutationen sind unproblematisch

Theoretisch können Mutationen auch die Wirksamkeit des Impfstoffs beeinflussen, wenn dieser auf den betroffenen Teil des Spike-Protein abzielt. Ändert sich dessen Aufbau, könnte das Immunsystem auch nach einer Impfung blind für den Erreger sein, so die Überlegung. Allerdings erzeuge der derzeit eingesetzte Impfstoff Immunreaktionen gegen das gesamte Spike-Protein, erläutert Neher. „Selbst wenn eine Mutation vorhanden ist, verhindert dies nicht die Erkennung durch das Immunsystem.“ Anders gesagt: Einzelne Mutationen reichen nicht aus, um der komplexen Immunabwehr zu entgehen.

Tatsächlich müssen auch Impfstoffe gegen andere Viruserkrankungen, etwa gegen Grippe, immer wieder an aktuell zirkulierende Virusvarianten angepasst werden. Bei den neuartigen mRNA-Impfstoffen, zu denen der in Großbritannien eingesetzt Coronavirus-Impfstoff gehört, geht das vergleichsweise einfach. Diese Impfstoffe enthalten keine vollständigen Viren, sondern nur eine genetische Information, eine Bauanleitung für ein Virus-Protein. Diese Bauanleitung lässt sich relativ schnell an einen neuartigen Erreger anpassen.



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