GKV-Finanzentwicklung im 1. bis 3. Quartal 2020

Kassen im Minus, weitere Bundeszuschüsse sollen kommen

Berlin - 07.12.2020, 10:00 Uhr

Gesundheitsminister Jens Spahn will den Krankenkassen finanziell unter die Arme greifen. (Foto: Comugnero Silvana / stock.adobe.com)

Gesundheitsminister Jens Spahn will den Krankenkassen finanziell unter die Arme greifen. (Foto: Comugnero Silvana / stock.adobe.com)


Die Corona-Pandemie reißt tiefe Löcher in viele Kassen – auch bei den 105 gesetzlichen Krankenkassen. Sie verbuchen in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres ein Defizit von insgesamt knapp 1,7 Milliarden Euro. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verspricht indessen weitere Bundeszuschüsse. Die Lasten der Pandemie würden fair auf mehrere Schultern verteilt.

Das Bundesgesundheitsministerium hat vergangen Freitag die vorläufigen Zahlen zur GKV-Finanzentwicklung im 1. bis 3. Quartal 2020 vorgelegt. Demnach lagen die Einnahmen der Krankenkassen in diesem Zeitraum bei 194,65 Milliarden Euro, die Ausgaben bei rund 196,32 Milliarden Euro – der Ausgabenüberschuss beträgt damit etwa 1,67 Milliarden Euro. Die Finanzreserven der Krankenkassen lagen zum Stichtag 30. September bei 17,8 Milliarden Euro. Der Gesundheitsfonds erzielte in den Monaten von Januar bis September ein Defizit von 5,1 Milliarden Euro. Zum Stichtag 15. Januar 2020 verfügte er über eine Liquiditätsreserve von rund 10,2 Milliarden Euro. Diese Reserve wurde in diesem Jahr genutzt: etwa für die Ausgleichszahlungen für freigehaltene Krankenhausbetten sowie zum Ausgleich von Belegungsrückgängen von Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen. Rund 10,5 Milliarden Euro wurden laut BMG ausgezahlt. Als Kompensation für die Ausgleichszahlungen aufgrund von Belegungsrückgängen in Krankenhäusern hat der Bund für das 1. bis 3. Quartal rund 8,8 Milliarden Euro an den Gesundheitsfonds erstattet.

Dazu erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): „Die aktuellen Zahlen zeigen: Die Pandemie hinterlässt immer deutlichere Spuren bei den Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen. Daher werden wir der gesetzlichen Krankenversicherung in diesem und auch im nächsten Jahr durch einen zusätzlichen Bundeszuschuss unter die Arme greifen. So verteilen die Lasten fair und leistungsgerecht auf verschiedene Schultern. Das ist in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein gutes und richtiges Signal an Beitragszahler und Arbeitgeber.“

Entwicklung bei den Ausgaben

Die Ausgaben der Krankenkassen für Leistungen und Verwaltungskosten wuchsen im 1. bis 3. Quartal um absolut 4,2 Prozent: Bei den Leistungsausgaben lag das Plus bei knapp 4,2 Prozent, bei den Verwaltungskosten bei 5,8 Prozent. Bekanntlich ging es bei der Inanspruchnahme von Leistungen im Pandemiejahr sehr wechselhaft zu. So sind die Ausgaben im 3. Quartal nach einem Rückgang im 2. Quartal wieder gestiegen – dahinter stecken auch erwartbare Nachholeffekte. Allerdings sind diese bislang nur vorläufigen Daten, die dem BMG vorliegen, recht wackelig. Viele Abrechnungsdaten, etwa der Ärzte, liegen nämlich noch nicht vor.

Ein Blick auf die einzelnen Leistungsbereiche 

Doch wie sieht es nun im Einzelnen aus? Im größten Kostenblock, der stationären Versorgung, gingen die Ausgaben im 1. Halbjahr noch um 2,4 Prozent zurück. Über die ersten neun Monate 2020 verbuchten die Krankenkassen nun einen Anstieg von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 

Arzneimittel: abgesenkte Mehrwertsteuer entlastet

Die Ausgaben für Arzneimittel stiegen im 1. bis 3. Quartal um 6,1 Prozent. Hier haben sich die Ausgabenzuwächse im Jahresverlauf abgeflacht. Dabei führt auch die Absenkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte zu Entlastungen, wie das BMG konstatiert. Keine Ausführungen gibt es diesmal zu den Einsparungen durch Rabattverträge. Angesichts der seit April gelockerten Abgabebedingungen in der Pandemie könnte es sein, dass sich dies auf die Sparsumme auswirkt.

Zweistellige Zuwachsraten gab es hingegen bei den Krankengeldausgaben (12 Prozent) – sie beanspruchen allerdings nur 6 Prozent des gesamten GKV-„Kuchens“ für sich.

 

BMG
Der GKV-Kuchen: So verteilen sich die GKV-Ausgaben von gut 196 Milliarden Euro in den ersten drei Quartalen 2020 prozentual.
 

Ausgabenrückgänge gab es hingegen bei der zahnärztlichen Behandlung (-0,4 Prozent), bei Zahnersatz (-7,2 Prozent), Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen (-15,2 Prozent) sowie Früherkennungsmaßnahmen (-2,2 Prozent).

Der im Vergleich zu den gesamten Leistungsausgaben überproportionale Zuwachs bei Verwaltungskosten der Krankenkassen von 5,8 Prozent ist laut BMG zum Teil auf eine erhöhte Bildung von Altersrückstellungen bei einzelnen Krankenkassen zurückzuführen. Auffällig sind im Kassenartenvergleich insbesondere hohe Ausgabensteigerungen bei den AOKn sowie der Knappschaft.

Und wie geht es weiter?

Insgesamt bewegen sich die bisherigen Ausgabenzuwächse der Krankenkassen im Rahmen der Prognose des GKV-Schätzerkreises. Dieser hatte für das Gesamtjahr 2020 eine Veränderungsrate von 4,3 Prozent erwartet.

Die vorläufigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Gesamtjahr 2020 werden erst Anfang März 2021 vorliegen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus dem Frühjahr 2020 geht das BMG davon aus, dass es in der laufenden zweiten Corona-Welle wieder zu deutlichen Entlastungseffekten auf der Ausgabenseite kommen wird, die auch im ersten Quartal 2021 anhalten könnten. 

Mit dem kürzlich vom Bundestag beschlossenen Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) sollen nun die Voraussetzungen für eine weitere stabile Finanzierungsgrundlage der GKV geschaffen werden. „Die drohende Finanzierungslücke für 2021 wird durch einen ergänzenden Bundeszuschuss von 5 Milliarden Euro, eine leistungsgerechte Abführung aus den Finanzreserven der Krankenkassen in Höhe von 8 Milliarden Euro sowie die Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um 0,2 Beitragssatzpunkte geschlossen“, erklärt das BMG. Damit könne die vom Bundeskabinett im Juni beschlossene Sozialgarantie zur Begrenzung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags auf unter 40 Prozent auch 2021 eingehalten werden. 

Das GPVG steht am 18. Dezember auf der Tagesordnung des Bundesrats. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates empfiehlt dem Plenum, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen – unter anderem, weil aus seiner Sicht eine Anhebung des Bundeszuschusses von 5 auf 11 Milliarden Euro dringend nötig sei.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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