14. Ernährungsbericht der DGE

Übergewicht zunehmend auch bei Schwangeren ein Problem

Stuttgart - 04.12.2020, 07:00 Uhr

Übergewicht beziehungsweise Adipositas bei Schwangeren birgt zahlreiche Risiken – und das sowohl für die werdende Mutter als auch das Baby. (x / Foto: fotoduets / stock.adobe.com)

Übergewicht beziehungsweise Adipositas bei Schwangeren birgt zahlreiche Risiken – und das sowohl für die werdende Mutter als auch das Baby. (x / Foto: fotoduets / stock.adobe.com)


Immer mehr Schwangere sind übergewichtig, das zeigt der neue Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Mittlerweile wiegen 40 Prozent der Schwangeren bei der Erstuntersuchung zu viel. Das bringt Risiken mit sich – für Mutter und Kind. 

Schwangere sind zunehmend übergewichtig oder gar adipös: 2017 waren fast 40 Prozent der Schwangeren bei ihrer Erstuntersuchung übergewichtig, zehn Jahre zuvor, 2007, waren es lediglich 34 Prozent gewesen. Die Daten stammen aus der jährlich durchgeführten Bundesauswertung Geburtshilfe und wurden im 14. DGE-Ernährungsbericht veröffentlicht. Vor allem ältere Frauen seien zu Beginn der Schwangerschaft übergewichtig. Von Übergewicht spricht man bei Body-Mass-Index(BMI)-Werten ab 25 kg/m², Adipositas liegt ab BMI-Werten ab 30 kg/m² vor.

Zur Erinnerung: Wie berechnet man den BMI?

In den BMI fließen Körpergewicht in Kilogramm und Körpergröße in Meter ein: 
BMI = Körpergewicht in Kilogramm : (Körpergröße in Meter)². Normalgewicht liegt zwischen BMI-Werten zwischen 18,5 und 25 vor, Übergewicht zwischen 25 kg/m² und 30. Adipositas beginnt ab 30 kg/m². 

Gefahr für Mutter und Kind

Übergewicht beziehungsweise Adipositas bei Schwangeren birgt zahlreiche Risiken – und das sowohl für die werdende Mutter als auch das Baby. So steigt bei der Schwangeren das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes, Hypertonie und Präeklampsie. Beim Neugeborenen kann das Geburtsgewicht erhöht sein, zudem sind beim Kind die Gefahren für späteres Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und das Metabolische Syndrom erhöht. 

Welche Gewichtszunahme ist normal in der Schwangerschaft?

Laut Empfehlungen der DGE sollte eine normalgewichtige Schwangere in der Schwangerschaft zwischen 10 und 16 kg zunehmen – das gilt allerdings nicht für Übergewichtige, für diese sei eine „geringere Gewichtszunahme in der Schwangerschaft wünschenswert.“ Viele Frauen überschätzen nach Erfahrung der DGE den zusätzlichen Energiebedarf während der Schwangerschaft, dabei benötigen schwangere Frauen ab dem 4. Schwangerschaftsmonat nur 250 kcal pro Tag mehr, ab dem 7. Schwangerschaftsmonat geht man von einem zusätzlichen Kalorienbedarf von 500 kcal täglich aus. Auch diese Werte gelten ausschließlich für normalgewichtige Frauen, die während der Schwangerschaft körperlich aktiv bleiben.

Immer weniger Neugeborene schwerer als 4.500 g

Positive Entwicklungen lassen sich nach Daten der DGE jedoch bei Neugeborenen und Säuglingen beobachten. So hätten 2017 mit 1,2 Prozent weniger Neugeborene bei Geburt ein „sehr hohes Geburtsgewicht“ – mehr als 4.500 g – gehabt als 2007 (1,4 Prozent). In den 1990er-Jahren waren noch 1,6 Prozent der Neugeborenen schwerer als 4.500 g. Auch bei Kindern und Jugendlichen gibt es der DGE zufolge einen positiven Trend weg vom Übergewicht – zumindest ein kleines Stück. Denn der früher beobachtete Anstieg der Prävalenzen von Übergewicht und Adipositas sei zumindest „gestoppt“. Allerdings sind noch immer 15,4 Prozent aller Jugendlichen übergewichtig oder adipös, Adipositas allein betrachtet, liegt bei 5,9 Prozent aller Jugendlichen vor. Die DGE betont die Bedeutung einer frühen Prävention, da die Hälfte aller drei- bis sechsjährigen Kinder mit Übergewicht oder Adipositas auch im Jugendalter übergewichtig oder adipös werden.

Die Übergewichts-Epidemie betrifft nicht nur Schwangere: Bundesweit zeigt sich seit Jahren ein Trend zu Überernährung und Adipositas: 59,4 Prozent aller Männer zwischen 18 und 65 Jahren haben zu viele Pfunde auf den Rippen, bei den Frauen sind 37,3 Prozent übergewichtig. Mit zunehmendem Alter beobachtet die DGE, dass sich das Problem verschärft, sodass bei Menschen ab einem Alter von 65 Jahren 69,6 Prozent der Männer und 56,4 Prozent der Frauen übergewichtig sind. Etwa 20 Prozent der Deutschen sind krankhaft übergewichtig, sprich adipös.

Übergewicht für ein Drittel aller Krebserkrankungen verantwortlich

Dass Übergewicht neben den oben genannte Risiken noch weitere Gefahren mit sich bringt, machte Professor Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in einer Vorlesungsreihe „Iss das!“ der PAN (Physicians Association for Nutrition) klar. In seiner Online-Vorlesung „Onkologie & Pharmakonutrition“ am 26. November erinnerte Smollich daran, dass 38 Prozent aller Krebserkrankungen ernährungsbedingt sind – das entspricht 460.000 Todesfällen in der EU pro Jahr. Und davon wiederum ist das Gros (80 Prozent aller ernährungsbedingten Krebserkrankungen) tatsächlich der Überernährung (hyperkalorischer Ernährung) geschuldet. Welches präventive Potenzial hinsichtlich onkologischer Erkrankungen in der Ernährung steckt, erklärte Smollich bereits 2019 ausführlich in seinem Ernährungsmedizinblog

Was ist die PAN?

Die PAN ist eine ärztliche Organisation – Physicians for Nutrition –, die das Bewusstsein für eine vollwertige und pflanzenbasierte Ernährung schaffen oder schärfen will. Dabei geht es der PAN eigenen Angaben zufolge um Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention und auch -behandlung. Zielgruppe der PAN sind in erster Linie Gesundheitsberufler, allen voran Medizinstudierende, aber auch die Allgemeinbevölkerung und politische Entscheidungsträger. Die PAN ist ein gemeinnütziger Verein (gegründet 2018), der es sich nach eigenen Angaben zur Aufgabe gemacht hat, ein globales Netzwerk rund um das Thema Ernährung aufzubauen und gleichzeitig effektiv über die Rolle vollwertig pflanzlicher Ernährung in der Medizin aufzuklären.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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