AvP-Insolvenz

VDARZ: Rabattverfälle in Millionenhöhe unrealistisch

Stuttgart - 02.12.2020, 12:00 Uhr

Der Vorstandsvorsitzende des VDARZ, Werner Dick, hält es für unrealistisch, aus den Rückforderungen aus Rabattverfällen große Summen für die AvP-Insolvenzmasse generieren zu können. (x / Foto: avc-dick.de)

Der Vorstandsvorsitzende des VDARZ, Werner Dick, hält es für unrealistisch, aus den Rückforderungen aus Rabattverfällen große Summen für die AvP-Insolvenzmasse generieren zu können. (x / Foto: avc-dick.de)


„Keine Kasse wird die Rechnung zweimal bezahlen“

Nun werden vom AvP-Insolvenzverwalter aber Rabattverfälle über mehrere Jahre angegeben. Halten Sie das für möglich?

Nach unserer Einschätzung ist dies nicht möglich. Wir kennen allerdings nicht die Faktenlage. AvP befindet sich nicht in unserem Verband. Darüber hinaus können wir zu der rechtlichen Einschätzung des Insolvenzverwalters nichts sagen.

Wie realistisch ist es, dass man Forderungen aus Rabattverfall noch Jahre später einbringen kann?

Sollte keine aktenkundige Korrespondenz zwischen dem Rechenzentrum und der Krankenkasse vorliegen oder aber ein Gerichtsverfahren, können wir uns eine rechtmäßige Forderung nicht vorstellen und meinen, dass es keine Grundlage für eine Zahlung für Vorgänge aus langen zurückliegenden Geschäftsjahren gibt. Im Übrigen sieht das Sozialrecht auch Verjährungsfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen und Rückforderungsansprüchen vor.

Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas hat bereits vor einiger Zeit zur Diskussion gestellt, ob die Krankenkassen tatsächlich schuldbefreiend bezahlen, wenn ihnen die Rezeptblätter physisch noch nicht vorliegen. Was halten Sie von diesem Gedanken?

Nach unserer Ansicht ist die Zahlung auch ohne Rezepte schuldbefreiend. Vor der Umstellung des Abrechnungsverfahrens auf das sogenannte Image-Processing in den Jahren 1995 und 1996 wurden die Rezepte und Rechnungen immer zusammen versandt. Erst mit der Digitalisierung wurde die Frist des Eingangs der Original-Rezepte auf Ende des Abrechnungs-Folgemonats gelegt, damit die Apothekenrechenzentren die Sortiervorgaben für die Papierrezepte aus den Vereinbarungen mit den Krankenkassen einhalten können. Daher halten wir die Ansicht von Herrn Douglas für nicht realistisch und zielführend. Keine Kasse wird die Rechnung zweimal bezahlen.

Wie wird sich der Abrechnungsprozess verändern, wenn das E-Rezept eingeführt ist? Meinen Sie, dass die Transaktionen noch transparenter und ein Fall wie die AvP-Pleite verhindert werden könnten?

Das E-Rezept bietet ganz andere Möglichkeiten. Es wird zu mehr Transparenz führen. Besonders die sofortigen Prüfmöglichkeiten des Apothekenrechenzentrums nach der Übermittlung durch die Schnittstelle APO_TI ermöglichen eine umgehende Reaktion der Apotheken bei Tax-Fehlern. Das Rezept kann mit den erkannten möglichen Fehlern sofort zur Korrektur in die Apothekenwarenwirtschaft zurückgegeben werden. Ob dies eine AvP-Pleite verhindert hätte, können wir nicht sagen, da wir keine Einblicke der kaufmännischen und technischen Abläufe der AvP-Gruppe haben.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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