Superfood – Beratungswissen Teil 7

Hanfsamen

Stuttgart - 16.11.2020, 09:15 Uhr

Hanfsamen sollen das Immunsystem stärken, Zellen vor „Entartung“ schützen und Entzündungen bekämpfen. (Foto: Анна Бортникова / stock.adobe.com)

Hanfsamen sollen das Immunsystem stärken, Zellen vor „Entartung“ schützen und Entzündungen bekämpfen. (Foto: Анна Бортникова / stock.adobe.com)


Hanfsamen kennen wir als Vogelfutter – doch neuerdings zählen die kleinen nussig schmeckenden Samenkörner zu den Superfoods, die angeblich beim Abnehmen helfen und uns Menschen 100 Jahre alt werden lassen. Wie kommt es, dass eine traditionelle europäische Kulturpflanze ohne exotischen Hintergrund sich in ein Superfood verwandelt? Richtig, der Hanf hat seine eigene, verwegene Geschichte, die nicht nur vom Hauch des sündigen Drogenrauschs umweht ist, sondern auch von allerlei Verschwörungsmärchen. Darauf lässt sich eine gute Marketingstrategie aufbauen. 

Wer „Hanfsamen“ googelt, findet zunächst „anonyme“ und „diskrete“ Angebote für den Eigenanbau von Cannabis. Man muss schon gezielt nach Hanfsamen zum Essen oder eben als „Superfood“ suchen, um Produkte für die Küche zu finden. „Gesund bis zum Abwinken“ verspricht die Website eines Fitnessmagazins und beschreibt den Verzehr von Hanfsamen als Wundermittel zur Fettverbrennung, zum Anstoß aller Heilungsprozesse und zur Stärkung des Immunsystems.

Die Fakten

Bei der als Lebensmittel angebotenen Ware handelt es sich um die Samen des Nutz- oder Industriehanfs. In der EU sind insgesamt 52 Sorten der Hanfart Cannabis sativa sowie Cannabis sativa var. sativa für den Nutzanbau zugelassen und zertifiziert. Diese zeichnen sich aus durch einen sehr hohen Faseranteil (30 bis 40 Prozent), aber nur einen sehr geringen Anteil an Tetrahydrocannabinol (weniger als 0,2 Prozent THC). Daher eignen sie sich nicht zur Erzeugung von Haschisch und Marihuana.

Beratungswissen

Superfood

Die braunen bis grüngrauen Hanfsamen, die auch Hanfnüsse heißen, sind drei bis vier Millimeter groß. Von Natur aus ist in Hanfsamen kein THC enthalten, weshalb eine psychoaktive Wirkung auszuschließen ist. Laut einer Information der Verbraucherzentrale können Hanfsamen bei der Ernte jedoch mit THC-reichen Pflanzenteilen (Blüten, Blätter oder Stängel) in Berührung kommen. Die Folge ist, dass auch in Hanfsamen messbare Mengen an THC zu finden sein könnten.

Was die Nährstoffe betrifft, so findet man in Hanfsamen 30–40 Prozent Fett, 30–35 Prozent Kohlenhydrate, 20–24 Prozent Proteine. Außerdem sind Calcium, Magnesium, Kalium, Zink, Eisen sowie vor allem die Vitamine B1, B2 und E enthalten. Das Proteinmuster der Hanfsamen ist für die menschliche Ernährung vorteilhaft, weil alle essenziellen Aminosäuren vertreten sind.

Das aus Hanfsamen gepresste Hanföl enthält bis zu 90% mehrfach ungesättigte Fettsäuren, unter anderem Linolsäure (ca. 60%) und Alpha-Linolensäure (ca. 20%). Es gilt als hochwertiges Speiseöl, weil Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in dem sehr günstigen Verhältnis von 1:3–4 zueinander stehen.

Ungeschälte Hanfsamen besitzen einen hohen Anteil an Ballaststoffen. Deshalb findet man auf Verkaufspackungen von Hanfsamen den erlaubten Hinweis „hoher Ballaststoffgehalt“. Je nach Zusammensetzung ihres Produktes dürfen die Hersteller auch Angaben machen wie „reich an Omega-3-Fettsäuren“ oder „reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren“.

Im Lebensmittelhandel gibt es Hanfsamen ungeschält und geschält, ungeröstet und geröstet. Die Kilo-Preise liegen zwischen 8 Euro (ungeschält) und 40 Euro. Es gibt Hanfsamen wahlweise aus Deutschland, Österreich und Europa, in Bioqualität, mit den Bezeichnungen „vegan“ und „in Spitzenqualität“, auch „liebevoll von Hand verarbeitet“.



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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