Alternativen zu Xylometazolin & Co (Teil 1 von 2)

Welche Nasensprays wirken abschwellend?

Stuttgart - 02.11.2020, 07:00 Uhr

Abschwellende Nasensprays mit Xylometazolin verengen die Blutgefäße in der Nase, was das Atmen erleichtert. Doch nicht jeder Patient darf Wirkstoffe wie Xylometazolin benutzen. Welche Alternativen gibt es? (p / Foto: grey / stock.adobe.com)

Abschwellende Nasensprays mit Xylometazolin verengen die Blutgefäße in der Nase, was das Atmen erleichtert. Doch nicht jeder Patient darf Wirkstoffe wie Xylometazolin benutzen. Welche Alternativen gibt es? (p / Foto: grey / stock.adobe.com)


Nasensprays mit Xylometazolin, Oxymetazolin oder Tramazolin sorgen bei Schnupfen rasch für eine freie Nase und leichtere Atmung. Allerdings kann oder will nicht jeder Patient ein sympathomimetisches Nasenspray. Welche Alternativen gibt es – und klappt die Abschwellung mit Xylit, Captomucil und Tanninen aus der Zaubernuss ebenso zuverlässig? DAZ.online hat sich einige Alternativen in einem Zweiteiler angeschaut.

Die Nase kann über das ganze Jahr verstopft sein und laufen: In den Frühjahrs- und Sommermonaten stecken häufig Pollen- und Gräser-Allergien dahinter, in der kälteren Jahreszeit virale, seltener bakterielle Infekte. Bei Allergien helfen Nasensprays mit Antihistaminika oder Glucocorticoiden, bei erkältungsbedingtem, akutem Schnupfen und verstopfter Nase lindern abschwellende Nasensprays mit Xylometazolin (z. B. Otriven® und Generika), Oxymetazolin (z. B. Nasivin® und Wick Sinex) oder Tramazolin (Rhinospray® und Rhinospray® plus). Sie verengen die Blutgefäße in der Nase, die Schwellung geht zurück, die Atmung wird freier.

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Doch: Nicht jeder Patient darf Wirkstoffe wie Xylometazolin nutzen. Gegenanzeige ist unter anderem eine trockene Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis sicca). Zudem sollen die Nasensprays (und Nasentropfen) auch nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden, 

  • wenn schwere Herz- und Kreislauferkrankungen (Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit), 
  • ein erhöhter Augeninnendruck (Glaukom, Grüner Star), 
  • Schilddrüsenüberfunktion oder 
  • Diabetes, 
  • eine Vergrößerung der Prostata (Prostatahyperplasie) oder 
  • ein hormonell aktiver Tumor des Nebennierenmarks, wo Adrenalin und Noradrenalin produziert werden (Phäochromozytom), vorliegen. 

Vorsichtig sollte man zudem bei Patienten sein, die bereits blutdrucksteigernde Arzneimittel einnehmen. Doch gibt es eigentlich auch abschwellende Nasensprays ohne die genannten sympathomimetischen Wirkstoffe? DAZ.online hat sich einige als abschwellend beworbene alternative Nasensprays angeschaut und auf Plausibilität gecheckt.

Befreit Xylitol die Nase?

Miradent Xylimed® natürliches Nasenspray setzt auf 11 Prozent Xylitol (Xylit) als Inhaltsstoff. Der Zuckeraustauschstoff ist bekannt für seine antikariogene Wirkung und wird auch zur Süßung in Kaugummis eingesetzt. Löst sich Xylit im Speichel, entsteht ein Kühleffekt – beim Nasenspray wird dieser Effekt vielleicht nicht zu beobachten sein, da hier Xylit bereits gelöst vorliegt. Xylit vermag Wasser zu binden, worauf die vom Hersteller beworbene „befreiende“ Wirkung beruhen könnte. Zudem soll Miradent Xylimed® zu einer „Verringerung der Bakterienanzahl und Verbesserung der natürlichen, schützenden Reinigungsfunktion der Nase“ beitragen, wirbt Hersteller, die Hager Pharma GmbH.

In der Tat zeigte eine Studie „Xylitol in preventing acute otitis media“, veröffentlicht im Jahr 2000 in „Vaccine“, dass Xylit das Anheften bestimmter Bakterien (Pneumokokken und Haemophilus influenzae) an die Zellen des Nasenrachenraums hemmen konnte. Allerdings in Dosen von bis zu 10 g täglich, eingesetzt wurde es als Kaugummi oder Xylit-Sirup. Dosen also, die bei ordnungsgemäßem Gebrauch von Miradent Xylimed® nicht erreicht werden. Eigene klinische Studien mit dem Nasenspray hat der Hersteller wohl nicht durchgeführt. Grundlage des Nasensprays ist eine Kochsalzlösung, daneben ist Grapefruitsamen-Extrakt enthalten. Angewendet werden darf das Medizinprodukt ab einem Alter von sechs Jahren. Laut dem Hersteller kann das Nasenspray auch „unbegrenzt angewendet werden“, ein Gewöhnungseffekt trete nicht auf.  

In der Schweiz wird mit „Xylosan“ ebenfalls ein xylithaltiges Nasenspray vermarktet, der Hersteller wirbt dort zusätzlich: „Die Konzentration von Stickstoffmonoxid (NO) erhöhte sich in der Nase unter Einfluss von Xylit. Das unter anderem in der Nasenhöhle gebildete Gas hat eine antivirale und antibakterielle Wirkung, spielt aber eine wichtige Rolle bei der Gefäßregulation, bei der Homöostase, bei der Neurotransmission im Gehirn, der Immunabwehr und der Atmung.“ Der Hersteller bezieht sich auf eine 2017 im „American Journal of Otolaryngology“ veröffentlichte Studie („Xylitol nasal irrigation in the treatment of chronic rhinosinusitis“), an der 
25 Menschen mit chronischer Rhinosinusitis teilnahmen.

Fitonasal: hypertone Kochsalzlösung und Zaubernuss

Auch „Fitonasal Nasenspraykonzentrat“ verzichtet auf die klassischen 
α-sympathomimetischen Wirkstoffe. Das Nasenspray dürfte subjektiv durch den klassischen Geruch nach Minze und Eukalyptus als befreiend empfunden werden, es enthält Minz- und Eukalyptus-Aroma. Doch wie soll Fitonasal abschwellend wirken? DAZ.online hat beim Hersteller Aboca nachgefragt.

Aboca erklärt, dass der abschwellende Effekt auf zwei Inhaltsstoffen beruht, einer Tannin-Fraktion aus der Zaubernuss und einer hypertonen Salzlösung: „Tannine sind in der Lage, gewisse Proteine, in diesem Fall vor allem den Entzündungsmediator Bradykinin aber auch beispielsweise Interleukine, zu inaktivieren“, so Aboca. Dadurch habe das Spray eine stark entzündungshemmende Wirkung, in der Folge komme es zu einer Engstellung der Gefäße der Nasenschleimhaut und zu einer Abschwellung. Zudem sei der abschwellende Effekt durch die osmotische Wirkung auf eine hypertone Steinsalzlösung zurückzuführen. Diese liegt bei etwa 2,25 Prozent (bei Fitonasal Kinder bei 1,8 Prozent).

Keine klinischen Studien

Allerdings: Klinische Studien, die den postulierten Effekt belegen, kann Aboca nicht vorlegen. Die entzündungshemmende Wirkung der Zaubernuss-Tannine sieht der Hersteller durch Reagenzglasversuche (in vitro) gestützt. Dafür hat Aboca einen eigenen Test entwickelt, der auf einer Bradykinin-Ausfällreaktion in einer Mucinlösung beruht. Dieser Lösung wird entweder isotonische Kochsalzlösung oder „Fitonasal Nasenspraykonzentrat“ zugesetzt. Photometrisch wird sodann die Trübheit bestimmt. Werden die Eiweiße gefällt, so wird die Lösung klarer. Aboca: „Hier ergab sich, dass Fitonasal Nasenspraykonzentrat die Viskosität und Trübheit der Lösung statistisch signifikant reduziert im Vergleich zu isotoner Kochsalzlösung.“

Funktioniert das auch in der Nase?

In der Tat ist es plausibel, wenn man Tannine in vitro mit isolierten Peptiden wie Bradykinin oder Interleukinen zusammenbringt, dass dies zur Inaktivierungen der Peptide führt. Aber ob der Wirkmechanismus in der Nase (in vivo) auch funktioniert? Denn dass Gerbstoffe bei Haut- und Schleimhautentzündungen antiphlogistisch wirken sollen, ist zwar oft gesagt (und auch mit einer Vielzahl von mehr oder minder guten experimentellen Untersuchungen belegt) worden, jedoch ohne, dass der Mechanismus gesichert ist. Der Hersteller steht mit der Behauptung, die Gerbstoffe seines Präparates würden antiphologistisch wirken, somit aber in einer langjährigen phytotherapeutischen Tradition.

Im nächsten Teil des DAZ.online-Zweiteilers zu abschwellenden Nasensprays ohne α-sympathomimetische Wirkstoffe wie Xylometazolin geht es um Emser Nasenspray und Nasodirect® von Pari. Auf welche Wirkstoffe wird bei Emser und Nasodirect® gesetzt? Und ist die Wirksamkeit belegt?



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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