Außendienst wirbt in Apotheken

Noventi will Apotheken alle AvP-Forderungen abkaufen

Stuttgart - 02.11.2020, 18:15 Uhr

Noventi will von der AvP-Insolvenz betroffene Apotheken einfangen. Ist der Dienstleister bald der größte AvP-Gläubiger? (m / Foto: Schelbert)

Noventi will von der AvP-Insolvenz betroffene Apotheken einfangen. Ist der Dienstleister bald der größte AvP-Gläubiger? (m / Foto: Schelbert)


Es ist ein außergewöhnlicher und beispielloser Vorgang: Noventi will nach Informationen von DAZ.online allen Apotheken, die von der AvP-Insolvenz betroffen sind, sämtliche Forderungen gegen das ehemalige Rechenzentrum abkaufen. Damit könnte sich der Apothekendienstleister zum größten Gläubiger im seit gestern eröffneten Insolvenzverfahren der AvP Deutschland GmbH machen. Aktuell soll der Noventi-Außendienst in Apotheken mit entsprechenden Angeboten werben.

Schon als das Apothekenrechenzentrum AvP Mitte September einen Insolvenzantrag stellte, positionierte sich der Apothekendienstleister Noventi: Mit einer Medienkampagne richtete man sich offensiv an die AvP-Kunden. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Hermann Sommer erklärte dazu: „Wir tun alles, was uns möglich ist, um ihnen zu helfen.“ Noventi habe kurzfristig ein Hilfsprogramm entwickelt, um die nötige Sicherheit und Liquidität für den laufenden Betrieb der Apotheken vor Ort sicherzustellen. Dafür stünden 250 Millionen Euro zur Verfügung. Voraussetzungen für eine Unterstützung seien der Abschluss eines Abrechnungsvertrags bei Noventi und die erste Einlieferung von Rezepten. Branchenkenner schätzen, dass aktuell rund 60 Prozent der öffentlichen Apotheken, die über AvP abgerechnet haben, zu Noventi gewechselt sind.

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Mitte Oktober gab Noventi schließlich bekannt, das Dienstleistungsgeschäft mit den Krankenhausapotheken zu übernehmen. Das Rezept-Abrechnungsvolumen in diesem Segment beträgt circa 3 Milliarden Euro – das entspricht nach Angaben von Noventi der Hälfte aller Krankenhausapotheken Deutschlands. Der Kundenkreis besteht aus über 100 Krankenhausapotheken. Dazu gehören unter anderem die Apotheken der Charité Berlin, des LMU Klinikums München sowie des UKE Hamburg. Aus Branchenkreisen ist zu erfahren, dass Noventi im Rahmen dieser Akquisition einen zweistelligen Millionenbetrag investiert – eine Summe, die sich wohl innerhalb von zehn Jahren amortisieren soll.

Doch damit nicht genug: Nach Informationen von DAZ.online will Noventi nun alle öffentlichen Apotheken, die von der AvP-Insolvenz betroffen sind, mit einer beispiellosen Aktion einfangen. Aus verschiedenen Quellen ist zu erfahren, dass man bei Noventi konkret plane, allen AvP-Kunden sämtliche Forderungen gegenüber dem insolventen Rechenzentrum abzukaufen – und das zum Nennwert, also abschlagsfrei. Damit würde sich Noventi zum größten Gläubiger im seit gestern eröffneten Insolvenzverfahren machen.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

Bitte Hausverstand!

von Thomas von Künsberg Sarre am 07.11.2020 um 9:20 Uhr

Wenn ich 100% Forderungen kaufe und eine Marge von 0,2% habe, dann brauche ich 500 Jahre für die Refinanzierung und 1000 Jahre bei 0,1% Marge? Wie soll das gehen? Kann nur eine Falschmeldung sein.

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AvP

von Vatchkova am 06.11.2020 um 23:08 Uhr

Glückwunsch,die erste Apothekenkette ist geformt,3500 Filialen!

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AvP-Pleite

von Michael Reinhard am 03.11.2020 um 14:50 Uhr

Bezüglich der Frage, wieviele Apotheken betroffen sind, kursieren unterschiedliche Zahlen. Stets ist dabei unklar: handelt es sich dabei um Apothekenunternehmen als rechtlich und wirtschaftlich selbständige Einheiten oder um Apotheken als Betriebsstätten (einschließlich Filialen). Ich vermute, es handelt sich um erstere, dann wären bei 3500 AvP-Geschädigten ca. 24% aller Apothekenunternehmen betroffen. Im letzteren Fall wäre es "nur" 18%.

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Noventi nur von einer Apotheke die Forderungen gekauft!

von Norbert Schörner am 03.11.2020 um 14:36 Uhr

In apothekeAdhoc ist bereits das Dementi:

https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/markt/noventi-forderung-nur-im-einzelfall-gekauft/

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HB spricht von € 600 Mio. und 4.000 Gläubigern.

von Christian Timme am 03.11.2020 um 9:56 Uhr

Siehe Handelsblatt 03.11.20 Seite 30...

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